Hintergrundwissen Biestmilch: Herstellungsmethoden

In Neuseeland ist das Kalben auf der ganzen Insel synchronisiert. Zweimal im Jahr kalben die Kühe, im Frühling und im Herbst. Dann ist Biestmilchzeit. Jede Farm hat ihren eigenen Alumi- niumbehälter, in dem die Biestmilch gesammelt und gekühlt wird. In die- sem Container wird die Biestmilch auf vier bis sieben Grad Celsius gekühlt, bis sie von speziellen LKWs abgeholt wird. Zu keinem Zeitpunkt wird sie tief ge- froren. Nachfolgende Herstellungs- methoden ermöglichen es, Biestmilch als Lebensmittel anzubieten

Die Herstellung von Biestmilchpulver
Viehzucht ist integraler Teil des Lebens in Neuseeland. Das Klima erlaubt es, dass die Tiere das ganze Jahr über auf der Weide bleiben. Nur einmal am Tag bewegen sich alle langsam auf die Melkmaschine zu. Dann stehen sie brav an und warten bis sie an der Reihe sind. Während dieses ruhigen, stillen Vorgangs prüfen die Farmer jede Kuh einzeln, ob sie irgendwelche gesundheitlichen Probleme aufweist. Sollte eine Kuh kränklich sein, wird sie von den anderen getrennt und auf einer eigenen Weide gehalten, solange bis sie wieder gesund ist. Den Tieren werden weder prophylaktisch noch für ein schnelleres Wachstum Antibiotika oder Hormone gefüttert.

Der erste Schritt der Verarbeitung besteht in der Entfernung der Fettfraktion. Die flüssige Biestmilch wird nach internationalem Standard pasteurisiert (72 Grad Celsius für 15 Sekunden). Danach wird diese Flüssigkeit durch Verdampfung ankonzentriert. Dem Magercolostrum wird dann die Laktose zu einem großen Teil durch Filtration entzogen. Zurück bleiben circa 5 Prozent Laktose. Nach diesem Produktionsschritt wird die Biestmilch unter niedriger Temperatur sprühgetrocknet. Vom rohen Endprodukt, dem Biestmilchpulver, werden Proben genommen und getestet. Der gesamte Herstellungsprozess ist so optimiert, dass ein sicheres Lebensmittel mit einer einzigartigen und konsistenten Kombination an bioaktiven Molekülen entsteht.

Die Herstellung von Biestmilchmolke
Europäische Biestmilch hat eine andere Geschichte. Das Kalben ist nicht wie in Neuseeland synchronisiert. Das bedeutet, dass das Sammeln der Biestmilch von Kuh zu Kuh erfolgen muss. Das impliziert, dass Biestmilch tiefgefroren werden muss. Die Höfe, die die Kriterien für ein biologisches Rohcolostrum erfüllen, liegen in der Alpenregion weit verstreut, was die Logistik des Einsammelns, jedes Mal wenn eine Kuh gekalbt hat, sehr aufwendig gestalten würde. Eine andere Schwierigkeit in Europa besteht darin, überhaupt ausreichende Mengen an Biestmilch zu bekommen, da die Herden vergleichsweise klein sind. Die grossen Herden sind meist Massentierhaltung und erfüllen die Kriterien für ein Rohcolostrum mit Bioqualität nicht.

In Europa unterscheidet sich der Herstellungsprozess von Biestmilch als frischem Milchprodukt zum Lebensmittel schon wegen der viel geringeren Mengen, die verfügbar sind. Die tiefgefrorene Biestmilch wird zunächst aufgetaut und entfettet. Fett ist die leichteste Fraktion und bildet deshalb die oberste Schicht der Flüssigkeit. Die Flüssigkeit muss nur nach unten abgelassen werden. Ist das Fett entfernt, erfolgt die Kaseinfällung. Dies geschieht durch Lab-Fermentierung (Lab ist ein Enzym, das Eisweiss denaturiert). Dieser Schritt im Prozess ist essenziell, denn Kasein würde das Filtersystem verstopfen, das zur Anwendung kommt, um die auf diese Weise entstehende Biestmilch-Molke nach hygienischen Gesichtspunkten sicher zu machen. Die Molke wird, damit sie mikrobiologisch den Lebensmittelstandard erfüllt, gefiltert. Diese Technik erlaubt es allerdings nicht die Laktose zu entfernen. In flüssiger Biestmilch verbleiben deshalb pro 100 ml ca. 5% – 8% Laktose. In der festen Phase nach der Gefriertrocknung beträgt der Anteil der Laktose ca. 30%.

Die flüssige Form ist empfindlicher als das Biestmilchpulver. Wenn flüssige Biestmilch kühl, trocken und lichtgeschützt aufbewahrt wird, beträgt die Haltbarkeit zwei Jahre. Was während dieses Herstellungsprozesses geschieht, ist eigentlich nichts anderes, als dass am Ende eine Molke aus Biestmilch entsteht.

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Text | Foto/Animation: Dr. Susann Kräftner
Literaturverzeichnis