ERSCHRECKEND UNPROFESSIONELL

Dresden

Was verbinden Sie mit Dresden? Frauenkirche, Semperoper, Zwinger, Grünes Gewölbe, die Altstadt, den Brühlschen Garten oder doch die verheerenden Bombenangriffe im Zweiten Weltkrieg? Spricht man Triathleten auf die sächsische Landeshauptstadt an, erntet man heftigstes Kopfschütteln und ein abfälliges Abwinken. Auch die Reaktionen im Netz auf den kurz vor der Premiere abgesagten Ironman 70.3 Dresden sind eindeutig: vernichtend! Wir hakten bei den Verantwortlichen nach.

SOCIAL MEDIA und UMMELDEOPTIONEN

„Wir können nur für unsere Social-Media-Kanäle sprechen, und da hatten wir bezüglich der Ironman-Absage für den Juli-Termin keine Kommentare unserer Community. Wir wissen, dass dies auch auf die von der Landeshauptstadt Dresden betreuten Kanäle zutrifft“, das gibt Karla Kallauch, Pressesprecherin der Dresden Marketing GmbH, auf die Frage nach dem Umgang und den Konsequenzen zu den Diskussionen in der Szene zu Protokoll. Markus Hanusch, Ironman Marketing Manager Germany, ergänzt: „Wir sind uns der enormen Auswirkungen bewusst, die die Absage in diesem späten Stadium auf die Athleten hatte, und haben Optionen bereitgestellt, die den Teilnehmern in dieser Situation maximale Flexibilität ermöglichten.“ Angesprochen auf die detaillierten Rückmeldungen der 2.500 erwarteten Starter – wie viel Prozent meldeten auf den Ironman 70.3 Duisburg, Ironman 70.3 Erkner oder einen anderen offenen 2022-Event in Europa um beziehungsweise forderten eine Rückerstattung –, erhielt ich die lapidare Antwort: „Zu den gewählten Optionen kann ich Ihnen keine Auskunft geben. Eine aktualisierte Startliste wird zeitnah auf unsere Website gestellt.“ 

Erst auf Nachfrage wurde mir mitgeteilt, dass etwa 1.000 Teilnehmer bei dem neuen Termin im September erwartet werden. Die weiteren Optionen wurden mit keiner Silbe erwähnt. Ein weltweit operierendes Unternehmen sollte – funktionierende Statistik-Tools vorausgesetzt – in der Lage sein, solche Daten auf Knopfdruck abzurufen. Transparenz und offene Kommunikation sehen bekanntlich anders aus! Das Management scheint daran nicht interessiert zu sein, und das bedarf keiner weiteren Anmerkung. 

FÖRDERGELDER

Hinsichtlich der Zahlentransparenz sollte die Ironman Group beim Sächsischen Staatsministerium für Wissenschaft, Kultur und Tourismus (SMWK) und der Dresden Marketing Gesellschaft (DMG) in die Lehre gehen. Meine Frage nach den Fördergeldern beantwortet Jörg Förster, Pressesprecher Sächsisches Staatsministerium für Wissenschaft, Kultur und Tourismus: „Die Dresden Marketing Gesellschaft mbH erhält für die Marketingkooperation Ironman 70.3 Dresden 2022 eine Förderung in Höhe von 238.000 Euro über die Förderrichtlinie Tourismus des SMWK. Es besteht eine vertragliche Vereinbarung zwischen DMG und Ironman. Für den Fall der Nichtdurchführung: Wenn für eine Maßnahme eine Förderung beantragt wird, sie aber nicht durchgeführt wird, besteht auch kein Anspruch auf die Förderung. Nach unserer Information rechnet der Veranstalter fest mit der Durchführung am 18. September 2022.“ Darüber hinaus brachte die DMG einen Eigenanteil von 59.500 Euro brutto ein, der auch an die Erbringung von vertraglich vereinbarten Leistungen geknüpft ist. 

Bleibt zu hoffen, dass die Durchführung der Veranstaltung nicht das einzige Kriterium für die vollständige Zahlung dieser Fördergelder an die Ironman Group ist. 

KOMMUNIKATION

tritime-Recherchen ergaben, dass im Dresdner Rathaus bereits am Dienstagmittag (26. Juli) die Entscheidung fiel, den Wettkampf nicht zu genehmigen. Außerdem soll die Ironman Group wenige Stunden später ihren Mitarbeitern mitgeteilt haben, dass sie nicht mehr anreisen brauchen. Die Information der Teilnehmer erfolgte jedoch erst rund 24 Stunden später, am Mittwoch gegen 14.00 Uhr. Markus Hanusch: „Seit der letzten Streckenänderung Mitte Juli waren viele Mitarbeiter unseres Teams vor Ort und bereiteten die letzten Details für das Rennen vor. Wir sind fest davon ausgegangen, dass die Veranstaltung wie geplant stattfinden kann. Mittwochvormittag gab es eine letzte Gesprächsrunde mit den lokalen Behörden. Nachdem wir die endgültige Bestätigung hatten, dass wir den Ironman 70.3 Dresden am 31.07. nicht wie geplant umgesetzt bekommen, informierten wir unsere Athleten direkt zusammen mit unseren Partnern und Lieferanten . Alles vorab waren keine offiziellen Erklärungen. Wir arbeiteten bis zur letzten Minute daran, um das Rennen umgesetzt zu bekommen.“ 

Bekanntlich gibt es in allen Projekten Gerüchte und inoffizielle Meldungen. Anstatt jedoch in „blinden Aktionismus“ zu verfallen – es wird schon klappen – sollten verantwortlich handelnde Personen gerade in sensiblen Projektphasen ihr Management umgehend informieren oder – wie in diesem Fall – die lokalen Ansprechpartner im Magistrat und in den Behörden zur Klärung kontaktieren. Bekanntlich mahlen die Mühlen bis zu rechtlich korrekt ausformulierten offiziellen Mitteilungen lange, aber jede Verzögerung kostet nicht nur Geld, sondern auch Vertrauen auf allen Seiten.

FAZIT

Es gibt nur Verlierer: die Teilnehmer, die keine der Optionen in Anspruch nehmen können und/oder für nicht stornierbare Reisekosten Geld in den Sand gesetzt haben, die Reputation der Ironman Group als verlässlicher Veranstalter und die Stadt Dresden als Gastgeber. 60 Prozent der ursprünglich gemeldeten Athleten sind – trotz „maximal ermöglichter Flexibilität“ – nicht mehr an dem Wettkampf in einer der sehenswertesten und geschichtsträchtigsten Städte Deutschlands interessiert. Schade!

Kommentar und Foto: Klaus Arendt