Schutz vor Ermüdungsbrüche

Wer regelmäßig Sport treibt, trainiert nicht nur seine Muskeln, sondern sorgt auch für stabile Knochen. Durch die Kräfte, die auf den Körper bei Sprüngen oder Heben von Gewichten wirken, werden die Knochen regelmäßig gefordert und dadurch gestärkt. Trotz der allgemein positiven Effekte von Bewegung auf die Unterstützung der Knochengesundheit stellen Knochenverletzungen wie Ermüdungsbrüche bei ambitionierten Hobby- oder Leistungssportlern eine Herausforderung für die richtige Steuerung der Intensitäten im Training und der Gefahr der Überlastung dar.

Der Grund hierfür liegt bei der Interaktion des Knochenstoffwechsels mit den Energie- und Nährstoffreserven des Körpers. Energie-, Vitamin- oder Mineralstoffmangel, aber auch eine geringe Glukoseverfügbarkeit können die Ursache für eine verminderte Knochendichte und sogar Ermüdungsbrüche sein.

Nährstoffversorgung des Knochens

Knochen sind, obwohl sie starr und statisch wirken, keine leblose Substanz, sondern passen sich fortwährend Veränderungen der äußeren Bedingungen an. Dies ist ein kontinuierlich und ununterbrochen ablaufender Prozess, in dessen Verlauf altes Knochengewebe von Osteoklasten abgetragen wird und parallel dazu Knochensubstanz von Osteoblasten neu gebildet wird. Bei diesem wiederkehrenden Auf- und Abbau spielen Vitamin D, Vitamin K und Kalzium eine maßgebliche Rolle. Liegt ein Mangel bei den genannten Nährstoffen vor, führt dies zu einer Abnahme der Knochendichte. Der Grund hierfür ist, dass die fehlenden Nährstoffe aus dem Knochen herausgelöst werden. Es ist wenig über den Einfluss weiterer Nährstoffe auf den Knochenstoffwechsel bekannt, doch auch Vitamin A, Vitamin C, Protein, Phosphor, Kalium, Magnesium und Zink können einen Einfluss auf die Mineralisierung des Knochens nehmen, auch wenn dieser geringer ist als bei Vitamin D oder Kalzium.

Die Rolle des Kalziums Kalzium wird oft auch als „Knochenmineral“ bezeichnet. Knapp 99 Prozent des im Körper befindlichen Kalziums sind im Knochen gebunden und sorgen für die Festigkeit und Stabilität. Damit Kalzium seine Wirkung entfalten kann, ist jedoch auch Vitamin D3 nötig. Vitamin D3 – auch Colecalciferol genannt – steigert die Aufnahme von Kalzium aus dem Verdauungstrakt und seinen Einbau ins Knochengewebe. Wenn ein Mangel an Kalzium im Blut vorliegt, wird es aus dem Knochen freigesetzt, was allmählich zulasten der Knochenfestigkeit geht. Die tägliche Zufuhrempfehlung für Kalzium liegt für Erwachsene bei 100 mg/Tag (DGE).

LebensmittelKalzium (Milligramm pro 100 Gramm)
Emmentaler Käse (45 % F. i. Tr.)1.372
Gouda (45 % F. i. Tr.)958
Spinat140
fettarme Milch (1,5 % Fett)118

Die Rolle des Vitamin D

Vitamin D ist ein fettlösliches Vitamin. Bei ausreichender UVB-Bestrahlung kann es über die Haut durch das Zusammenspiel mit Cholesterin synthetisiert werden. Die aktivierte Form des Vitamins erhöht die Kalziumresorption aus dem Darm und fördert die Knochenmineralisierung. Ein Vitamin-D-Mangel kann insbesondere bei unzureichender Sonnenlichtexposition entstehen, da die Versorgung über die Ernährung nur einen kleinen Teil des Bedarfs (5–10 Prozent) abdecken kann. Weiterhin ist bei Störungen der Fettverdauung die Resorption des aufgenommenen Vitamin D vermindert oder durch entzündliche Darmerkrankungen die Bildung wichtiger Substanzen für die fotochemische Umwandlung des aufgenommenen Vitamin D eingeschränkt. Die Bildung von Vitamin D durch UV-Bestrahlung unterliegt einem Rückkopplungsmechanismus, durch den bei hohen Vitamin-D-Spiegeln inaktive Metabolite anstatt weiterem Vitamin D gebildet werden. Eine Überversorgung mit Vitamin D ist daher generell nur durch eine überhöhte Aufnahme hoch dosierter Nahrungsergänzungen möglich. Dadurch entstehen im Körper erhöhte Kalziumspiegel (Hyperkalzämie), die akut zu Übelkeit, Appetitlosigkeit, Bauchkrämpfen, Erbrechen oder in schweren Fällen zu Nierenschädigung, Herzrhythmusstörungen, Bewusstlosigkeit und Tod führen können. Die tägliche Zufuhrempfehlung für Vitamin D liegt für Erwachsene bei 20 µg beziehungsweise 800 IE am Tag (DGE). Die Aufnahme über die Ernährung reicht meist nicht aus, um die gewünschte Versorgung in Höhe von mindestens 50 nmol/l im Serum sicherzustellen.

LebensmittelVitamin D (Mikrogramm pro 100 Gramm)
Hering7,80 – 25,00
Lachs16,00
Hühnereigelb5,60
Makrele4,00

Die Rolle des Vitamin K

Auch Vitamin K ist ein fettlösliches Vitamin. Es hat einen Einfluss auf die Synthese von Osteocalcin und beeinflusst viele biochemische Vorgänge, an denen kalziumabhängige Reaktionen beteiligt sind. So ist Vitamin K auch an bestimmten Reaktionen im Knochensystem beteiligt. Ein Mangel an Vitamin K führte in Tierversuchen zu einer reduzierten Osteoblastenfunktion mit nachfolgender Hyperkalziurie (vermehrtes Ausscheiden von Kalzium über den Urin) und Knochendeformitäten. Die tägliche Zufuhrempfehlung für Kalzium liegt für Erwachsene für Männer bei 70 µg und für Frauen bei 60 µg am Tag (DGE).

LebensmittelVitamin K (Mikrogramm pro 100 Gramm)
Grünkohl817
Petersilie421
Rosenkohl236
Brokkoli155

DIE ROLLE WEITERER MIKRONÄHRSTOFFE

Weitere Nährstoffe, die mit der Knochengesundheit in Verbindung gebracht werden, sind Vitamin A, Vitamin C, Phosphor, Kalium, Magnesium und Zink. Zusätzlich scheinen beispielsweise Früchte und Gemüse aufgrund der sekundären Pflanzenstoffe wie Flavonoide einen positiveren Effekt auf die Knochengesundheit zu haben als isolierte Nährstoffe.

Protein und Knochengesundheit

Knochen bestehen zu einem großen Teil aus Protein. Daher wird schnell klar, dass sowohl die quantitative als auch die qualitative Eiweißversorgung einen Einfluss auf den Knochenstatus hat. Über die tatsächliche Bedeutung des Eiweißes hinsichtlich der Knochengesundheit wurde in der Vergangenheit viel und kontrovers diskutiert. Weit verbreitet ist beispielweise die These, dass eine hohe Zufuhr von Eiweiß, insbesondere tierischem Eiweiß, das Herauslösen der Mineralien, wie Kalzium, aus den Knochen fördert und somit die Knochendichte reduziert. Die Begründung für diese These ist, dass ein hoher Eiweißkonsum zu einem Säureüberschuss im Blut führt. Dieser muss über Kalzium abgepuffert werden, das hierzu verstärkt aus den Knochen herausgelöst werden muss. Verschiedene Studien hatten in der Vergangenheit tatsächlich bei hoher Zufuhr reinen Proteins einen vermehrten Abbau von Kalzium aus den Knochen gezeigt. Weitere Studien stellten jedoch gleichzeitig einen positiven Zusammenhang zwischen der Knochendichte und der Höhe an aufgenommenem tierischem Eiweiß sowie einem negativen Effekt bei pflanzlichem Eiweiß fest. Den stärksten Schutzeffekt durch Mehrkonsum von tierischem Eiweiß fand man insbesondere bei den Frauen, die gleichzeitig eine besonders geringe Kalziumzufuhr aufwiesen. Dies deutet auf eine Interaktion dieser beiden Nährstoffe hinsichtlich der Knochengesundheit hin. Verglich man das Auftreten von Knochenbrüchen und bewertete somit das tatsächliche Frakturrisiko, zeigte sich auch hierbei ein gesenktes Risiko mit Steigerung der Proteinzufuhr. Die Eiweißempfehlung für Ausdauersportler liegt daher bei circa 1,4 bis 1,6 Gramm pro Kilogramm Körpergewicht.

Energiemangel und Knochengesundheit

Beim Thema Energiemangel oder Mangelernährung denkt man schnell an Magersucht und Essstörungen. Gerade bei sporttreibenden Frauen ist die sogenannte „athletische Triade“, ein gleichzeitiges Auftreten einer Magersucht, einer Amenorrhö (Ausbleiben der Regelblutung) und einer Osteoporose, bekannt. Doch was bei diesen Frauen bereits im fortgeschrittenen Stadium durch prägnante Symptome auffällt, fängt bei vielen Ausdauersportlern bereits deutlich früher an und bleibt zunächst unbemerkt. Ein Energiedefizit kann auf direktem und indirektem Weg zu einer negativen Veränderung der Knochengesundheit führen. Durch einen Energiemangel wird das Schilddrüsenhormon T3, das Hormon IGF-1 und Insulin unterdrückt, was auf direktem Weg zu einer verminderten Knochenbildung führt. Durch einen Energiemangel wird die Produktion von Geschlechtshormonen reduziert, wodurch auf indirektem Weg die Knochenresorption gesteigert wird. Ein Energiemangel kann durch eine geringe Nahrungsaufnahme, einen hohen Kalorienverbrauch während des Trainings oder eine Kombination aus beidem verursacht werden. Ein Blick auf die Laufuhr oder den Radcomputer verrät schnell den Energieverbrauch der einzelnen Trainingseinheiten. Um einen Gesamtenergieverbrauch abzuschätzen, wird dieser Leistungsumsatz zum Ruheenergieumsatz addiert. Der Energieumsatz in der Ruhe variiert je nach Hormonstatus, Größe, Gewicht, Muskulatur, Geschlecht, Erkrankungen und Medikamenteneinnahme und liegt im Normalfall zwischen 1.100 und 1.900 kcal. Durch eine Analyse der aufgenommenen und abgeatmeten Atemgase im Labor wird der Ruheenergieumsatz einer Person individuell bestimmt.

Kohlenhydratreduzierte Ernährung und Knochengesundheit

Wie zuvor beschrieben, wurden Ermüdungsbrüche bei Ausdauersportlern bis dato meist mit einer zu geringen Nahrungsaufnahme oder einem zu intensiven Training erklärt. Doch jüngst veröffentlichte die Arbeitsgruppe um die renommierte Wissenschaftlerin Louise Burke eine Studie, bei der eine kohlenhydratreduzierte Ernährung, ohne dass ein Energiedefizit vorlag, nach bereits dreieinhalb Wochen bei Ausdauersportlern zu negativen Effekten des Knochenstoffwechsels führte. Diese und andere Studien weisen darauf hin, dass sich eine verminderte Verfügbarkeit von Kohlenhydraten beziehungsweise Glukose negativ auf die Knochendichte auswirken und über einen längeren Zeitraum sogar zu Ermüdungsbrüchen führen können. Um Knochenbrüche zu vermeiden, sollte nicht nur darauf geachtet werden, das Energiedefizit möglichst gering zu halten, sondern auch ausreichend Kohlenhydrate aufzunehmen. Die Trainingseinheiten sollten möglichst selten mit nahezu geleerten Muskelglykogenspeichern durchgeführt werden. Aus Unwissenheit wird diese Stoffwechselsituation jedoch fälschlicherweise häufig von Athleten oder gar Trainern gesucht beziehungsweise empfohlen, um den Fettstoffwechsel zu verbessern.

FAZIT

Wer Sport treibt, unterstützt die Knochengesundheit und stärkt durch die wiederkehrenden Erschütterungen bei sportlichen Bewegungen sogar seine Knochen. Doch wer Ausdauersport ambitioniert betreibt, sollte zum einen darauf achten, seinen Körper nicht zu überlasten, aber zum anderen auch bei der Ernährung Folgendes beachten:

– Vitamin D, Kalzium und Vitamin K sollte man entsprechend der Zufuhrempfehlungen aufnehmen und regelmäßig kontrollieren lassen

– Die Eiweißaufnahme sollte bei 1,4 bis 1,6 Gramm pro Kilogramm Körpergewicht am Tag liegen

– Die tägliche Kohlenhydrataufnahme an die Dauer des Ausdauertrainings anpassen:

  • 1 Stunde Training: 5 bis 7 Gramm pro kg Körpergewicht
  • 1 bis 3 Stunden Training: 6 bis 10 Gramm pro kg Körpergewicht
  • über 4 Stunden Training: 8 bis 12 Gramm pro kg Körpergewicht

Finden diese Punkte keine ausreichende Beachtung, wird der Knochenstatus kontinuierlich verschlechtert und es kann zu Ermüdungsbrüchen oder gar zu Osteoporose führen.

Text: Dr. Katrin Stücher