Ex-Profitriathlet Stephan Vuckovic spricht über seine Arbeit als Trainer und warum eine individuelle Leistungsdiagnostik und eine sehr genaue Dosierung der Intensitäten bei Altersklassenathleten so entscheidend für den Erfolg ist.
Stephan, deine aktiver Zeit als Profitriathlet liegt schon ein paar Jahre zurück, wie lange bist du jetzt schon als Trainer unterwegs und was macht dir an deinem neuen Job besonders viel Freude?
So genau kann ich das gar nicht sagen, wann ich meine Trainertätigkeit angefangen habe. Eigentlich wollte ich das nie machen, aber es muss so knapp zehn Jahre her sein, als mich ein junger Athlet gefragt hat, ob ich ihm bei seinem Training nicht helfen könne, wo ich doch selber schon so lange den Sport mache und sehr viel Erfahrung habe. Eher widerwillig habe ich ihm versprochen, zu helfen, nicht, weil ich es machen wollte, sondern um den jungen, extrem motivierten Athleten, nicht hängen zu lassen. Ein paar Monate später kam ein weitere Athletin mit der Bitte um Hilfe auf mich zu, da sie die Entwicklung des jungen Athleten mit Begeisterung verfolgt hatte. Aus diesen beiden Athleten sind mittlerweile einige mehr geworden, und ich muss sagen, je länger ich diese Tätigkeit ausübe, um so mehr Spaß macht sie mir.
Wenn sich die Athleten ihren Lebenstraum erfüllen und sich für Hawaii qualifizieren, wenn sie ihre erste Olympische Distanz/ Halbdistanz/ Langdistanz finishen, wenn sie neue Bestzeiten aufstellen oder einfach nur mehr Lebensfreude verspüren. Alle diese Dinge erfreuen mich, wenn ich einen Teil zu diesen persönlichen Erfolgen beitragen kann.
Du hast dich in erster Linie auf Altersklassen-Athleten beim Coaching spezialisiert. Warum?
Um einen Profi 100% zu trainieren, braucht man enorm viel Zeit, wenn man es richtig machen will. Und diese Zeit habe ich leider aus privaten und geschäftlichen Gründen nicht. Vielleicht ändert sich das in den nächsten Jahren, aber derzeit ist daran nicht zu denken, da ich auch den Erwartungen des Athleten gerecht werden möchte.
Ist es nicht schwierig, wenn man aus dem Profilager kommt und das Training deutlich vereinfachen und auf ein ganz anderes Zeitbudget „runterbrechen“ muss?
Es ist eine Herausforderung, mit der wenigen Zeit, die ein berufstätiger Athlet – meist noch mit Familie – hat, das Optimum herauszuholen. Genau dann ist es enorm wichtig, mit den richtigen Intensitäten zu arbeiten, da hier der Ansatz der plumpen Umfangserhöhung aus zeitlichen Gründen gar nicht möglich ist und man mit dem geringen Zeitbudget der meisten Athleten sehr behutsam umgehen muss.
Was ist deine Philosophie als Trainer?
Die Gesundheit geht immer vor! Ich bin kein Freund davon, Athleten in wenigen Wochen bzw. Monaten in Form zu bringen, sondern plane immer einen sicheren, defensiven und langfristigen Aufbau. Hierzu gehört, dass am Anfang der Zusammenarbeit Laktat-Leistungstests gemacht werden, ich meinen Athleten erkläre, was es mit diesen Tests auf sich hat und was beim Training in ihren Körpern vor sich geht und wie wichtig es ist, die vorgegeben Intensitäten einzuhalten. Außerdem analysiere ich regelmäßig wichtige Kerneinheiten und wiederhole alle paar Monate die Leistungstests. Das ist mit ein Grund, warum meine Athleten kaum verletzt und selten krank sind und bei fast jedem Wettkampf ihr aktuelles Optimum abrufen können.
Du machst auf Lanzarote im Club la Santa im Frühjahr auch einige Triathlon-Camps. Was ist das besondere an deinen Camps?
Mein Ziel in den Camps ist es, dass die Leute nach Hause gehen und sagen, dass das ein außergewöhnlich gutes Camp war, dass ich mich super um die Gäste gekümmert habe und es sich gelohnt hat, herzukommen. Kleine Gruppen auf dem Rad sind mir wichtig, jeder Gast bekommt eine ausführliche Schwimmanalyse und Lauftechnikprogramme, auch Leistungstests sind vor Ort möglich. Außerdem bietet der Club La Santa einmalige Möglichkeiten für triathlonspezifisches Training.
Die größte Gefahr bei einem Triathlon-Trainingslager ist, dass man in den Tag zu viel Training reinpackt und viele Athleten daraufhin im Übertraining landen. Wie versuchst du das, in deinen Camps zu vermeiden?
Ich versuche gleich am Anfang den Athleten zu erklären, warum die Ruhetage auch in einem einwöchigem Camp wichtig sind. Außerdem gestalte ich die Belastungen so, dass die Gäste auch gerne den Ruhetag in Anspruch nehmen. Die letzten Zweifel an Ruhetagen nimmt meist der Vortrag über Trainingsteuerung und Leistungsdiagnostik.
Du hast dich unter anderem auf das Thema Leistungsdiagnostik spezialisiert. Hat sich das Thema in den letzten Jahren stark weiterentwickelt oder eher nicht? Was sind die wichtigsten Punkte bei einer LD, die man beachten muss?
Ob sich das Thema weiterentwickelt hat, kann ich nicht sagen. Für mich persönlich kann man ohne LD im Ausdauersport nicht das Optimum aus Athleten herausholen. Ich habe über 20 Jahre selber bei mir Leistungstests gemacht und zum Teil mehrere einzelne Kontrollmessungen pro Woche bei intensiven Einheiten durchgeführt, um die Trainingsintensitäten optimal anzupassen.
Bei meinen Athleten mache ich keine standardisierten Leistungstests, sondern entscheide nach einem Gespräch mit dem Athleten, welche Belastungsstufen und Belastungsdauern ich wähle. Dadurch kann ich Belastungsstufen feiner abstufen und bekomme somit genauere Werte (bei standardisierten Tests sind für mein Empfinden meist die Belastungsdauern zu kurz und die Stufen zu weit auseinander, aber das ist meine subjektive Meinung). Außerdem lasse ich die Daten danach nicht durch ein Computerprogramm laufen, sondern analysiere sie von Hand und stelle die Empfehlungen auch individuell zusammen. Das ist zwar deutlich mehr Aufwand, aber für mich persönlich für eine optimale Zusammenarbeit unerlässlich.
Am meisten fasziniert mich jedoch, was man durch die Daten einer Leistungsdiagnostik über das Training des Athleten in den letzten Monaten und Jahren herauslesen kann, selbst wenn man den Athleten vorher nicht gekannt hat. Ist die Kurve konkav oder konvex, wie sind die ersten beiden Messungen, wann steigt die Kurve an und vor allem wie. Alle diese kleinen Details lassen das vorherige Training eines Athleten gläsern erscheinen und man kann sogar Wettkampfleistungen ziemlich genau vorhersagen.
Du kennst den Triathlon-Sport über Jahrzehnte hinweg wie kaum ein anderer. Hat sich trainingstechnisch viel getan oder ist Triathlon immer noch „einfach“ nur Schwimmen, Radfahren und Laufen?
Schwimmen, Radfahren und Laufen waren und werden immer die Mosaiksteine des Formaufbaus sein, in die man die meiste Zeit investieren sollte. In den letzten Jahren ist immer mehr Athletiktraining hinzugekommen, was ich für sehr gut und wichtig empfinde. Die einzige Entwicklung, die mir persönlich in den letzten Jahren leider etwas missfallen hat, ist die Tendenz, Leistung weniger durch “intelligentes” Training als durch Gewichtsverlust zu erreichen.
Vielen Dank Stephan für das Interview