Mit seinem Gassenhauer „Alles hat ein Ende, nur die Wurst hat zwei“ besang der Musiker Stephan Remmler 1986 das Ende und den Neuanfang einer Liebesbeziehung. Ob – im übertragenen Sinne – 36 Jahre später das Neue, die Aufteilung des Ironman Hawaii auf zwei Lokationen, den Ironman World Championship Saft gibt und Kraft bringt, wage ich zu bezweifeln.
Obwohl ich in meinem Kommentar „Experiment geglückt“ (in der anstehenden Dezember-Ausgabe) der Ironman Group zur Zweiteilung des Ironman Hawaii auf zwei Wettkampftage beglückwünsche, bedeutet das im Umkehrschluss nicht, dass dies auch für die Austragung an zwei verschiedenen Orten gilt. Im Gegenteil.
HAWAII IST UND BLEIBT HAWAII
Natürlich muss sich unsere Sportart weiterentwickeln. Neue Veranstalter, neue Köpfe und neue Verantwortliche entwickeln neue Ideen und innovative Konzeptionen und stellen diese zur Diskussion. Alles jedoch ausschließlich dem Kommerz, der Gewinn- und Umsatzmaximierung zu unterwerfen, kann auch gehörig nach hinten losgehen. Insbesondere dann, wenn an den Marktgegebenheiten und der Erwartungshaltung der Kunden vorbeiagiert wird. Googeln Sie einmal nach „Unternehmen die es nicht mehr gibt“. Ein Blick in die Liste zeigt, wie schnell es gehen kann, ins Hintertreffen zu gelangen. Nicht umsonst haben die Redewendungen „wer hoch hinaus will“ oder „den Zahn der Zeit treffen“ ihre Berechtigung.
Veränderungen sind gleichbedeutend mit einem Verlassen der Komfortzone. Die einen finden sie gut, andere arrangieren sich und einige kommen damit überhaupt nicht zurecht. „Change it, leave it or love it!“ Ich selbst mag Veränderungen, hinterfrage mich regelmäßig, jedoch gibt es auch Bereiche, da lasse ich nur sehr schwer mit mir reden. Und ähnlich sehe ich es mit dem Mythos Hawaii: Der Ironman Hawaii ist das Rennen des Jahres, auf das alle Triathleten schauen, auf das alle Triathleten hintrainieren und der Grund, warum ausdauersportbegeisterte Menschen überhaupt mit Triathlon beginnen. In der Bevölkerung ist Hawaii das Synonym für Triathlon. Auch die Einbindung der drei Worte „Ironman World Championship“ in den Veranstaltungsnamen ist irrelevant. Ironman-Weltmeister hin oder her, alle sprechen zuallererst vom Hawaii-Champion! Das haben die Reaktionen und Berichte über die in St. George ausgetragene Ersatz-WM eindrucksvoll gezeigt. In der Öffentlichkeit zählt nur der Hawaii-Sieg und nicht der Gewinn der Ironman-Weltmeisterschaft, schließlich gibt es im Triathlon Titel en masse (siehe auch Kommentar „Titelverwässerung“ in der Dezember-Ausgabe). Hawaii ist und bleibt Hawaii. Ein Mythos. An diesem zu rütteln, ist für die Ironman Group ein Ritt auf Messers Schneide.
NIZZA ODER WO AUCH IMMER …
Ich gebe zu, die Etablierung eines zweiten Austragungsorts geht an mir ziemlich vorbei. Ganz egal, wo auch immer dieses „zweite Rennen“ ausgetragen wird, welche Lokationen in der Szene heiß diskutiert oder als WM-würdig erachtet werden – NEIN, sie sind es nicht. Punkt. Sie können und werden den seit 1978 entstandenen Mythos auch nicht annähernd erreichen. Selbst die Triathlon-Wettkämpfe bei Olympia konnten seit Sydney 2000 bis heute nicht den Stellenwert erlangen wie das Rennen auf der Pazifikinsel.
Wo letztendlich das Zweitrennen stattfindet, das entscheidet das Geld und hängt wohl auch davon ab, welcher Ort, welche Region oder welches Land bereit ist, einen entsprechend dotierten Scheck für die Austragungsrechte zu unterschreiben. Bleibt zu hoffen, dass die Ironman Group ihre Seele nicht verkauft. Beispiele in der jüngeren Geschichte von Großveranstaltungen gibt es zur Genüge. Obwohl … wie wäre es mit der Halbinsel Katar im Persischen Golf? Schließlich ist Qatar Airways seit einiger Zeit offizieller Airline-Partner der Ironman Global Series.
ES BLEIBT SPANNEND
Ich bin sehr gespannt, wie die Sponsoren und Medien letztendlich reagieren, denn sie haben ab sofort eine weitere Veranstaltung auf ihrer Payroll. Bleibt zu hoffen, dass bei ihnen das Damenrennen aufgrund der zusätzlichen Kosten nicht dem Rotstift zum Opfer fällt. Und die betroffenen Sportler? Auch da fällt mir ein abgewandelter Spruch aus meiner Jugend ein: Stell dir vor, es ist Ironman-WM und niemand will hin!
Kommentar: Klaus Arendt
Foto: Klaus Arendt (Archiv