Einstieg ins Freiwasserschwimmen

Freiwasserschwimmen, Tipps für den Einstieg

Corona-bedingt war in den letzten Monaten in vielen Ländern für Altersklassenathleten kein Schwimmtraining möglich. Nun sind alle heiß, wieder mit dem Schwimmen zu beginnen. Was sollte man beachten und wie kann man den Einstieg ins Freiwasserschwimmen effizient gestalten. Marco Henrichs gibt Tipps.

Dadurch, dass der April recht kühl war, sind die Temperaturen in den Seen noch recht frisch. Triathleten haben gegenüber Langstreckenschwimmern oder auch Eisschwimmern den Nachteil, durchschnittlich weniger Fettanteil zu besitzen. Dieses natürliche „Biopren“ schützt vor Kälte und macht das Schwimmen bei kalten Temperaturen erträglicher. Die meisten Triathleten haben zudem aktuell einen Trainingsrückstand. Diese beiden Faktoren aus Trainingsrückstand und mangelnder Kälteresistenz geben daher vor, wie der Start des Schwimmtrainings im Freiwasser aussehen sollte.

In der Umsetzung bedeutet dies, kurze Strecken mit vielen Wiederholungen beim Freiwasserschwimmen zu absolvieren und gegebenenfalls einen Neoprenanzug, eine Neoprenbadekappe und Neopren(hand)schuhe als Kälteschutz zu tragen.

5 Regeln fürs Freiwasserschwimmen

  1. Seid immer auf alles vorbereitet. Wo ist beispielsweise euer genauer Standort, um es der Feuerwehr- und Rettungsdienstleitstelle mitteilen zu können. Notrufnummern: Deutschland 112, Österreich 122 oder 144, Schweiz 118 oder 144.
  2. Geht am besten immer zu zweit im Freiwasser schwimmen.
  3. Bevor ihr losschwimmt, akklimatisiert euch im kalten Wasser für ein bis zwei Minuten.
  4. Schwimmt immer mit einer Schwimmboje. So habt ihr die Möglichkeit, euch jederzeit festzuhalten. Außerdem werdet ihr schneller von Booten, Surfern etc. gesehen. Ein weiterer Vorteil einer Schwimmboje ist, dass ihr euer Mobiltelefon darin sicher transportieren könnt, um somit im Notfall einen Notruf absetzen zu können.
  5. Schwimmt immer in der Nähe des Ufers.

Freiwasserschwimmen mit Boje

 

Die Empfehlung lautet, kurze Strecken schwimmen

Meiner Meinung nach liegt das Hauptdefizit von Triathleten beim Freiwasserschwimmen bei einer mangelnden Orientierung sowie einer optimierungsbedürftigen Wasserlage bedingt durch zu wenig Körperspannung. Die mangelnde Körperspannung setzt häufig schon nach wenigen Metern ein.

Entweder durch Ermüdung und/oder durch zu wenig Streckung nach vorne. Jedoch ist gerade beim Kraulen die Streckung für eine bessere Wasserlage unverzichtbar. Meinen Athletinnen und Athleten empfehle ich derzeit überwiegend Kerneinheiten von beispielsweise 10 bis 15 Mal 200 Metern im Freiwasser. Die Geschwindigkeit sollte dabei in den ersten Wochen ausschließlich im Grundlagenbereich liegen. Zusätzlich werden kurze Pausen am Steg oder Ufer eingebaut. In den Pausen von rund 20 bis 30 Sekunden solltet ihr euch immer wieder aufs Neue auf die Technik konzentrieren.

Kalte Temperaturen beeinflussen die Motorik. Deswegen ist es um so wichtiger, in den kurzen Breaks im Freiwasser regelmäßig die Schultern, Arme, Nacken und Beine  mit leichter Zugkraft zu dehnen. Wichtig: Eine zu starke Zugkraft lässt die Muskulatur allerdings ermüden und sollte erst am Ende des Freiwasserschwimmens durchgeführt werden.

Wasserlage beim Schwimmen
Immer auf die Körperspannung und die Streckung nach vorne achten.


Lass die Paddles zu Hause

Die Technik sollte gerade beim Wiedereinstieg im Vordergrund stehen. Triathleten mit größeren Technikdefiziten oder Einsteigern empfehle ich, regelmäßig Tools zur Unterstützung einzusetzen. Beispielsweise einen Frontschnorchel, um sich besser auf den Bewegungsablauf des Kraulbeinschlags oder des Kraularmzugs zu konzentrieren oder einen Pullbuoy zu nutzen, um die Koordination der Zug- und Druckphase zu verinnerlichen.
Aber Vorsicht: Tools bitte nicht ständig einsetzen.

Schwimmt beispielsweise 10 x 200 Meter im Wechsel mit und ohne Tools, um immer direkt nach einem Technikschwerpunkt die Umsetzung ohne Tools zu trainieren. Solche Einheiten sind deutlich effektiver, als 2.000 Meter am Stück zu schwimmen und mit einer schlechten Technik gegen die Kälte anzukämpfen.

Wenn ihr eure Leistung aufgebaut habt und euer Armzug nahezu fehlerfrei ist, könnt ihr auch wieder mit Paddles schwimmen. Beim Wiedereinstieg können sie allerdings definitiv zu Hause bleiben.

Arme schulterbreit eintauchen

Bei Triathleten beobachte ich häufig, dass das Wasser mehr „verprügelt“ wird, anstatt die Bewegung der Wettkampfsituation und dem eigenen Leistungsvermögen anzupassen. Dazu gehört auch, auf Kälte und Ermüdung zu reagieren. Wie oben erwähnt begünstigen kalte Wassertemperaturen die Ermüdung und schränken die Beweglichkeit ein. Dadurch kann es beispielsweise schleichend zu einer Rotation in der Gesamtkörperachse kommen. Verschuldet durch ein Übergreifen der Arme über die Körperachse, durch eine zu starke Schulterrotation oder eine mangelnde Körperspannung. Um dem entgegenzuwirken, macht euch beim Wasserfassen breit. Die Arme sollten in Verlängerung der Schulterachse bleiben und keinesfalls Richtung Körperachse eintauchen.

Armhaltung beim Schwimmen
Die Arme sollten für eine stabile Waserlage immer schulterbreit ins Wasser eintauchen.

Das soll nicht heißen, dass ein Schwimmen mit Schulterrotation falsch ist. Ganz im Gegenteil, aber dafür müssen die körperlichen Voraussetzungen erfüllt sein.

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Text: Marco Henrichs
Fotos: H2O-Bloxx.com