Es ist schon bekannt, dass ein enger Zusammenhang zwischen dem Level der körperlichen Aktivität eines Athleten und seinem Infektionsrisiko besteht. Caroline Rauscher erklärt den Zusammenhang von intensivem Training und der Funktion des Immunsystems.
Es ist bekannt, dass beispielsweise regelmäßige und moderate sportliche Belastung das Infektionsrisiko im Vergleich zu einem „sitzenden“ bewegungsarmen Lebensstil reduziert. Aber ein „Mehr“ an sportlicher Belastung ist nicht gleichbedeutend mit einem „Mehr“ an Infektionsschutz. Das Gegenteil ist der Fall. Sehr lange Trainingseinheiten und Phasen hoher Trainingsbelastung gehen einher mit einem erhöhten Infektionsrisiko.
Intensive Belastungseinheiten führen dazu, dass verschiedene Funktionen des Immunsystems vorübergehend unterdrückt werden. Dies hält bis zu 24 Stunde nach Belastungsende an und ist abhängig von der Intensität und Dauer der jeweiligen Einheit.
Gereizte Atemwege
Verschiedene Studien deuten darauf hin, dass nach harten Trainingseinheiten – und das über mehrere Tage hinweg – das Auftreten von URTI-Symptomen (URTI: upper respiratory tract illness = Erkrankungen der oberen Atemwege) beobachtet werden kann. Es wird allgemein angenommen, dass dies die vorübergehende Beeinträchtigung des Immunsystems widerspiegelt – ausgelöst durch diese ausgedehnten Belastungsphasen.
In jüngster Zeit ist man der Meinung, dass es sich bei diesen URTI-Symptome eher um Entzündungen der oberen Atemwege handelt, als um ansteckende Infekte.
Schlechtere Leistungsfähigkeit
Schauen wir auf die Trainingspläne von Triathleten, so finden Phasen mit hoher Trainings- und Wettkampfbelastung nicht selten statt. Die häufigste Erkrankungen bei Athleten und auch bei Nicht-Sportlern sind Virusinfektionen der oberen Luftwege: also eine gewöhnliche Erkältung. Typischerweise bekommt man eine solche im Durchschnitt zwei bis vier Mal im Jahr. Meist in den Wintermonaten. Ähnliche Symptome (z.B. Halskratzen) kann man auch durch Allergien und durch Entzündungen auf Grund von kalter, trockener oder verschmutzter Luft bekommen. Eigentlich sind diese Symptome harmlos. Beim Sportler können sie jedoch dazu führen, dass das Training unterbrochen werden muss, dass im Wettkampf die Leistung nicht abgerufen werden kann oder im schlimmsten Fall ein Wettkampf sogar ausgelassen werden muss.
Zusammenfassung: Lange, anstrengende Trainingseinheiten oder aber auch lange Perioden von hartem Training mit eingeschränkter Regeneration und/oder unzureichender Energiezufuhr beeinträchtigten höchst wahrscheinlich das Immunsystem des Körpers und reduziert natürlich auch seine Fähigkeit sich gegen Infektionen zu schützen. Auch andere Faktoren haben ähnliche Auswirkungen auf den Körper: z.B. Schlafmangel, psychologischer Stress und Fehlernährung.
Die negativen Auswirkungen von intensivem Trainingsstress auf das Immunsystem können wie folgt minimiert werden:
• Ausreichend Schlaf (mindestens 7 h Schlaf pro Nacht)
• Reduzierung von psychologischem Stress
• Keine Reduktionsdiäten während harter Trainingsphasen durchführen.
• Auf ausgewogene Ernährung achten, die sowohl die benötigte Energie als auch die notwendige Proteinmenge liefert
• Auf eine ausreichende Versorgung nach intensiven Einheiten mit ausreichend Kohlenhydraten achten, was ein zu starkes Ansteigen der Stresshormone verhindert
• Mikronährstoffdefiziten vermeiden v.a. Eisen, Zink, Selen, den Vitaminen A, D, E und der B-Gruppe
• Auf die Zufuhr von genügend pflanzlichen Polyphenolen (quercetinhaltigen Lebensmittel, oder Supplemente) sowie probiotischen Stoffen achten.
Einen hohen Gehalt an Quercetin findet man beispielsweise in:
• Kapern (1800 mg·kg−1)
• Liebstöckel (1700 mg·kg−1)
• Tee (Camellia Sinensis)
• Zwiebeln – besonders in den äußersten Ringen (284–486 mg·kg−1)
• Heidelbeeren (kultiviert 74 mg·kg−1, wild 146–158 mg·kg−1)
• Grünkohl (60–110 mg·kg−1)
• roten Trauben
• Äpfeln (21–440 mg·kg−1)
• Schnittlauch (245 mg·kg−1)
• Zitrusfrüchten
• Brokkoli (30 mg·kg−1) und anderem grünen Blattgemüse
• grünen Bohnen (39 mg·kg−1)
• Kirschen (32 mg·kg−1)
• Himbeeren
• schwarzen Johannisbeeren (69 mg·kg−1)
• Brombeeren (45 mg·kg−1)
• Preiselbeeren (kultiviert 83–156 mg·kg−1, wild 121 mg·kg−1)
• der Süßen Eberesche (85 mg·kg−1)
• Sanddorn (62 mg/kg) und Krähenbeeren (kultiviert 53 mg/kg, wild 56 mg·kg−1).
Eine 2007 durchgeführte Studie ergab zudem, dass Tomaten aus biologischem Anbau 79 % mehr Quercetin enthalten als bei konventionellem Anbau.
Nahrungsergänzungsmittel – ja oder nein?
Es gibt auf dem Markt eine schier unüberblickbare Flut von Nahrungsergänzungsmitteln (NEM), die alle versprechen das Immunsystem zu stärken und das Infektionsrisiko zu reduzieren. Es ist schwierig diese NEM klar zu beurteilen. Wenn man sich vertrauenswürdige Studien ansieht, so lässt sich feststellen, dass die Zufuhr von bestimmten, einzelnen Aminosäuren, Echinacin, Ginseng etc. eher keinen positiven Effekt auf das Immunsystem hat. Die sinnvollste Vorgehensweise bei der Zufuhr von NEM, ist die gezielte Supplementierung auf der Basis von bestimmten Labormarkern und v.a. die Anpassung der Versorgung an die Intensität der jeweiligen Trainingsphase. Und übrigens: Hohe Intensitäten erfordern NIEDRIGERE Zufuhr an Antioxidantien, da ein gewisser Grad des oxidativen Stresses wichtig für die Ausprägung bestimmter Trainingsadaptionen ist.
Text: Caroline Rauscher
Foto: Delly Carr | triathlon.org und Klaus Arendt
Caroline Rauscher ist studierte Pharmazeutin mit Ernährungsweiterbildung. Sie besitzt fundierte Kenntnisse im Bereich der Leistungsphysiologie. Ihre Kontakte zu weltweit führenden Forschern nutzt sie u.a. für eine optimale und individuelle Konzeption von Sportgetränken, für die Herstellung von Mikronährstoffen je nach Bedarf eines Sportlers sowie für die Ernährungsberatung von Profis und Amateuren. Sie betreut international erfolgreicher Winter- und Sommersportler. Darunter bekannte Namen wie Julia Gajer, Andi Böcherer, Daniela Sämmler, Stefan Schmid und Paratriathlon-Weltmeister Thomas Frühwirth. www.nutritional-finetuning.com