6 Fragen an Jan Sibbersen

Jan Sibbersen (Foto: Isaak Papadopoulos | weitsprung.de)
Jan Sibbersen (Foto: Isaak Papadopoulos | weitsprung.de)

Zu Beginn der COVID-19-Pandemie traf Jan Sibbersen, Geschäftsführer der in Pfungstadt ansässigen sailfish GmbH, vor gut einem Jahr im tritime-Interview nachfolgende Aussage: „Jede Krise bringt eine Konsolidierung des Marktes mit sich. So hart es jetzt klingen mag, aber dieser Prozess ist darwinistisch. Nur die gesündesten Unternehmen werden überleben und diejenigen, die sich jetzt mit den neuen Gegebenheiten am besten arrangieren.“

Wir unterhielten uns mit dem Unternehmer kurz vor einer Freiwassereinheit, bei der er wärmende Neoprenprodukte testete.

Jan, wie steht es heute um die sailfish GmbH?

Wir sind gesund, und wir werden überleben, selbst wenn sich die Auswirkungen der Pandemie noch über eine weitere Triathlonsaison hinziehen sollten, wovon ich Stand heute im „Worst-Case-Szenario“ leider ausgehen muss.

Auch aus diesem Grund fahren viele Unternehmen auf Sicht, hoffen auf das Ende der Pandemie und die Wiederherstellung des Status quo von 2019. Ist das nicht viel zu einfach oder gar gefährlich?

„Hoffnung“ ist ja prinzipiell ein charmanter Weg, um in der Unsicherheit Halt zu finden. Im Geschäftsleben ist die Realität nur meist anders. Ich muss versuchen, kreativ zu sein, ich muss agieren, positiv an Dinge herangehen, versuchen, neue Chancen und Lösungen für Probleme zu finden. Die Vermittlung dieser positiven Grundstimmung, dieses unerschütterlichen Glaubens, dass auch nach diesem Sturm wieder die Sonne scheinen wird, das fehlt mir gerade total in der Kommunikation dieses Landes, insbesondere seitens der Politik und vieler Medien. Angst, Unsicherheit und Verbote lähmen Menschen, das ist eine gefährliche Entwicklung.

„Angst, Unsicherheit und Verbote lähmen Menschen, das ist eine gefährliche Entwicklung.“

Wie herausfordernd ist aktuell unternehmerisches Handeln und ein sinnvolles strategisches Business-Development hin zu neuen Märkten, Technologien und Produkten?

Natürlich schaut man sich in Zeiten wie diesen die Budgets noch genauer an als sonst. Aber an den Kernbudgets, die die DNA eines Unternehmens ausmachen, daran würde ich so weit als möglich nicht rütteln. Ein verantwortungsvoller Unternehmer verzichtet zuerst bei sich selbst, wirbt dann um Verständnis bei der Belegschaft und greift erst ganz zum Schluss und wenn es gar nicht mehr anders geht ins Herz der Firma ein.

Geschlossene Hallen- und Freibäder tragen nicht gerade zur Verbesserung der Schwimmleistung der Athleten bei. Zugseil und Co. können letztendlich das Training im Wasser nicht ersetzen. Was hältst Du persönlich vom Schwimmen – natürlich mit dem entsprechenden Kälteschutz – im wirklich kalten Freiwasser?

Über den wahren Trainingseffekt bei zehn Grad Celsius Wassertemperatur im Baggersee lässt sich sicherlich streiten. Aber darum geht es meiner Meinung nach nicht. Viele Menschen machen diesen Sport aus Leidenschaft und für das Gefühl … sich langsam in dieses eiskalte Wasser zu trauen, dann zu frieren wie ein Rohrspatz, dann herauszukommen, die Durchblutung zu spüren, den ersten heißen Tee zu trinken und sich dabei wahnsinnig lebendig zu fühlen – das ist doch das, was den Unterschied macht! Dieses kleine Abenteuer, die Überwindung zu Beginn und das großartige Gefühl im Anschluss. Ich kann es nur empfehlen – aber zur Sicherheit niemals alleine!

Für Deine Branche sind Neoprentestschwimmen im Frühjahr sowie Swimnights und Wettkämpfe im Sommer wichtige Vertriebskanäle. Wie sehen für die kommenden Wochen Deine diesbezüglichen Planungen aus?

Unser Neopren-Absatz hat sich im vergangenen Jahr als äußerst robust erwiesen. Beim Schwimmen im Freiwasser hat sich meines Wissens noch niemand mit COVID-19 angesteckt. Ich habe das Gefühl, dass viel mehr Menschen im offenen Gewässer geschwommen sind und trainiert haben als in einer „normalen“ Saison. Das hat das fast komplett zusammengebrochene Segment der Wettkampftextilien gut kompensiert. Ich erwarte eine ähnliche Entwicklung für diese Saison.

„Meine Hoffnung ist eine andere, aber meine rationale Einschätzung Stand heute ist, dass diese Saison nicht viel besser wird als die letzte.“

Letzte Frage: Hast Du einen Plan B, wenn auch 2021 eine erneute „Nullnummer“ wird? Und was bedeutet dies für unseren Sport?

Meine Hoffnung ist eine andere, aber meine rationale Einschätzung ist, dass diese Saison nicht viel besser wird als die letzte. Sailfish ist dafür gewappnet. Die meisten Veranstalter werden eine erneute „Nullnummer“ überleben, auch wenn es natürlich finanziell sehr schmerzhaft werden würde. Auf die Industrie hat die Pandemie völlig unterschiedliche Auswirkungen, von existenzvernichtend bis maximales Wachstum ist alles dabei. Leid tun mir vor allem die Athleten, egal, ob Profis oder Age Grouper, hier bleiben sehr viele Träume (vorerst) unerfüllt. Aber um auf einer positiven Note zu enden, sollten wir uns viel bewusster darüber werden, dass wir diesen Sport nicht nur der Wettkämpfe wegen betreiben. Körperliche Bewegung trägt bekanntlich auch zu einem starken Immunsystem bei – also raus mit Euch an die frische Luft, es kommen ganz sicher wieder bessere Zeiten!

Interview: Klaus Arendt
Foto: Isaak Papdopoulos