Markus Rolli: Ab sofort habe ich endlich Zeit für Regeneration

Triathlet Markus Rolli beim LaufenEr ist Triathlet, Wirtschaftsinformatiker und Veganer … zudem war Markus Rolli dieses Jahr richtig erfolgreich. Wir haben uns mit dem 26-Jährigen über seine sportlichen Pläne unterhalten, die er ab sofort als Voll-Profi verfolgen wird.

 

Markus, stell dich am besten selbst kurz unseren Lesern vor – wer bist du, wie lange machst du schon Triathlon und wo siehst du deine Stärken und Schwächen?
Über die Teilnahme an einem Staffelwettbewerb im Rahmen des Kraichgau Triathlons habe ich im Alter von 16 Jahren, also vor zehn Jahren, das erste Mal erleben dürfen, was Triathlon ist und war richtig begeistert. Es dauerte nicht lange und Triathlon war Teil meines Lebens. Der Traum, diese Leidenschaft als Profi ausüben zu dürfen, war geboren. Die Realität sah jedoch etwas anders aus. Neben dem Triathlontraining, was einen Großteil meiner freien Zeit einnahm, machte ich das Abitur, studierte Wirtschaftsinformatik und begann 2014 mein Berufsleben als Wirtschaftsinformatiker bei einer großen Förderbank.
Für den erforderlichen Schlaf und die notwendige Regeneration blieb nicht genug Zeit. Trotzdem trainierte ich länger und härter, wodurch ich ständig krank oder verletzt war. Auch durch unglückliche Unfälle wurde ich immer wieder zurückgeworfen, sodass ich teilweise eine ganze Saison aussetzen musste. Seitdem ich Ende 2013 auf eine rein pflanzliche Ernährung umgestellt und Anfang 2014 erstmals mit einem Trainer zusammengearbeitet habe, konnte ich mich kontinuierlich verbessern und bin kaum mehr krank oder verletzt. Der Traum, das Hobby zum Beruf zu machen, wurde immer mehr zur Realität. In meiner ersten Profisaison dieses Jahr konnte ich einige neue Erfahrungen sammeln und sehr viel dazulernen.

Als ich 2007 mit Triathlon angefangen habe, war das Schwimmen aufgrund meiner Schwimmsportvergangenheit meine große Stärke. Laufen konnte ich auch ganz ordentlich, aber beim Radfahren war noch großer Verbesserungsbedarf. Über die Jahre hinweg haben sich die Stärken deutlich verschoben. Meine damalige Schwäche, das Radfahren, ist mittlerweile eine meiner großen Stärken. Schwimmen kann ich immer noch ganz ordentlich und beim Laufen sehe ich aktuell am meisten Verbesserungspotenzial.

Triathlet Markus Rolli bei seinem Sieg beim Ironman 70.3 in Thailand
Foto: Anthony Yu

Du hast dieses Jahr einige tolle Erfolge feiern können. Welcher Podiumsplatzierung bedeutet dir im Nachhinein mehr, der zweite Platz hinter Sebastian Kienle beim 70.3 Ironman im Kraichgau oder der Sieg bei 70.3 Ironman in Phuket?
Das ist keine einfache Frage. Beide Rennen werden mir noch lange in Erinnerung bleiben. Betrachte ich beide Rennen objektiv unter dem Aspekt der Leistung, war der Wettkampf auf Phuket das mit Abstand bessere Rennen. Gleich zu Beginn des Radfahrens konnte ich mich entscheidend von den Verfolgern absetzen und bis zum zweiten Wechsel einen Vorsprung von knapp siebn Minuten herausfahren. Beim Laufen musste ich nicht mehr mit letzter Konsequenz ans Limit gehen und konnte die letzten Kilometer so richtig genießen.

Beim Ironman 70.3 Kraichgau hingegen musste ich so richtig kämpfen und nicht nur körperlich, sondern auch mental komplett an meine Grenzen gehen. An diesem Tag habe ich mehrere Fehler gemacht, sodass ich meine Leistung auf dem Rad nicht abrufen konnte und dann beim Laufen richtig leiden musste. In einem Zielsprint musste ich am Ende noch mal alle Kräfte mobilisieren, um meinen zweiten Platz mit wenigen Sekunden Vorsprung zu verteidigen. Trotz alledem oder gerade auch deswegen, war es unglaublich schön und emotional vor heimischem Publikum ganz weit vorne mitzumischen.

Markus Rolli auf seinem Triathlonrad
Foto: Gines Diaz

Wie sehr hat dich deine Disqualifikation beim Ironman 70.3 Lanzarote getroffen, wo du eigentlich Dritter geworden wärst und erst im Ziel aus der Wertung genommen wurdest?
Als mir der Renndirektor eine gute Viertelstunde nach dem Zieleinlauf sagte, dass ich disqualifiziert worden wäre, habe ich zuerst gedacht, dass das ein eher mittelmäßiger Scherz wäre und auf einen eigenartigen Humor zurückzuführen sei. So war es aber leider nicht. Das Radfahren habe ich über weite Teile angeführt und bin auch an Position eins vom Rad gestiegen. Im Laktatnebel hatte ich – laut Aussage der Kampfrichter nach dem Rennen – auf den letzten Kilometern die weiße Mittellinie der Straße überfahren. Während des Rennens gab es dafür zu keinem Zeitpunkt eine rote Karte. Im ersten Moment konnte ich das Ganze nicht fassen und war schockiert. Auf der einen Seite ist es sehr ärgerlich, dass mir die Disqualifikation erst nach Wettkampfende mitgeteilt wurde und ich mich „für nichts“ über den abschließenden Halbmarathon quälen durfte. Auf der anderen Seite war es auch ganz gut so. Bei einer direkten Disqualifikation auf der Radstrecke hätte ich das Rennen sehr wahrscheinlich sofort enttäuscht beendet. So konnte ich wenigstens zeigen, was ich kann und habe mich 15 Minuten über den 3. Platz freuen dürfen. Zum Glück kann einem eine so ärgerliche Disqualifikation den verdienten Muskelkater nicht nehmen!

Du warst bisher kein Voll-Profi, sondern hast Teilzeit gearbeitet. Wie hast du bisher dein Training und den Alltag gestaltet?
Mein Arbeitgeber, die L-Bank in Karlsruhe, bietet mit einem kleinen Fitnessstudio und einem Radfahrkeller sehr gute Voraussetzungen für das Verbinden des Sports mit der Büroarbeit. Jahrelang bin ich fast täglich 60 bis 70 Kilometer mit dem Rad ins Geschäft gefahren und habe sehr viele Mittagspausen im Fitnessstudio oder zu Fuß im nahe angrenzenden Hardtwald verbracht. Über die genaue Trainingsplanung und die Inhalte der Trainingseinheiten muss ich mir zum Glück keine Gedanken machen. Hier bekomme ich von meinem Trainer Lubos Bilek genaue Vorgaben in Abstimmung mit meiner Arbeit bei der Bank. Jede Woche hat unterschiedliche Schwerpunkte, was das Training sehr abwechslungsreich macht. Dennoch wurde es immer mehr zu einer Herausforderung, das Training und die Wettkämpfe mit dem Büroalltag zu koordinieren.

Triathlet Markus Rolli stellt sich vor

2018 möchtest du als Voll-Profi durchstarten. Wer ermöglicht dir das und was sind deine Ziele für die nächste Saison?
Seit Ende 2015 werde ich von der Firma Dietrich GmbH und dem Radgeschäft D-Cycles unterstützt und starte für das Team Dietrich. Diese Unterstützung ermöglichte es mir, die Büroarbeitszeit nach und nach zu reduzieren und mich ab dem kommenden Jahr komplett auf den Profisport zu konzentrieren. Aktuell bin ich auf der Suche nach weiteren Sponsoren, die diesen Weg mit mir gemeinsam gehen wollen.

Durch den Wegfall der Büroarbeit werde ich künftig öfters ein Trainingslager machen und vor wichtigen Wettkämpfen früher Anreisen können. Sehr wichtig ist es auch, mehr Zeit für die Regeneration zwischen den Trainingseinheiten zu haben. Das eigentliche Training wird sich in Bezug auf Umfang und Intensität wohl vorerst nicht entscheidend ändern.

Mein großes Ziel für nächstes Jahr ist die Ironman 70.3 WM in Südafrika. Auf dem Weg dorthin werde ich bei einigen Ironman 70.3-Rennen starten und erhoffe mir eine vordere Platzierung. Vor allem bei meinem Heimrennen im Kraichgau will ich alles dafür geben, den Vorjahressieger ein wenig mehr zu fordern. Wichtiger als die Platzierung bei den Wettkämpfen ist mir jedoch eine kontinuierliche nachhaltige Leistungsentwicklung in allen drei Disziplinen.

Werden wir dich bald auch auf der Langstrecke sehen können?
Es reizt mich schon sehr, den Mythos Langdistanz möglichst bald selbst zu erleben. Ohne den Rat meines Trainers wäre ich wohl schon längst an der Startlinie eines großen Langdistanzrennens gestanden. Lubos Bilek bremst mich eher noch aus und sagt, ich solle mir noch zwei, drei Jahre Zeit lassen und erst noch schneller werden. Mein ganz großes, langfristiges und übergeordnetes Ziel heißt ohne Frage Ironman Hawaii. Dafür quäle ich mich jeden Tag im Training!


Steckbrief:
Name:
Markus Rolli
Geburtstag: 12.12.1991
Trainer: Lubos Bilek
Verein: Team Dietrich

Wichtigsten Erfolge 2016 und 2017:
2017:
1. Platz IM 70.3 Thailand
2. Platz IM 70.3 Kraichgau
6. Platz IM 70.3 St. Pölten
1. Platz Heidelbergman

2016:
1. Patz 70.3 Rügen AK (7. Overall)
1. Platz 70.3 Kraichgau AK (11. Overall)
6. Platz Challenge Heilbronn

 

Interview: Meike Maurer
Fotos: privat, Anthony Yu, Gines Diaz