Nährstoffe: Das Ganze ist mehr als die Summe seiner Teile (I)

Der Muskelmotor ist vergleichbar mit einem Automotor. Nur wenn Treibstoff zur Verfügung steht, kann der Motor arbeiten. Doch im Gegensatz zum Auto kann der Muskel
unterschiedliche Treibstoffsorten nutzen; zudem ist er auf die Zufuhr einer Reihe weiterer Substanzen angewiesen.

Triathleten haben zahlreiche Faktoren bei der Nährstoffbedarfsdeckung zu berücksichtigen: allgemeines Ernährungsverhalten, Lebenssituation, Gesundheitszustand, Trainingsumfänge, -intensität und -häufigkeit, um nur einige zu nennen. Gerade im Ausdauersport schränkt ein Zuwenig an Treibstoff, sprich Kalorien, die Leistung drastisch ein. Wer wenig isst und wer auf eine hohe Nährstoffdichte verzichtet, hat zudem meist keine Chance, die notwendigen Vitamine und Mineralstoffe in ausreichender Menge aufzunehmen.

Grundsätzlich kann mit individuell abgestimmtem Essen und Trinken eine Bedarfsdeckung auch bei leistungsorientiertem Training erreicht werden. Ob das individuelle Ess- und Trinkverhalten eine adäquate Deckung garantiert, kann nur per Labordiagnostik, Ernährungsanamnese sowie Befindlichkeits- und Leistungskontrollen geklärt werden. Ist die gewünschte Leistungsentwicklung vorhanden und kommt es beispielsweise nicht zu erhöhter Infekt- und Verletzungsanfälligkeit, deutet dies auf eine ausreichende Nährstoffversorgung hin.

Stoffwechselbasis Wasser
Der Wasseranteil am Gesamtkörpergewicht beträgt rund 50–70 Prozent (%) und ist somit mengenmäßig der wichtigste Bestandteil des menschlichen Organismus. Die Muskulatur besteht zu 70–75 % aus Wasser, während das Fettgewebe nur circa 10–15 % Wasser enthält. Der Wasserbedarf des Körpers beträgt rund 1 Milliliter (ml) pro Kilokalorie (kcal) Energieverbrauch, ohne sportliche Aktivität somit rund 2,0–2,5 Liter pro Tag. Bei sportlicher Aktivität kann der Wasserbedarf auf vier bis fünf Liter pro Tag ansteigen. Abhängig von der Art und der Dauer der Belastung, dem Trainingszustand sowie der Temperatur der Umgebung und Höhenlage kann der Schweißverlust bei körperlicher Aktivität zwischen 100 ml und mehr als zwei Litern pro Stunde betragen.

Muskelbenzin Kohlenhydrate
Kohlenhydrate sind die wichtigste Energiequelle für Triathleten, sowohl für körperliche als auch für mentale Leistungsanforderungen. Kohlenhydrate werden im Körper als langkettige Glucoseverbindungen, die als Glykogen bezeichnet werden, in der Leber und den im Training beanspruchten Muskeln gespeichert. Die Speicherkapazität beträgt bei Untrainierten maximal 400 Gramm in den Muskeln und 75–150 Gramm in der Leber. Die Größe der Muskelglykogenspeicher kann durch Training in Verbindung mit einer kohlenhydratreichen Ernährung auf über 600 Gramm gesteigert werden. Die intramuskulär gespeicherten Kohlenhydratreserven entsprechen dann einem Energieäquivalent von 1.500 bis 2.500 kcal. Im Ruhezustand kann das Verhältnis der Energiegewinnung bei 90 % Fett und 10 % Kohlenhydraten liegen. Bei höherer Belastungsintensität verwertet der Körper immer mehr Kohlenhydrate. Bei sehr intensiven Belastungen kann das Verhältnis der Energiezufuhr von Fett zu Kohlenhydraten mittel- und langfristig 10 % zu 90 % betragen, kurzfristig kann die Fettverbrennung in der arbeitenden Muskulatur auch völlig ausgeschaltet sein. Diese Verschiebung hin zur alleinigen Nutzung der Blutglucose und der in der Muskelzelle gespeicherten Kohlenhydrate ist durch die Tatsache zu erklären, dass die maximale Energiemenge, die pro Zeiteinheit von den Kohlenhydraten zur Verfügung gestellt werden kann, höher liegt als beim Fett (oder Protein). Außerdem ist die Sauerstoffmenge, die zur Energiegewinnung aus Kohlenhydraten benötigt wird, etwa 10 % geringer als beim Fett. Pro Liter eingeatmetem Sauerstoff wird aus der Kohlenhydratspeicherform Glykogen 5,05 kcal Energie gewonnen. Aus Fett und Protein fällt die Energieausbeute deutlich geringer und langsamer aus, nämlich 4,5 kcal aus Protein und 4,65 kcal pro Liter Sauerstoff aus Fett.

Für die sportliche Leistung mitentscheidend ist zudem die Geschwindigkeit, mit der die Energie dem Körper zur Verfügung steht. Die energetische Flussrate von Fettsäuren beträgt nur 0,24 Mikromol Adenosintriphosphat (ATP) pro Gramm pro Sekunde, die von Glykogen 0,5 Mikromol ATP pro Gramm pro Sekunde. Die Energiegewinnung aus Kohlenhydraten ist somit mehr als doppelt so schnell wie aus Fett beziehungsweise Fettsäuren. Daraus folgt, dass sich Triathleten nur dann intensiveren Belastungen unterziehen können, wenn sie Kohlenhydrate als hauptsächliche Energiequelle dank einer kohlenhydratreichen Ernährung nutzen können. Triathleten wird je nach Leistungsniveau, Trainingsphase, -umfängen und -intensitäten eine Kohlenhydratzufuhr von fünf bis zehn Gramm pro Kilogramm Körpergewicht und Tag empfohlen.

Muskelbaustoff Proteine
Proteine sind für Wachstum und Entwicklung der Organe und Gewebe unentbehrlich. Der menschliche Organismus verfügt über keine echten Proteinreserven oder Proteinspeicher. Alle Proteine, die sich im Organismus befinden, sind funktionelle Proteine, das heißt, sie sind Bestandteil der Gewebe- und Muskelstrukturen oder gehören Stoffwechselsystemen wie dem Transport- oder Hormonsystem an. Auch überschüssiges Protein kann nicht als Protein gespeichert werden. Es wird gespalten und der resultierende Stickstoff entweder mit dem Harn ausgeschieden und der Rest entweder direkt für die Energieproduktion verwendet oder metabolisch umgewandelt als Glykogen oder zu einem sehr kleinen Teil als Fett gespeichert. Der Anteil der Proteine an der Gesamtenergie sollte zwischen 12 und 20 %, bzw. zwischen 1,2 und 2,0 Gramm Protein pro Kilogramm Körpergewicht liegen. Bei einem 70 Kilogramm schweren Radsportler bedeutet das eine Proteinzufuhr von 84 bis 140 Gramm pro Tag. Umfangreiche Ausdauerleistungen sowie Kurzzeitbelastungen mit hoher Intensität führen zu einem Verschleiß an Muskelfasern, zu strukturellen Veränderungen an den Zellmembranen, den Mitochondrien und zu Inaktivierung von Enzymen und Hormonen. So kommt es bei Ausdauersportlern im Belastungsstoffwechsel zu einem Eiweiß-Mehrverbrauch.

Dies hat in der Regenerationsphase eine verstärkte Eiweißsynthese und einen höheren Eiweißbedarf zur Folge. Der quantitativ höhere Proteinbedarf von Triathleten wird aufgrund des ebenfalls erhöhten Energiebedarfs mit einer üblichen Mischkost ausreichend gedeckt. Eine Ergänzung der Ernährung mit Eiweißpräparaten aus quantitativen Gründen ist meist nicht notwendig. Soll allerdings Gewicht reduziert werden oder besteht eine sehr einseitige Lebensmittelauswahl, kann es zu einer zumindest temporären Proteinunterversorgung kommen, bei der der Einsatz von Eiweißpräparaten sinnvoll sein kann. Neben einer ausreichenden quantitativen Proteinversorgung kann eine qualitative Verbesserung der Protein- beziehungsweise Aminosäurenzufuhr positive Effekte auf die sportliche Leistungsfähigkeit haben, nicht nur beim Krafttraining, sondern insbesondere bei wiederholtem erschöpfendem Ausdauertraining. Eine Maßzahl für die Eiweißqualität ist die biologische Wertigkeit. Darunter wird die Menge in Gramm Körpereiweiß verstanden, die durch die Aufnahme von 100 Gramm eines Nahrungsproteins ersetzt werden kann. Als Bezug dient das Vollei mit einer biologischen Wertigkeit von 100. Beispiele für günstige Lebensmittelkombinationen sind Kartoffel-Ei-Gerichte oder Kombinationen aus Getreide- und Milchprodukten:


Muskeldiesel Fette
Neben den Kohlenhydraten stellt Fett die wichtigste Energiequelle für den Muskelmotor in Abhängigkeit von der individuellen Belastungsintensität sowie von der Verfügbarkeit der Kohlenhydrate dar. Selbst bei gut Trainierten mit einem Körperfettanteil von nur zehn Prozent besitzt die Fettmenge ein erhebliches Energiepotenzial. Ein Gramm Fett in Lebensmitteln liefert neun Kilokalorien, aus einem Gramm Körperfett können circa sieben Kilokalorien gewonnen werden. Mit üblicher Mischkost werden in den Industrieländern rund 35–45 Prozent der täglichen Energieaufnahme in Form von Fetten aufgenommen. Im Rahmen einer triathlonspezifischen Ernährung wird empfohlen, die Fettaufnahme grundsätzlich auf circa 30 Prozent zu reduzieren. Die Fettzufuhr sollte circa 1,0–1,5 Gramm pro Kilogramm Körpergewicht betragen. Als Faustregel gilt ein Fettsäurenverhältnis von mehrfach ungesättigten Fettsäuren zu einfach ungesättigten Fettsäuren zu gesättigten Fettsäuren von 1:1:1. In Phasen intensiven Ausdauertrainings mit hohen Belastungsumfängen kann der Fettanteil allerdings auf bis zu 45 Prozent gesteigert werden.

Teil 2: der Stoffwechsel

Uwe Schröder studierte Oecotrophologie sowie Erziehungs- und Sportwissenschaften an der Justus-Liebig-Universität Giessen und arbeitete im Rahmen seiner Diplomarbeit an der Rijksuniversiteit Limburg, Maastricht/Niederlande. Uwe Schröder ist als Ernährungswissenschaftler am Institut für Sporternährung e. V., Bad Nauheim, angestellt. Zu seinen Aufgaben zählen die Durchführung wissenschaftlicher Studien sowie die Ernährungsberatung bei Freizeit- und Leistungssportlern sowohl im Erwachsenen- / Profibereich als auch bei Kindern und Jugendlichen sowie bei Patienten der Sportklinik Bad Nauheim. Seit über zehn Jahren ist Uwe Schröder Lehrbeauftragter für Sporternährung an der Hochschule Fulda, Fachbereich Oecotrophologie.