Vielleicht hast du dir für dieses Jahr gute Vorsätze vorgenommen, Ziele gesetzt oder deine Saison geplant. Das ist gut so, denn damit hast du deine Gedanken sortiert und deinem Gehirn ein Signal gegeben. Aber Vorsicht, wir machen dabei oft Fehler.
Christian Jaerschke stellt euch vier Tipps aus der Wissenschaft vor, wie ihr eure Ziele leichter erreicht.
Studien zufolge halten gute Vorsätze bei 3/4 der Menschen nicht viel länger als eine Woche. Nur 19% bleiben ihren Vorsätzen auch nach zwei Jahren noch treu. Leider liegen mir keine aktuellen Studien von aktiven Athleten vor. Ich vermute, dass die Zahlen hier etwas besser sind, aber trotzdem zu Wünschen übrig lassen.
In meiner Erfahrung als Berater, Unternehmer und Sportler haben mich zwei Prinzipien immer wieder auf Kurs gebracht:
• „Ein Plan ist nichts, Planung ist alles“, Dwight D. Eisenhower
Anmerkung: Hier geht es mehr um den Prozess der Zielsetzung und Planung als (nur) um das Ergebnis. Das gilt ebenso für deine Trainingsplanung, deine Saisonplanung wie für deine langfristigen Ziele als Sportler.
Beispiel Trainingsplan: Er hilft dir dabei, die Trainingsreize entsprechend deiner aktuellen Leistungsfähigkeit und Ziele zu setzen. Er sollte jedoch nach Bedarf immer wieder angepasst werden, z.B. nach einer Verletzung oder nach krankheitsbedingten Trainingsausfällen.
• „Ein guter Plan heute ist besser als ein perfekter Plan morgen“ , George S. Patton.
Anmerkung: Ein Trainingsplan mit Unschärfen (heute) ist besser, als gar kein Trainingsplan zu haben. Falls du keinen Coach hast, der dir individuelle Trainingspläne erstellt, ist das kein Grundm, ganz auf einen Plan zu verzichten. Orientiere dich in diesem Fall an den Trainingsempfehlungen von Fachmedien oder einem der zahlreichen Trainingspläne, die du im Internet findest.
Dr. Kelly McGonigal, Psychologin und Dozentin an der Stanford Universität hat vier wissenschaftlich abgesicherte Empfehlungen erarbeitet, Ziele richtig zu setzen und zu erreichen:
1. Setze dir ein Ziel, dass für dich von Bedeutung ist – nicht eines, das sich leicht abhaken lässt
Wir lieben Belohnungen. Unser Gehirn ist darauf ausgerichtet und deshalb setzten wir uns häufig einfache Ziele, die wir leicht und schnell abhaken können. Warst du heute beim Schwimmtraining? Ja – abgehakt. Hast du deine Trainingsdaten ausgelesen oder dokumentiert? Ja – abehakt. Es macht uns Spaß, wenn wir am Ende des Tages unsere Punkte abhaken können und dagegen ist auch nichts einzuwenden.
Ein wirklich bedeutungsvolles Ziel, dass dich wirklich inspiriert etwas zu verändern, muss allerdings tiefer gehen. Nehme dir die Freiheit, darüber nachzudenken, was du im Sport und im Leben generell erfahren bzw. erreichen willst. Denke dann als ersten Schritt darüber nach, was deine persönlichen Ziele in dieser Saison sind.
Nutze anschließend die „Why, why Technik“. Frage dich drei Mal hintereinander, warum du das erreichen willst? Wenn du z.B. mit dem Rauchen aufhören willst, frage dich warum? Wenn deine Antwort ist, dass du es deiner Gesundheit zuliebe machst, frage dich warum dir deine Gesundheit wichtig ist? Wenn deine Antwort ist, um deinen Sport auch im Alter noch ausüben zu können, frage dich, warum du im Alter noch Sport machen willst?
So kommst du dem Kern dessen, was dich tatsächlich antreibt, immer näher. Wenn du mit dieser Erkenntnis im Kopf an deinem Ziel arbeitest, kannst du daraus Motivation schöpfen.
2. Richte deinen Fokus auf den Prozess, nicht auf das Ergebnis
Mir ging es in meinem Leben häufig so, dass ich dachte, wenn ich ein bestimmtes Ziel oder Ergebnis einmal erreicht habe, ich „angekommen sei“ oder alles besser wird. Über das, was danach kommt, habe ich in der Regel gar nicht nachgedacht. Meist habe ich meine Ziele erreicht und festgestellt, dass die Freude, an meinem Ziel angekommen zu sein, aber nicht von Dauer war. Mit der Zeit habe ich gelernt, dass das Ziel einen Impuls setzt und ein Leuchtturm ist, auf den man sich zubewegen kann.
Die Redensart: „Der Weg ist das Ziel“ hat für mich zunehmend an Bedeutung gewonnen, auch im Sport. Unabhängig von sportlichen Ergebnissen und Zielen sollte das Training meiner Meinung nach primär Spaß machen.
Vor meinem ersten Ironman konnte ich mir nicht vorstellen, diese Distanz überhaupt irgendwie zu bewältig. Meine Taktik war es daher, mich auf mein tägliches Training zu konzentrieren und das große Ziel in kleine Schritte herunterzubrechen. Ganz nach dem Motto: „Ein Marathon beginnt mit dem ersten Schritt“.
Vielleicht kennt das der eine oder andere, der schon einmal ein großes sportliches Ziel erreicht hat – ich spreche von der Leere oder dem mentalen Loch, in das man nach der Zielerreichung fallen kann. Mir ging es nach meinem ersten Ironman so. Meine sportliche Planung ging damals genau bis zum ersten Finish. Die Euphorie hielt für eine Weile an. Doch dann kam ein Loch und ich fragte mich, wie es weitergehen sollte und für eine Zeit wandelte sich die Euphorie in Motivationslosigkeit.
Deshalb empfehle ich: Richte deinen Fokus auf den Prozess, nicht (zu verbissen) auf das Ergebnis.
Tipp von Dr. McGonigal von der Stanford Universität: „Du kannst sehr, sehr kleine Veränderungen/Schritte machen, die dich deinem Ziel näher bringen – ohne genau wissen zu müssen, wie du das Endziel erreichst.“
3. Formuliere deine Ziele positiv
Wie du dein Ziel formulierst, macht einen großen Unterschied. Die Erfahrung zeigt, dass Hin-Zu-Ziele in der Regel wesentlich besser geeignet sind als Weg-Von-Ziele, diese zu erreichen. Bei Hin-Zu-Ziele fokussiert man sich auf das, was man erreichen möchte anstatt auf das, was man vermeiden möchte. Es handelt sich im Wesentlichen um chemische Prozesse im Gehirn. Vermeidungsziele triggern „Beschränkungssysteme“. Positiv formulierte Ziele fördern die Lösungsorientierung und steigern die Motivation.
Denke darüber nach, was du in dir fördern oder was du öfter erleben oder machen möchtest. Zu sagen, „ich will im Triathlon nicht mehr mit den letzten aus dem Wasser kommen“, sorgt nicht für positive Motivation, wenn du imTraining den anderen hinterher schwimmst. Tue dir einen Gefallen und formuliere deine Ziele positiv. Das funktioniert.
4. Bereite dich auch auf Niederlagen oder Rückschläge vor
Momente des Scheiterns oder temporäre Rückschläge sind fast unausweichlich.
Wenn sich diese Erfahrungen summieren geben viele Menschen ihr Ziel schnell wieder auf. Es gibt Studien, die erforscht haben, wie oft wir etwas probieren, bevor wir aufgeben. In Deutschland liegt der Wert bei 0,7 – in den USA immerhin bei 1,4. Jetzt fragst du dich vielleicht, wie überhaupt ein Wert von unter 1 möglich ist. Ganz einfach, viele Menschen geben schon auf, bevor sie überhaupt richtig angefangen haben.
Es liegt in unserem Instinkt, in Momenten des Scheiterns ein Ziel einfach zu verwerfen. Schnell kann es passieren, dass wir in Zweifel und Selbstkritik versinken. Daher erscheint es uns oft einfacher, dass Ziel zu verwerfen als daran festzuhalten.
Ziel ist es nicht, zwischenzeitliches Scheitern und Rückschläge zu verhindern, sondern diese Risiken zu erkennen und Handlungspläne zu erstellen. Wenn du nicht sicher bist, ob du die vom Veranstalter bereitgestellte Wettkampfverpflegung verträgst, dann organisiere deine eigene Verpflegung und bringe die Riegel und Gels zum Wettkampf mit, die du sicher verträgst. Du erstellst sozusagen einen (mentalen) Plan, wie du reagierst, wenn etwas schief geht. Wenn dir auf dem Weg zu deinem sportlichen Ziel Zweifel oder sogar Selbstzweifel kommen, sei nicht überrascht. Zweifel oder negative Gedanken und Dialoge mit sich selbst sind etwas normales. Wichtig ist nur, dass du sie möglichst schnell erkennst und lernst, sie zu überwinden. Wenn sich dir Steine in den Weg stellen oder du Rückschläge erleidest, erinnere dich daran, warum dir dein Ziel wichtig ist. So eine einfache Erinnerung kann negative Gedanken und Selbstgespräche entschärfen und dir neue Motivation geben. Manchmal hilft auch schon ein Gespräch mit einem Vereinskollegen oder einem Freund.
Christian Jaerschke ist Mind Coach und NLP Master. Der aktive Triathlet und Sportpilot ist Gründer von Athletes Mind Tuning, einer Plattform für Triathleten und andere Sportler, die lernen wollen, wie der eigene Geist (Mind) durch erfolgreiche Mental Strategien und Techniken eingesetzt werden kann (Tuning), um sportliche Höchstleistungen zu erzielen. Dafür greift er auch auf seine über 15-jährige Erfahrung als internationaler Management-Berater renommierter Unternehmen und ein Netzwerk an Experten zurück.
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