Unverträglichkeiten: Große Freiheit – großer Nutzen?

Barcelona

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„Mama, was ist eigentlich Gluten?“ ‒ „Keine Ahnung, aber Hauptsache, es ist nicht drin.“ Glutenfrei, Laktosefrei, Fruktosefrei… Natürliche Inhaltsstoffe hochwertiger Lebensmittel werden derzeit von vielen gemieden, obwohl sie diese ohne Weiteres vertragen würden.

Selbstverständlich kann der Verzehr von Milch und Milchprodukten für laktoseintolerante Menschen unangenehme Folgen haben. Doch auch wenn die Betroffenen sich krank fühlen, Laktoseintoleranz (Milchzuckerunverträglichkeit) ist keine Krankheit. Werden einige Grundsätze bei der Nahrungsmittelauswahl beachtet, kommt es zu keinerlei Auswirkungen auf den Gesundheitszustand.

Die Milchzuckerunverträglichkeit des Erwachsenen kann evolutionär sogar als Normalzustand bezeichnet werden. Die Fähigkeit, Milchzucker ein Leben lang verwerten zu können, ist entwicklungsmäßig ein Vorteil und eine Anpassung an unsere sonnenarmen Breitengrade. Wer Milchzucker verträgt, kann sich Milch als Kalziumquelle zunutze machen. Wer dennoch laktosefreie Milch konsumiert, sollte sich darüber bewusst sein, dass durch die bereits aufgespaltene Laktose die enthaltenen Zucker in ihren Einzelformen vorliegen und daher etwas schneller verfügbar sind. Die laktosefreie Milch hat einen etwas höheren glykämischen Index, damit schnellere Wirkungen auf den Blutzuckerspiegel und ist für den täglichen Konsum zwischendurch weniger gut geeignet.

Das Gleiche gilt für die Fruktosemalabsorption. Auch hier führt der Verzicht auf – in der Regel – größere Mengen Fruktose zur völligen Symptomfreiheit. Wir sind von Natur aus nicht darauf eingestellt, große Fruktosemengen pro Portion zu tolerieren. Bereits ab 20 Gramm Fruktose kann sie bei jedem stark abführend wirken. Das Süßen von Softdrinks und vielen anderen Lebensmitteln mit fruktosereichen Süßungsmitteln führt oft zu einem Überangebot von Fruktose. Meist ist es sinnvoller, zunächst die gesamte Lebensmittelauswahl zu überprüfen, bevor von Anfang an auf Obst und Säfte verzichtet wird.

Anders ist es bei Gluten. Eine Glutenunverträglichkeit ist ein Zeichen einer Krankheit. Die Zöliakie ist eine chronische Erkrankung der Dünndarmschleimhaut. Es besteht eine Überempfindlichkeit gegen Bestandteile des in vielen Getreidesorten vorkommenden Klebereiweißes Gluten. Die Unverträglichkeit bleibt lebenslang bestehen.

Für Menschen, die nicht unter dieser Krankheit leiden, besteht nach dem derzeitigen Kenntnisstand keinerlei Veranlassung, auf glutenhaltige Lebensmittel zu verzichten. Das heißt nicht, dass hochverarbeitete Fertigprodukte, in denen Gluten technologisch als Emulgator oder als Träger von Aromastoffen eingesetzt wird, empfehlenswert sind. Aber auf die heimischen Getreide wegen ihres Glutengehalts zu verzichten, schränkt das verfügbare Nährstoffspektrum stark ein und bietet für Gesunde keine Vorteile.

Wer nicht jedem Ernährungstrend folgt, wer seine somatische Intelligenz einzusetzen weiß, wer wenig verarbeitete und öfter auch Bio-Lebensmittel auswählt, wer seine Nährstoffaufnahme an die aktuelle Trainingsphase anpasst, wer seinen Nährstoffstatus regelmäßig überprüfen lässt und Defizite durch eine veränderte Lebensmittelauswahl oder individuelle Ergänzungen ausgleicht, sollte für die kommende Saison gut aufgestellt sein.

Text: Uwe Schröder

Uwe Schröder studierte Oecotrophologie sowie Erziehungs- und Sportwissenschaften an der Justus-Liebig-Universität Giessen und arbeitete im Rahmen seiner Diplomarbeit an der Rijksuniversiteit Limburg, Maastricht/Niederlande. Uwe Schröder ist als Ernährungswissenschaftler am Institut für Sporternährung e. V., Bad Nauheim, angestellt. Zu seinen Aufgaben zählen die Durchführung wissenschaftlicher Studien sowie die Ernährungsberatung bei Freizeit- und Leistungssportlern sowohl im Erwachsenen- / Profibereich als auch bei Kindern und Jugendlichen sowie bei Patienten der Sportklinik Bad Nauheim. Seit über zehn Jahren ist Uwe Schröder Lehrbeauftragter für Sporternährung an der Hochschule Fulda, Fachbereich Oecotrophologie.