Es ist nicht leicht, den Flow zu finden, dass hat auch Florian Teichmann in den letzten Wochen im Training und bei seinen Rennen erfahren. Zeit, eine Pause zu machen? Nein, Zeit aus den Fehlern zu lernen!
Florian Teichmann ist 24 Jahre alt und studiert in Tübingen Philosophie. Unter dem Hashtag #aufdersuchenachdemflow bloggt er über die Themen Philosophie – Triathlon – und seinen Weg zur IM70.3-Weltmeisterschaft nach Chattanooga.
Von meiner Stirn tropft der Schweiß auf den roten Belag der Tartanbahn am Sportinstitut der Universität Tübingen. Meine Lunge schmerzt und mein Rachen ist ganz ausgetrocknet. Ich kann das schnell pulsierende Schlagen meines Herzens unter meinem Laufshirt spüren. Jetzt greife ich an meine Brust und reiße mir den Puls Gurt herunter. Die Schuhe streife ich von den Füßen und kicke sie auf den Rasen in der Mitte der Bahn. Ich lege mich auf den Boden und schließe die Augen.
Die letzten 50 Minuten habe ich in der Nachmittagssonne gegen mich selbst gekämpft. Es stand die letzte Intervalleinheit eines intensiven Trainingsblocks auf dem Programm. Zu Beginn lief noch alles wie geplant, aber schon nach ein paar Wiederholungen konnte ich die Vorgaben nicht mehr einhalten und von da an wurde das Training immer härter, die Sonne immer heißer und meine Laune immer schlechter.
Tübingen – Neckartal, der nächste Tag
Auf meinem Rennrad drehe ich eine lockere Runde bei bestem Wetter durch das Neckartal. Bei einem Espresso auf der Terrasse eines kleinen Cafés denke ich über das Training und die Rennen der letzten Wochen nach. Zu Beginn der Saison hatte ich nicht gedacht, dass die Suche nach dem Flow so schwierig sein wird. Im Training geht es mal gut mal schlecht und in den Sprintrennen fehlt der letzte Punch. Zeit, eine Pause zu machen.
Auf die harte Tour – Erwartungen
In meinem letzten Beitrag habe ich geschrieben, dass Ziele setzen nicht heißt, Erfolg und Misserfolg zu bestimmen. Warum ist das so? Obwohl es auf der Suche nach dem Flow wichtig ist, Ziele richtig zu setzen um Körper und Geist bestmöglich zu fordern, kann man den Flow auch finden, wenn man sein Ziel nicht erreicht. Das liegt daran, dass der Flow ein Bewusstseinszustand ist, der auch auf dem Weg zu diesem Ziel eintreten kann. Meine Erwartung in vielen Trainingseinheiten ist es, diesen Bewusstseinszustand zu erreichen. Dass es nicht leicht ist, den Flow zu finden, musste ich in den letzten Wochen auf die harte Tour lernen. Worauf es jetzt ankommt ist, etwas zu ändern und sich weiter zu verbessern.
Tübingen – unter dem Österberg
Wieder zurück auf der Bahn am Sportinstitut in Tübingen. Es gilt, die selbe Einheit an der ich vor einer Woche gescheitert bin, zu wiederholen. Und dieses Mal soll es besser laufen, denn ich bin beim Lesen in dem Buch „Die Philosophie des Radfahrens“ auf vier einfache philosophische Lektionen gestoßen. Steven Hales hat diese in seinen Beitrag „Auf die harte Tour – Radfahren und philosophische Lektionen“ ausführlich beschrieben. Deshalb habe ich erstens darauf geachtet, mich im Vorfeld entsprechend zu verpflegen, habe zum Training etwas zu trinken mitgebracht und bin ausreichend erholt für eine anstrengende Intervalleinheit.
1. Lektion: Achte darauf, dass Benzin im Tank ist. Dazu habe ich mir auf die linke Hand ‚Hör auf zu heulen!‘ und auf die rechte Hand ‚Reiß dich zusammen!‘ geschrieben.
2. Lektion: Hör auf zu heulen und reiß dich zusammen. Außerdem hat mein Trainer mir einen zweiten Plan mit an die Hand gegeben, falls die Einheit wieder schieflaufen sollte.
3. Lektion: Erwarte das Unerwartete.
Dieses Mal hat alles geklappt und ich hatte am Ende ein Lächeln auf dem Gesicht und wieder etwas dazu gelernt, egal wie lange du den Sport schon machst, von Anfängerfehlern bleibt man nicht verschont!
4. Lektion: Ziehe Freude und Selbsterkenntnis aus Herausforderungen.
Literatur:
Hales, Steven D. 2017: Auf die harte Tour – Radfahren und philosophische Lektionen, in: Ilundain-Agurruza, J. / Austin, M.W. / Reichenbach, P. (Hrsg.), Die Philosophie des Radfahrens, shurkamp, Hamburg.
Text: Florian Teichmann
Foto: Corinna Storr