Athletiktraining ermöglicht durch (hoch-)intensive Übungen mit verschiedenen Kleingeräten gerade im Winter nicht nur neue Trainingsreize, sondern dient auch als Grundlage für das disziplinspezifische Technik- und Ausdauertraining im Triathlonsport.
Starke Muskeln, funktionierende Bewegungsmuster, optimale Beweglichkeit und ein flexibles, gleitfähiges Fasziengewebe sind wichtige Grundvoraussetzungen, um ein hohes Trainingsvolumen oder intensive Trainingsphasen ohne Verletzungen oder Überlastungen zu überstehen.
Auch wenn das Athletiktraining bei vielen Sportlern ein fester Bestandteil des Wintertrainings ist, geht es hierbei mittlerweile um viel mehr als nur um Liegestütz, Ausfallschritte und Kniebeugen. Gerade in den letzten Jahren haben sich die inhaltliche Struktur und die Übungen selbst radikal geändert. Manch Trainingsgerät, das derzeit im funktionellen, sportartbegleitenden Athletiktraining eingesetzt wird, wie Medizinbälle oder Turnringe und -kästen, ist definitiv nicht neu. Allerdings haben sich die dahinter stehenden Trainingskonzepte und Periodisierungsmodelle sowie moderne Übungsvariationen stark gewandelt und angepasst. Insbesondere die amerikanischen Athletiktrainer haben einen großen Anteil an dieser „neuen“ Trainingsform, der immer mehr Trainer und Athleten eine hohe Bedeutung beimessen.
Eindeutige Reize setzen
Grundlegend bietet das funktionelle Training sehr viele Möglichkeiten und kann – richtig eingesetzt – eine wichtige Leistungsreserve freisetzen und dabei helfen, Überlastungen zu vermeiden. Allerdings sollten gerade Triathleten das Angebot an Athletik- und Fitnesstrends kritisch hinterfragen. Nicht alles, was in diesem Bereich angeboten wird, macht auch im tagtäglichen Training Sinn. Funktionelles Training ist meiner Meinung nach keine Wunderwaffe, die Kraft, Beweglichkeit und Ausdauer gleichzeitig schult! Nur weil verschiedene Übungen im Training ausgeführt werden, bedeutet das noch lange nicht, dass eine solche Einheit in ihrer Wirkung auch dabei hilft, optimale Anpassungen in allen Bereichen zu erzeugen. So einfach funktioniert „Training“ leider nicht.
Es gibt Trainingsformen, die sich gegenseitig negativ beeinflussen oder limitieren. So kann ein Krafttraining nicht gleichzeitig optimale Anpassungen bringen, wenn in derselben Trainingseinheit ein hochintensiver Ausdauerreiz gesetzt wird. Aber dennoch können im Athletiktraining auch interessante Ausdauerreize gesetzt werden. Allerdings müssen wir als Triathlon-Trainer die Wirkung differenziert darstellen. Was löst eine bestimmte Übung im Körper, im Muskel oder im Energiestoffwechsel aus? Wie sieht es mit möglichen Wechselwirkungen verschiedener Methoden aus? So besteht beispielsweise die Bewegungsschnelligkeit aus vielen unterschiedlichen Einflussgrößen, die oftmals unabhängig voneinander trainiert werden müssen. Verlässt man sich allein auf das „Gefühl“, sind optimale Trainingsanpassungen vielleicht nicht mehr möglich. Wenn sich beispielsweise der Sprint mit einem Zugwiderstand anfühlt, als könnten sich Kraft und Schnelligkeit gleichzeitig trainieren lassen, müssen wir feststellen, dass dies physiologisch nicht stimmt. Letztendlich gehört es zu den Aufgaben eines Trainers, die verschiedenen Einflussgrößen auf eine motorische Eigenschaft zu kennen und im Gesamttrainingsprozess inhaltlich optimal einzuordnen.
Technisch saubere Ausführung
Über die möglichen Inhalte eines guten Athletiktrainings existieren hinsichtlich der Übungsauswahl und der Trainingsmethodik viele verschiedene Meinungen, über die sehr kontrovers diskutiert wird. Die einen empfehlen Übungen mit dem eigenen Körpergewicht, andere schlagen Trainingsinhalte mit „Zubehör“, wie beispielsweise Schlingentrainern oder Sandbag, vor. Bei der Durchführung sind Empfehlungen vom Zirkeltraining bis zum Outdoor-Kursprogramm zu finden. Dabei stolpert man immer wieder über Beschreibungen, die suggerieren, es wäre möglich, gleichzeitig Kraft, Ausdauer, Koordination und Schnelligkeit zu trainieren. Aber geht das wirklich so einfach? Ein Sprint, eine Übung mit Widerstand und etwas Balance und schon passt sich der Körper in allen angestrebten Eigenschaften an? Nun, da ist wohl bei sehr vielen Zirkeltrainingskonzepten der Wunsch meist Vater des Gedankens. Alle diese Konzepte können nur dann funktionieren, wenn die Bewegungsausführung korrekt umgesetzt werden kann. Ist eine Bewegung unsauber oder technisch nicht optimal, sollte diese Übung weder schnell, noch intensiv oder häufig ausgeführt werden. Wenn es also darum geht, die Inhalte eines Athletiktrainings zu bestimmen, muss der Trainer die Fähigkeiten des Sportlers kennen. Zudem sollten die Trainingsinhalte auch in das Gesamtkonzept passen.
Ausdauer durch Athletiktraining?
Wenn es draußen kalt und ungemütlich wird, sind beim Rad- und Lauftraining intensivere Trainingsabschnitte eher selten. Gerade beim Radtraining lässt die kalte und nasse Witterung oft gar kein Intervalltraining zu. Wer möchte schon nass geschwitzt nach einer harten Intervalltrainingseinheit riskieren, dass das beanspruchte Immunsystem schlappmacht? Ähnliches gilt auch für Intervalle im Lauftraining auf der Bahn. In diesem Kontext kann es sinnvoll sein, einen Teil der intensiven Trainingsinhalte in das Athletiktraining zu übertragen. In Form von kurzen, intensiven Inhalten lassen sich so gezielt harte Trainingsinhalte umsetzen. Allerdings ist dies nicht die „ausschließliche“ Form des Functional Training, die Sie in Ihr Triathlontraining einbauen sollten, sondern lediglich ein Bausteinchen.
Power mit Kleingeräten
Sie können alleine oder in einer Kleingruppe sehr einfach eine Athletikeinheit mit Ausdauerschwerpunkt umsetzen. Sie benötigen lediglich verschiedene „Kleingeräte“ wie Hürden, Pylonen, Gummibänder beziehungsweise Zugwiderstandbänder oder Kettlebells. Ihrer Kreativität sind kaum Grenzen gesetzt. Die Übungen selbst können auch auf schwimm-, rad- oder laufspezifische Inhalte ausgerichtet werden, ebenso auch die Anzahl der Stationen, die Intensitäten sowie die Be- und Entlastungsdauer. Wichtig ist ‒ und an dieser Stelle wiederhole ich mich nur zu gerne ‒ die technisch saubere Ausführung der Übungen an den Stationen.
ÜBUNGEN:
Zugwiderstandsläufe
Ziel: Verbessern der Hüftstreckung
Dauer: 20 Sekunden Belastung, 20 Sekunden Pause, 5 Wiederholungen
Medizinballpassen
Ausführung gegen eine Wand oder mit einem Partner
Dauer: Belastungsdauer: 30 Sekunden lang passen, 30 Sekunden Pause
Fazit: Gerade im Winter sind intensive Intervalltrainingseinheiten in Form von Athletiktraining eine Möglichkeit, Abwechslung in das Sammeln von Grundlagenkilometern zu bringen. Angesichts des allgemeinen Hypes zum Intervalltraining sei aber auch gewarnt: Intervalltraining wirkt, und das ist schon seit Emil Zatopek bekannt. Man sollte aber auch bedenken, dass viele geradezu euphorische Meldungen zum Intervalltraining aus der Fitness-Branche kommen, die auf diesem Wege die 4-Wochen-Bikini-Figur verkauft. Der Sportmediziner und frühere Verbandsarzt der Deutschen Triathlon Union Prof. Dr. Georg Neumann erwähnte im persönlichen Gespräch, dass in der ehemaligen DDR in Untersuchungen zwar die Wirkung von HIT klar herausstach, aber eben auch Überlastungen, Übertrainingszustände und andere negative Begleiterscheinungen als Folge von zu viel Intervalltrainingseinheiten auftraten. Wie so oft macht eben die Dosis das Gift, und das sollten Sie berücksichtigen, wenn Sie sich vor Augen halten, dass Triathlon eben eine Ausdauersportart ist. Und Ausdauer wird früher oder später belohnt, meistens aber später.
Dennis Sandig ist Sportwissenschaftler und hat nach seinem Studium an der Universität des Saarlandes und der Universität Würzburg gearbeitet. Er ist Mitbegründer des iQ athletik – Instituts zur Trainingsoptimierung für Sport und Gesundheit und der Trainingsplattform atleta.de. Als Fachautor hat er Diskussions- und Forschungsbeiträge veröffentlicht und referiert unter anderem für die Traineraus- und -weiterbildung. In seinen Arbeiten hinterfragt Sandig etablierte Methoden und analysiert neue Ansätze in Training und Diagnostik. Sein Hauptinteresse gilt aktuell dem Entwickeln einer neuen „qualitativen Trainingslehre“.
Text: Dennis Sandig
Fotos: Klaus Arendt