KID steht für Kraft in der Dehnung. Profi-Triathletin Daniela Bleymehl zeigt mit ihrer Physiotherapeutin Nicole Beulmann fünf effektive Dehnübungen damit Dysbalancen keine Chance haben.
Besonders nach langen Radausfahrten steigt man das eine oder andere Mal etwas „eingerostet“ vom Bike. Um muskulären Dysfunktionen und Verletzungen vorzubeugen, ist es um so wichtiger, Zeit für Mobilisationsübungen und für Athletik zu investieren. Grundsätzlich eignet sich hierfür beispielsweise ein fester Yoga-Termin am Ruhetag – was sich übrigens im Spitzensport auch abseits des Triathlons längst etabliert hat.
Wenn aber dennoch die Zeit für einen seperaten Termin fehlt, empfiehlt es sich, die Mobilisation durch regelmäßige „Eigenübungen“ zu ersetzen oder bestenfalls sogar zu ergänzen. Knapp und effektiv.
In diesem Artikel stellen wir euch die Big 5 der Kraft-Dehnungsübungen für die laufende Saison vor.
Öffnen der Muskelketten
Als Grundbaustein dient das Öffnen der vorderen und hinteren Muskelkette. Diese Ketten neigen bereits durch alltägliche Belastung, wie langes Sitzen dazu, zu verkürzen. Dadurch kann die gesamte Körperstatik in ein Ungleichgewicht geraten, woraus diverse Problematiken entstehen können (siehe tritime women-Artikel „Sitzschlinge“).
Diese zwei Übungen sind bereits aus den bisherigen Artikeln „Läuferknie“ und „Achillessehnenbeschwerden“ bekannt.
Vordere Muskelkette –
Schwerpunkt Hüftöffnung
Der Schwerpunkt der Dehnung liegt auf dem Hüftbeuger im Zusammenspiel mit der Rumpf- und vorderen Oberschenkelmuskulatur. Die Hüfte wird weit geöffnet. Dabei sollte man dennoch versuchen, das Becken weit nach vorne zu schieben (Po-Muskulatur anspannen). Der Oberkörper ist leicht nach hinten geneigt, die Arme sind nach oben gestreckt und die Handinnenflächen zeigen dabei nach vorne, Schultern dabei locker lassen. Das auf dem Boden liegende Knie, der Unterschenkel und Fuß werden in den Boden gedrückt, damit ist die Muskelkette in der Dehnung aktiviert. Diese Position sechs bis acht tiefe Atemzüge halten, danach Seite wechseln.
Hintere Muskelkette –
Schwerpunkt Oberschenkelrückseite und Rückenstrecker
Diese Übung dient vor allem der Öffnung der gesamten hinteren Muskelkette, den Beinbeugern (ischiokrurale Muskulatur) und den Rückenstreckern (Mm. errector spinae). Stellen Sie im stabilen Stand beide Füße etwa hüftbreit auseinander, halten Sie die Knie dabei möglichst gestreckt und neigen Sie den Oberkörper so weit wie möglich nach vorne. Umfassen Sie die dabei die Beine. Dabei sollte der untere Rücken den höchsten Punkt bilden. Der Kopf hängt locker nach unten, Schulter- und Nackenbereich bleiben entspannt. Drücken Sie die Fußspitzen aktiv in den Boden, ohne die Fersen dabei anzuheben. Diese Position sechs bis acht tiefe Atemzüge halten.
Häufig resultieren aus Verkürzungen der vorderen und/oder hinteren Muskelkette Einschränkungen in der rotatorischen Komponente. Diese äußern sich, nicht selten, durch Beschwerden im Schulterbereich, Knieproblematiken wie das Läuferknie oder immer wiederkehrender Beschwerden im Iliosakralbereich.
Die folgenden drei Übungen liefern ein effektives Grundgerüst, um die rotatorische Muskelkette zu Öffnen und Einschränkungen in diesem Bereich entgegenzuwirken.
Seitliche Muskelkette –
Hüftabduktoren und Außenrotatoren, Tractus Iliotibialis (Runners Knee)
Bei dieser Übung steht die seitliche Muskelkette der unteren Extremität im Vordergrund. Die Dehnung wird durch die Anbindung und Vorneigung des Rumpfes intensiviert. Beginnen Sie die Übung wie die Dehnung des Hüftbeugers. Legen Sie den vorderen Unterschenkel vor sich ab (Achtung bei Knieproblemen: diese Übung darf keine Schmerzen im Knie auslösen!). Legen Sie die Unterarme vor dem Knie ab und senken den Oberkörper. Um die Übung zu entschärfen, stützen Sie sich statt der Unterarme auf den Händen ab. Der abgelegte Unterschenkel drückt während der Dehnung in den Boden, um die Muskelkette zu aktivieren. Halten Sie diese Position sechs bis acht tiefe Atemzüge, danach Seiten wechseln.
Seitliche Muskelkette, Hüftabduktoren
– Rotation und Brustmuskulatur
Bei dieser Übung liegt der Schwerpunkt auf der Glutealmuskulatur im Zusammenspiel mit der Rumpfrotation und der vorderen Brustmuskulatur. Legen Sie sich auf den Rücken, beugen Sie ein Bein etwa im rechten Winkel in der Luft an und fassen das Knie mit der gegenüberliegenden Hand, ziehen Sie das Bein zur gegenüberliegenden Seite. Legen Sie den anderen Arm seitlich ab, um die vordere Brustmuskulatur zu öffnen und drehen den Kopf in dieselbe Richtung. Achten Sie darauf, dass Sie während der Übung den Brustkorb weit öffnen und die Schultern locker auf dem Boden liegen bleibe. Drücken Sie während der Dehnung das Knie gegen die Hand, um die Muskelkette zu aktivieren. Halten Sie diese Position sechs bis acht tiefe Atemzüge, danach Seiten wechseln.
Rotierende Muskelkette –
Öffnung hinterer Schultergürtel
Beginnen Sie die Übung im Vierfüßlerstand, legen Sie die Unterarme ab. Die Ellenbogen sind unterhalb der Schulter. Greifen Sie hinter dem gegenüberliegenden Ellenbogen hindurch und legen den Arm ab. Den Kopf ebenso neben dem liegenden Unterarm ablegen und drehen Sie sich sanft in die Rotation. Drücken Sie während der Dehnung den abgelegten Arm gegen den Boden um die Muskelkette zu aktivieren. Diese Position sechs bis acht tiefe Atemzüge halten, danach die Seite wechseln.
Die Autorin Nicole Beulmann ist Physiotherapeutin, Myoreflextherapeutin und Sportphysiotherapeutin im Physiopoint Darmstadt (physiopoint-darmstadt.de). Ihre Spezialgebiete liegen in den Bereichen Bewegungsanalyse & Leistungsoptimierung, Verletzungsprophylaxe & Rehabilitation und Unterstützung der Regeneration.
Fotos: Tom Tittmann | soq.media