Mitte Juli wird Marino Vanhoenacker 42 Jahre alt. Anfang Mai gewann der Belgier den Ironman Australia in Port Macquarie. Letzte Woche siegte er in Saalfelden. Jörg Schneider hat ihn dort getoffen und mit ihm über seine Triathlon-Karriere gesprochen.
Wie hat alles mit dem Triathlonsport bei dir angefangen?
Marino: Ich habe 1995 mit Duathlon begonnen, habe ein paar Jahre einen Mix versucht und ab 2001 nur noch Triathlon gemacht … dann bin ich ziemlich schnell auf die Langdistanz gewechselt.
So ganz ohne den Background auf der Kurzdistanz?
Ja, ich habe erst mit 21 Jahren schwimmen gelernt und da war der Zug auf der Kurzdistanz schon abgefahren.
Dafür schwimmst du ausgezeichnet?
Ja, meine Schwimmleistungen haben sich über die letzten 15 Jahre kontinuierlich gesteigert. Im Winter habe ich auch ein wenig Crossfit-Training gemacht und es scheint ein bisschen Kraft hängengeblieben zu sein. Das hilft mir wirklich.
Wobei du als starker Radfahrer schon die eine oder andere Minute aufholen könnest. Aber es macht es natürlich trotzdem leichter, wenn man vorne im Feld aus dem Wasser steigt.
Das ist so. Außerdem wird es immer „schlimmer“ mit den ganzen jungen Leuten, die ordentlich Gas geben können.
Wobei Du ja ein rundherum kompletter Triathlet bist – ohne richtige Schwäche, oder nicht?
Ja, ich denke, dass ich in einem reinen Lauf-Wettkampf zu den schnellsten Triathleten gehören würde, aber ich teile meine Rennen immer anders ein. Ich attackiere immer auf dem Rad. Das zwingt natürlich das Lauftempo ein bisschen in die Knie.
Und gleichzeitig hast du ein paar super Marathons zu buche stehen.
Absolut. Manchmal passt einfach alles zusammen. Unter 2:40 Stunden im Marathon bin ich einmal gelaufen. Dann ein paar Mal in der Region um 2:45 bis 2:48 Stunden. In den letzten Jahren bin ich meistens bei 2:52 bis 2:54 Stunden hängen geblieben. Aber davor immer richtig hart Rad gefahren. Das reicht meist auch für den Sieg.
Du wirst es nicht wissen, aber wir sind einmal eine ganze Weile in Klagenfurt beim Ironman Austria zusammengelaufen. Ich noch recht frisch auf der ersten Runde und du nicht mehr ganz so frisch auf der zweiten Laufrunde.
Manchmal mache ich das gern. Wenn ich weiß, dass das Rennen gewonnen ist, dann suche ich mir auch mal einen Altersklassen-Athleten aus, der ein gutes Tempo läuft und bleibe einfach ein bisschen dahinter und lass mich ziehen.
Eine spannende Frage ist natürlich: Wie sieht deine Planung für die Zukunft aus? Du wirst demnächst 42 Jahre alt…?
Ich plane im Grunde schon seit Jahren meine Zukunft. Ich war mir immer sehr bewusst, dass einem als Top-Sportler ganz plötzlich viele Dinge passieren können, die es dir nicht mehr erlauben, den Sport weiterzumachen. Dazu kam bei mir immer, dass ich mir gesagt habe: Wenn ich den Spaß am Sport verliere, höre ich auf – aber ich gewinne einfach immer noch gerne. Der Spaß ist bei mir immer noch vorhanden. Fehlende Motivation war niemals ein Thema für mich. Allerdings plane ich seit zwei Jahren nur noch einen Ironman voraus. Danach schaue ich, wie es mir geht und ob ich mich adäquat erhole. Wenn ich das nicht mehr schaffe, möchte ich gern aufhören. Ich möchte nicht Siebter, Zweiter und Vierter in meinen letzten Rennen werden. Ich hoffe, dass ich das vorher einschätzen und mit einem Sieg abtreten kann. Der Tag kommt schnell näher … und wenn es dann soweit ist, weiß ich, dass mir etwas fehlen wird. Das Gefühl als Sieger die Ziellinie zu überqueren, ist einfach einmalig. Ich habe schon ein paar Ideen, wo es hingehen könnte – im Sport oder auch ganz etwas Anderes.
Du machst auf mich einen äußerst professionellen Eindruck, bist kommunikationsstark – da findet sich sicher etwas.
Ja, ich mache das einfach gerne, ich muss das auch nicht spielen. Das funktioniert sehr gut und die Menschen wissen es zu schätzen. Ich bin nun 20 Jahre im Triathlon-Zirkus unterwegs – jeder kennt mich. Ich denke, dass es in der Zusammenarbeit zwischen Triathleten und Sponsoren noch viel Luft nach oben gibt. Ich bin zwar kein Ingenieur, aber ich habe immer herumgetüftelt, wo vielleicht noch Optimierungsbedarf herrscht, ob im Training oder beim Material. Auch das Thema Produktentwicklung könnte spannend für mich sein. Ich mache mir jedenfalls keine Sorgen.
Und wie sieht die konkrete Planung für die nächste Zeit aus?
Das Rennen heute (Anmerkung: Trimotion Saalfelden) war für mich ein bisschen ein Test, um zu schauen, wie gut ich den Ironman Port Macquarie vor drei Wochen schon verdaut habe. Australien war ziemlich hart. Ingesamt bin ich sehr froh, wie es gelaufen ist. Es war eine sehr schwierige, ehrliche Strecke und ich habe es gut zu Ende gebracht. Das Gefühl war insgesamt besser als erwartet. Das nächste Rennen wird Ironman 70.3 Finnland Ende Juni sein und dann würde ich noch gern den Ironman Whistler in Kanada Ende Juli machen. Und das ist dann, wie vorher erwähnt, das Ende der derzeitigen Planung.
Das viele Reisen macht dir nichts aus?
Das Unterwegs-Sein gefällt mir nicht mehr so gut wie früher. Und das ständige Ein- und Auspacken nervt mich schon. Aber sonst bin ich auch heute noch gern unterwegs. Ich bin weniger auf Achse wie früher, aber wenn ich eine Langdistanz mache, bin ich meist drei oder vier Wochen vorher schon vor Ort. Das ist mir lieber, als drei Tage hier und fünf Tag dort. Ich sehe das auch bei meiner Tochter. Bis vor einiger Zeit ist meine Frau auch bei Ironman-Rennen gestartet – sie war selbst drei Mal als Agegrouperin auf Hawaii. Und unsere Tochter ist das Reisen von Kindesbeinen an gewohnt. Sie steht ganz anders im Leben als ihre Altersgenossinnen. Sie hat schon so viel gesehen. Ich glaube das ist viel besser für ein Kind als die beste Schule. Und sie weiß das auch zu schätzen. Heutzutage bin ich vielleicht noch 20 Wochen im Jahr unterwegs, aber ich bin auch 32 Wochen wirklich zuhause. Von morgens bis abends bin ich dann auch für meine Frau und Tochter da.
Abschließend noch eine Frage: Als so erfahrener Athlet und weil ich dich so rührig und engagiert bei den Kids Triathlons beobachtet habe – was sind deine Top3-Tipps für Neueinsteiger in den Sport?
1. Man sollte den Sport nur machen, weil man ihn gerne macht und er Spaß bringt.
2. Gerade Kinder sollen alles spielerisch machen und weil sie es selber wollen. Alles sollte ganz locker sein.
3. Kinder sollten verschiedene Sportarten für sich ausprobieren und selbst wählen, was ihnen am meisten Spaß macht.
Marino, danke für das angenehme Gespräch und viel Erfolg für deine nächsten Rennen.
Interview: Jörg Schneider
Fotos: GEPA pictures/ Daniel Goetzhaber