Es gibt viele Triathleten, die konnten dieses Jahr noch keinen einzigen Wettkampf absolvieren. Profitriathlet Fabian Rahn gehört nicht zu diesen, er hatte mehr Glück. Warum und wieso, berichtet er im tritime-Interview.
Fabian, du bist einer der wenigen Triathleten, die dieses Jahr bereits einen Ironman absolvieren konnten und du bestreitest demnächst wieder eine Langdistanz.
Ja, das ist richtig. Ich hatte mit meiner Rennwahl dieses Jahr einfach Glück. Meine erste Langdistanz war dieses Jahr Anfang März der Ironman in Neuseeland und meine zweite wird, wenn alles gutgeht, der legendäre Embrunman in Frankreich am 15. August 2020 sein.
Du sprichst Neuseeland an, wie lief das Rennen für dich und wie war dein Aufenthalt generell?
Neuseeland war definitiv der Hammer. Im Gegensatz zum Rennen war unsere Rundreise über die Nord- und Südinsel ein Traum. Wir waren zunächst drei Wochen in Taupo, wo auch der Triathlon stattfand, und sind danach auf Tour mit einem Wohnmobil gegangen. Dadurch, dass unser Sohn erst ein halbes Jahr alt war und meine Frau in Elternzeit ist, hatten wir genügend Zeit, zu reisen. Wir hatten eigentlich eine Tour über vier Wochen geplant, aber es wurden leider nur drei Wochen, da wir uns die letzte Woche im Corona-Lockdown befanden. Aber bis zu diesem Zeitpunkt hätten wir es besser nicht erwischen können.
Du sagtest, dass dein Rennen nicht ideal verlief, warum?
Ich war wirklich in sehr guter Form und konnte den kompletten Winter ohne Probleme daheim und auf den Kanaren perfekt trainieren. Zehn Tage vor dem Rennen fing ich mir leider eine Erkältung ein, die ziemlich genau eine Woche dauerte. Drei Tage vor dem Rennen waren zwar alle Symptome weg, aber ich war im Rennen spätestens nach 500 Metern im Wasser total kraftlos. E wurde ein sehr langer und harter Tag für mich, vor allem mental. Mein Ziel war es, in die Top 3 zu kommen, um mich für Hawaii zu qualifizieren. Dies wäre auch ohne die Erkältung eine mega Aufgabe gewesen, aber so wurde es einfach unmöglich. Ich glaube, dass ich ohne die Worte meiner Frau und das Lächeln meines Sohnes an diesem Tage nicht gefinisht hätte. Auch solche Tage gehören eben zum Sportlerleben dazu.
Das Thema Corona können viele wahrscheinlich nicht mehr hören, aber wie war das mit dem Lockdown in Neuseeland für euch?
Das war ziemlich krass, von jetzt auf gleich war das normale Leben komplett stillgelegt. Ich weiß noch, dass es ein Montag war und wir auf der Südinsel auf dem Weg in Richtung Abel Tasman National Park waren, als wir irgendwo davon hörten, dass bald alles dicht sein sollte. Mehr wussten wir nicht. Als wir im Park ankamen erzählte man uns, dass ab Donnerstag keine Fähre mehr von der Südinsel auf die Nordinsel verkehren sollte und der Park seit heute geschlossen sei. Daraufhin fingen wir an, hektisch nach Fährverbindungen bis Mittwochabend zu suchen. Natürlich waren alle Fährverbindungen ausgebucht und so entschlossen wir uns, dienstags trotzdem zur Fährstelle zu fahren, um irgendwie auf gut Glück ein Ticket zu bekommen. Wir wissen bis heute nicht, wie das geklappt hat. Wahrscheinlich lag es an unserem kleinen Sohn, denn zig Menschen in der Schlange bekamen kein Ticket. Wir hatten einfach Glück und so verbrachten wir die letzten sieben Tage wieder in Taupo bei unserer Homestay-Family vom Rennen, die uns kostenlos Unterschlupf gab. Die letzten Tage verbrachten wir mit kleinen Spaziergängen und ich konnte wenigstens etwas Laufen und Radfahren. Zum Glück konnten wir unseren regulären Rückflug nach Deutschland nehmen und mussten nicht extra ausgeflogen werden. Trotz Lockdown war Neuseeland eine tolle Reise und wir waren definitiv nicht das letzte Mal dort.
Wir haben gesehen, dass du letztes Jahr im Januar bereits ziemlich weit auf der Südhalbkugel unterwegs warst. Was hatte dich nach Südafrika gezogern?
In Südafrika war ich in Kapstadt mit Sigma Sport für ein Shooting und auch zum Trainieren. Neuseeland und Südafrika sind beides landschaftlich traumhafte Länder, aber man sollte genau wählen, wo man sein Radtraining absolviert, denn teilweise geht es sehr eng auf den Straßen zu und vor allem LKWs passieren einen oft wahnsinnig knapp. Das sind auf jeden Fall Dinge, die das schöne Bild etwas trüben, aber es gibt auch Strecken, auf denen deutlich weniger Verkehr herrscht und es sicherer ist. Natürlich gibt es auch im deutschsprachigen Raum gefährliche Situationen, aber nicht in dieser Häufigkeit. Dazu muss ich allerdings sagen, dass ich inzwischen in der Nordeifel wohne und es nach Belgien nicht weit ist. Vor allem in Belgien habe ich bisher fast nur positive Erfahrungen im Straßenverkehr gemacht, zudem ist meine Region ein wahres Radfahrerparadies.
Deine nächste Langdistanz soll nun der Embrunman in Frankreich am 15. August sein. Ein Rennen das „Le Mythe“ genannt wird und das nicht nur aufgrund seiner 5.000 Höhenmeter auf dem Radkurs. Warum gerade dieses Rennen? Weil quasi nur dieses Event stattfindet?
Nein, definitiv nicht deshalb. Ich wollte dieses Rennen schon immer machen, da ich mich auf schweren Kursen gut zurecht finde und ich bereits nach Neuseeland mit diesem Event geliebäugelt hatte. Dass es nun stattfinden soll, ist wie eingangs erwähnt, auch etwas Glück. Mir liegen zudem profilierte Rennen. Das habe ich beim Ironman in England und in Wales mit meinen dritten Plätzen bewiesen. Daher ist es fast logisch, dass ich mir auch in Embrun Chancen auf eine vordere Platzierung ausrechne, auch wenn unter anderem mit Tim Don, Fredrik van Lierde, Joe Skipper und Andi Böcherer sehr prominente Athleten am Start sind. Aber auf „meinem Terrain“ fühle ich mich stark und bei einer Siegerzeit von rund zehn Stunden sind besondere Nehmerqualitäten gefragt und die habe ich an diesem Tag hoffentlich.
Du hast das starke Starterfeld angesprochen und viele wissen, dass du verdammt schnell laufen kannst, gut auf dem Rad bist, aber beim Schwimmen meistens viel Zeit liegen lässt. Konntest du dich im Schwimmen inzwischen verbessern?
Ja, das stimmt und manchmal bin ich tatsächlich selbst von mir überrascht, dass ich mich all die Jahre durchgekämpft habe, trotz ständiger Rückschläge im Wasser. Natürlich ist das Schwimmen in Embrun nicht so wichtig wie beim Ironman Hamburg, aber es ist und bleibt ein wichtiger Baustein und deshalb arbeite ich seit Anfang des Jahres mit Schwimmcoach Marco Henrichs zusammen. Nach all der Sucherei nach einem Schwimmtrainer und dem „einfach-vor-mich-hinschwimmen“, kann ich nach über zehn Jahren endlich sagen, dass ich den richtigen Mann gefunden habe. Marco bricht die Technik auf ein Minimum herunter und dennoch ist das Training brutal effektiv. Wir sind noch nicht am Ziel, da ich vor allem noch die Coolness lernen muss, den Kopf tief zu halten und die Arme lange liegen zu lassen, damit ich mich nicht mehr durchs Wasser wühle, sondern ruhig schwimme. Wenn man durchs Wasser prügelt, verpufft viel Energie und die Müdigkeit nimmt rasch zu. Es gibt Athleten, die mit unglaublichem Kraftpotenzial die 3,8km schwimmen oder prügeln, aber ich besitze nicht die Kraft und benötige daher einen ruhigen Stil, um effektiv und schnell ans Ziel zu kommen. Es gibt eben nicht DEN Kraulstil, da jeder Athlet anders ist und genau diese Herangehensweise vertritt mein neuer Schwimmtrainer. Immerhin habe ich mich im Freiwasser über 3,8km bereits um fünf Minuten auf eine 52 Minuten verbessert. Genial wäre es, wenn ich das auch endlich im Wettkampf zeigen könnte.
Vielen Dank für diese Einblicke und viel Erfolg in Embrun, Fabian.
Aufmacherbild: H2O-BLOXX