Gut zu wissen: Hilfsmittel Zeitfahrrad

Ironman Hawaii: Hilfsmittel Zeitfahrrad
Ironman Hawaii: Hilfsmittel Zeitfahrrad

Weltweit üben die Triathlon-Wechselzonen einen besonderen Reiz aus. Das spannungsgeladene Gewusel kurz vor dem Startschuss zieht immer wieder die Zuschauer in ihren Bann. Neben den Profis und Altersklassenathleten steht das dort geparkte, meist gepflegte und geputzte, auf Aerodynamik und Schnelligkeit getrimmte Equipment im Mittelpunkt des Interesses, das Hilfsmittel Zeitfahrrad.

Damit Sie das für Sie passende Zeitfahrrad finden, mit Freude trainieren und Ihre Wettkämpfe bestreiten können, haben wir uns mit den Herstellern der in dieser Ausgabe vorgestellten Modelle über die Bedeutung der Eigenschaften und Sinnhaftigkeit der eingesetzten Komponenten unterhalten und die Antworten für Sie zusammengefasst.

Eigenschaften

Rahmen
Der Rahmen ist die Grundlage für eine gute, variabel einstellbare Sitzposition. Sein Design wird entscheidend durch den Gesichtspunkt der Aerodynamik beeinflusst. Aus diesem Grund sind optische Elemente, die sich negativ auf den Bikesplit auswirken, absolut fehl am Platz. Ein auf äußerste Aerodynamik ausgerichteter Rahmen ist jedoch in der Praxis nur dann schnell, wenn er mit seinem Fahrer, den Laufrädern, Lenker und Komponenten gut harmoniert.

Rahmengröße
Eine falsche Rahmengröße verhindert eine ergonomisch aerodynamische Fahrposition, die Grundvoraussetzung für einen schnellen Bikesplit und das sichere Handling in kritischen Fahrsituationen. Auch wenn Vorbauten und Spacer bei zu kleinen Rahmen „nachhelfen“, lohnt sich der Mehraufwand in die Auswahl der richtigen Größe. Jeder Millimeter, der außerhalb des für den Athleten optimalen Bereiches liegt, macht sich negativ in der erreichbaren Leistung bemerkbar. Am besten funktioniert das System aus Fahrer und Rad nur dann, wenn hinsichtlich der idealen „Lastverteilung“ beides zueinanderpasst und der Triathlet auch bei extremen Windverhältnissen die Aeroposition so lange wie möglich halten kann.

Sitzposition
Das A und O beim Zeitfahren: Auch wenn die Sitzposition – wie beim klassischen Einzelzeitfahren im Straßenradsport – bei vielen Athleten durchaus noch etwas extremer ausfallen könnte, muss jeder Athlet die für sich optimale Balance zwischen Aerodynamik und Ergonomie finden, um beim Laufen keine Probleme zu bekommen. Eine auf maximale Aerodynamik ausgelegte Position ist meistens nicht zielführend und oft nur das „zweitschnellste“ Set-up. Im Laufe einer Saison kann sich aus diesem Grund die Sitzposition auch durchaus verändern. Ein professionelles individuelles Bikefitting ist die Grundlage für den besten Kompromiss zwischen Aerodynamik und Komfort, vorausgesetzt das Rad (und die mitgelieferten Teile) bietet auch den Spielraum hierfür. Ein Athlet, der sich auf seinem Rad nicht sicher fühlt und mehr mit dem Aussteuern von kniffligen Situationen beschäftigt ist, kann nicht sein ganzes Fahrpotenzial auf die Straße bringen.

Aerodynamik
DER limitierende Faktor bei der Geschwindigkeit! Das Gesamtsystem muss seinem Fahrer eine ergonomisch günstige und aerodynamische Haltung über lange Zeit ermöglichen. Eine bessere Aerodynamik inklusive maximaler Integration der Komponenten „schenkt“ dem Athleten sozusagen Energie, entweder schneller vom Rad zu steigen oder in der gleichen Zeit frischer den abschließenden Lauf anzutreten. Bezogen auf den Gesamtluftwiderstand von Fahrer und Rad hat die Aerodynamik des Rades einen Einfluss von 15–35 Prozent, und somit liegt das Einsparpotenzial deutlich im Minutenbereich.

Steifigkeit
Vortrieb und Sicherheit in allen Situationen sind ein unbedingtes Muss für jeden Radfahrer. Galten Zeitfahrräder vor einigen Jahren noch als „weich“, stehen sie in puncto Steifigkeit den Rennrädern um nichts mehr nach, denn ein „insgesamt weicheres“ Fahrrad reagiert auf plötzliche Richtungs- und Tempowechsel und auf schnellen Abfahrten nicht so präzise, direkt und sicher. Hohe Steifigkeiten im Lenkkopf garantieren ein flatterfreies und souveränes Fahrverhalten, im Tretlager sind hohe Steifigkeitswerte der Garant für eine optimale Kraftübertragung. Energie, die in Rahmenverwindungen untergeht, ist nicht nur bei welligen und bergigen Streckenprofilen ein echter Leistungskiller. Allerdings sollte auch auf die Steifigkeit der verbauten Komponenten geachtet werden, wie zum Beispiel bei den Laufrädern.

Gewicht
Kraft ist gleich Masse x Beschleunigung, allerdings schlägt beim Triathlon die Aerodynamik das Gewicht: Der Leistungsvorteil durch die Aerodynamik gegenüber dem Gewicht entspricht in etwa dem Faktor drei! Erst bei längeren Steigungen von mehr als zehn Prozent oder harten Beschleunigungen kommt dem Gewicht überhaupt eine messbare Rolle zu. Beides findet man im Triathlon jedoch sehr selten. Insofern ist es fast vernachlässigbar. Trotzdem kann es sich kein Hersteller erlauben, „sein“ Zeitfahrrad übermäßig schwer aufzubauen.

Drehmomentangaben Carbon mag bekanntlich keinen Druck. Vergewissern Sie sich, dass an den relevanten Stellen (Rahmen, Lenker, Vorbau, Sattel, Sattelstütze), an denen Carbonteile miteinander verbunden werden müssen, die maximal erlaubten Drehmomentangaben vermerkt sind. Halten Sie sich unbedingt an die Vorgaben und verwenden Sie einen Drehmomentschlüssel. Somit können sich der Hersteller und die Kunden durch Unachtsamkeit entstandene Defekte und Ärger ersparen.

Komponenten

Laufräder
Gute Laufräder unterstützen aufgrund ihres niedrigen Luftwiderstandes das System Rad-Fahrer durch gute Aerodynamik und sicheres Handling (Bremsleistung). Das Laufrad sollte leicht und steif, aber auch bei schwierigen Windverhältnissen einfach zu steuern sein. Da der Laufradsatz von allen Komponenten den größten Einfluss auf die aerodynamische Performance hat, sollte das gewählte Set-up – inklusive der Wahl der richtigen Bereifung – immer auf den jeweiligen Kurs abgestimmt werden.

Zeitfahrlenker
Der Zeitfahrlenker ist der „Geigenbogen“ des Triathleten, denn er ermöglicht nicht nur eine aerodynamische Sitzposition, er hat auch den größten Effekt. Je besser und länger ein Athlet in der optimalen Position „verharren“ kann, desto weniger Windwiderstand muss überwunden werden. Allerdings sollte das verwendete Modell individuell einfach und schnell ein-/verstellbar sein (Stichwort Systemintegration und Kabelführung) und zum Gesamtkonzept des Rades passen. Die richtige Breite und Höhe des Basebars, gute Griffstücke an den Extensions und den Bremsgriffen verbessern den Komfort und erhöhen die Sicherheit spürbar.

Bereifung
Der verwendete Reifen sollte nicht nur einen sehr niedrigen Rollwiderstand bieten, er sollte auch auf die eingesetzten Laufräder abgestimmt sein, ansonsten geht sein aerodynamischer Effekt schnell verloren. Idealerweise sollte die Wahl des Reifens auf die jeweilige Strecke und Witterungsbedingungen angepasst werden. Bei den derzeitigen Felgenformen bietet eine Kombination der Reifenbreite aus 23 mm (vorne) und 25 mm (hinten) einen sehr guten Kompromiss aus Aerodynamik und Komfort. Clincher sind den Schlauchreifen in den meisten Punkten überlegen, Tubeless punktet insbesondere auf dem Gebiet der Pannensicherheit.

Integration aerodynamischer Trinksysteme
Besonders effektiv sind Systeme, aus denen man auf dem Lenker liegend trinken kann. Wer sein Rad mit zusätzlichen Trinkflaschen bestückt und sich aufrichten muss, zerstört sofort die Aerodynamik. Ein im Wettkampfmodus schlecht zu erreichendes integriertes System schadet mehr, als der Zeitgewinn einbringen kann. Interessanterweise wird bei einigen Profirädern auf diese Option jedoch verzichtet, da eine Aeroflasche im Rahmen und Trinkoptionen hinter dem Sattel eine gute und teilweise aerodynamisch sinnvolle Alternative bieten.

Sattel
Wer sich auf dem Sattel dauerhaft wohlfühlt, unterstützt eine entspannte und aerodynamisch günstige Haltung. Neben dem nötigen „Komfort“ spielt auch der Halt auf dem Sattel eine wichtige Rolle. Idealerweise sollte man nicht rutschen, sondern die eingenommene Sitzposition ohne Kraftaufwand halten können, ansonsten muss man sich aufrichten und verliert wertvolle Sekunden. Welcher Sattel letztendlich zum Athleten passt, ist eine sehr individuelle Angelegenheit, DAS richtige Modell gibt es nicht.

Elektronische Schaltung
Elektronische Schaltungen haben die Schaltpräzision auf ein neues Level gehoben. Durch die vielen Schaltmöglichkeiten an Extensions UND Basebar kann der Athlet jederzeit auf die unterschiedlichen Streckenverhältnisse reagieren und verliert keine Zeit durch unnötige Griffwechsel, eine spürbare Erleichterung ohne zusätzlichen Kraftaufwand. Gerade in fahrerisch anspruchsvollen Situationen kann man sich zu 100 Prozent auf die jeweilige Renn- oder Verkehrssituation konzentrieren und beide Hände dort belassen, wo sie für die Sicherheit am wichtigsten sind: am Lenker. Darüber hinaus wirkt sich die bessere Integration der Schaltkomponenten positiv auf die Aerodynamik des Rades aus.

Crash-Replacement Fragen Sie beim Kauf Ihren Händler, ob und für welchen Zeitraum ein Austauschangebot gilt und welche Voraussetzungen erfüllt sein müssen. Einige Hersteller bieten innerhalb eines bestimmten Zeitraumes ab dem Kaufdatum an, den Rahmen unter Einsendung des defekten Rahmens, der Originalrechnung sowie einer Beschreibung des Unfallhergangs gegen Zahlung des halben Kaufpreises durch einen neuen zu ersetzen.

Text und Foto: Klaus Arendt