Im Juni befinden Sie sich auf der Ziellinie Ihrer mehrmonatigen Vorbereitungsphase. Ihre erste Langdistanz steht kurz bevor und die letzten Trainingseinheiten stehen an.
Die bekannte Redewendung „Viele Köche verderben den Brei!“ ist im übertragenen Sinne auch auf den Langdistanzrookie übertragbar. An den letzten Wochenenden vor dem großen Tag sollten Sie sich auf Ihr Training und die langen Einheiten konzentrieren. Unter Berücksichtigung der An- und Abreise und der Regeneration bedeutet jeder zusätzliche Wettkampf ein verlorenes Trainingswochenende. Bedenken Sie, dass Sie für eine Langdistanz vor allem eines benötigen: Umfänge. Und zu viele kurze Veranstaltungen hindern Sie daran. Ein Wettkampf über zwei bis drei Stunden ist sicherlich ein gutes intensives Training, aber er ersetzt keinesfalls die erforderlichen Trainingskilometer. Diese Empfehlung schließt jedoch nicht aus, dass Sie vier bis sechs Wochen vorher einen Vorbereitungswettkampf auf der Kurz- oder Mitteldistanz absolvieren, um neben Ihrem Material und den Abläufen in der Wechselzone auch die Ernährung unter Belastung und Stress einem letzten Härtetest zu unterziehen. Ein weiterer positiver Begleiteffekt ist die Erkenntnis über Ihren aktuellen Leistungsstand. Idealerweise kann dieser Test in der Erholungswoche stattfinden, mit drei lockeren Trainingstagen vor- und nachher.
Mentaltraining
Mentaltraining kann und wird nie ein normales Ausdauertraining ersetzen, es wirkt ergänzend und hilft dabei, nicht nur den Trainingsalltag mit all seinen Facetten der Work-Life-Balance zu bestehen, sondern auch und insbesondere während des Wettkampfes mental nicht zusammenzubrechen. Schließlich stärkt jede überstandene Trainingseinheit, egal bei welchen Witterungsbedingungen, Tempo oder Intensität, nicht nur Ihre Ausdauer, sondern auch Ihre Moral, die sie im Rennen ausspielen können.
In der Ruhe liegt die Kraft
Viele Athleten lassen sich von Vereinskollegen verunsichern und anstacheln. Ein großer Fehler! Nur keine Schwäche zeigen hat schon viele gute Ansätze und Ideen im Ansatz scheitern lassen. Sich bereits im Training mit den Kollegen zu „messen“ führt immer dazu, weit über der eigenen Leistungsfähigkeit zu trainieren und sich zu verbrennen. Gerade im gemeinsamen Training wird sehr viel taktiert und geblufft. Wissen Sie tatsächlich, ob Ihr Partner nur 80 Prozent gibt, während alle anderen bereits am Limit sind? Rückschlüsse aus den Trainingswettfahrten auf das Wettkampfergebnis gehen fast immer „in die Hose“. Aussagen wie „Schon komisch, dass ich gegen den Schorschi im Rennen keine Chance hatte, wo ich ihn im Training immer besiegt habe!“ sind keine Seltenheit.
Gut gemeinte Ratschläge von erfahrenen Triathleten helfen gerade den Einsteigern weiter, ihren Weg zu finden. Jedoch besteht für den Rookie die Kunst darin, das große Ganze und die persönlichen Ziele nicht aus den Augen zu verlieren. Sicherlich führen unterschiedliche Wege zum Erfolg, aber nur wenn Sie geduldig sind und lange genug Ihrer festgelegten Strategie treu bleiben, stellt sich auch der angestrebte Erfolg ein. Ansonsten erklimmen Sie – bildlich gesprochen – letztendlich nicht den Berg, sondern laufen nur im Kreis um ihn herum.
Juni
Der Saisonhöhepunkt steht kurz bevor. Die Umfänge können Sie noch bis zu 2 Wochen vor der Langdistanz relativ hoch halten, da die Intensitäten locker sind und es in erster Linie auf die Ausdauer ankommt. Optimal wäre, wenn der letzte dreiwöchige Trainingszyklus genau zwei Wochen vor dem Wettkampf endet. Danach folgt eine normale Entlastungswoche, gefolgt von einer „Taperingwoche“. Während die Umfänge kaum ansteigen, wird die durch Koppeleinheiten und Intensitäten verursachte Gesamtbelastung insgesamt größer. Im Mittelpunkt des Trainings steht speziell das Laufen nach der langen Radeinheit und das Radfahren vor dem langen Lauf.
Laufen
1 x 2 Stunden: erste Hälfte locker nach Gefühl, zweite Hälfte zügig (10–15 Sekunden (s) pro Kilometer schneller); nach der Hälfte und am Ende 3 x 100 m Steigerungsläufe mit 60 s gehen, um der Monotonie entgegenzuwirken. Idealerweise laufen bei gleichem Puls der Monate Februar/März um 20–30 Sekunden pro Kilometer schneller (vorher 0,5 Stunden Radfahren)
1 x 1 Stunde progressiv: Tempo im Viertelstunden-Rhythmus von ruhig (etwas langsamer als LD-Tempo) bis zügig (etwas schneller als LD-Tempo) steigern
1 x 0,5 Stunden zügig in geplanten LD-Tempo
1 x 0,25 Stunden maximales Tempo als Koppeleinheit nach Schwimmen und Radfahren.
Krafttraining
Einmal wöchentlich, JEDOCH jede Übung nach folgendem Belastungsschema:
5 Wiederholungen mit 70% des Maximalgewichtes + 90s Pause + 4 Wiederholungen mit 80% des Maximalgewichtes + 90s Pause + 3 Wiederholungen mit 90% des Maximalgewichtes;
Vorher unbedingt aufwärmen (10–20 Minuten locker joggen, Rad fahren oder Bauch- und Rückengymnastik)
Schwimmen Einmal wöchentlich:
200 m beliebig einschwimmen
4 x 50 m: 25 technische Übungen + 25 kr beschleunigen von locker bis maximal + 30 s Pause
3.000 kr Dauerschwimmen progressiv (1.000 locker + 1.000 zügig + 1.000 schnell)
Beliebig ausschwimmen
Zusätzlich einmal wöchentlich 15 Minuten kr Dauerschwimmen (mit Neoprenanzug, sofern dieser im Wettkampf erlaubt ist) im See (mit anschließendem Radfahren und Laufen)
Zeitfahrrad
1 x 5 Stunden: 3 Stunden ruhig mit hoher Trittfrequenz + 2 Stunden zügig im LD-Tempo + 0,5 Stunden Laufen
1 x 2 Stunden: zügig, jedoch etwas langsamer als im Wettkampf
1 x 0,5 Stunden maximales Tempo(vorher schwimmen und nachher laufen)
1 x 0,5 Stunden locker kurbeln mit hoher Trittfrequenz (vor dem Laufen)
Bauch- und Rückengymnastik
Zweimal wöchentlich
Beispiel Trainingswoche 1–3: Juni
Montag Bauch & Rücken Gymnastik + Krafttraining
Dientag Koppel kurz: Schwimmen 15 Minuten + Radfahren 30 Minuten +
Laufen 15 Minuten
Mittwoch Bauch- und Rückengymnastik
Donnerstag Koppeleinheit (lang): Radfahren 2 Stunden + Laufen 1 Stunde
Freitag Schwimmen
Samstag Radfahren 5 Stunden + Laufen 0,5 Stunden
Sonntag Radfahren 0,5 Stunden + Laufen 2 Stunden
Trainingswoche 4: Juni
60–70 Prozent der Umfänge der Belastungswochen 1–3
Mitte Juni veröffentlichen wir dann noch etwas zum Thema Tapering.
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Foto: Charlie Crowhurst/Getty Images for Ironman (Ironman Klagenfurt 2015)
Bennie Lindberg Ein schwerer Radunfall beendete Bennie Lindbergs Profikarriere in den frühen Neunzigern. Seit 1995 trainiert er Privatpersonen und Vereine, hält Seminare und Vorträge. Sein Motto: „Ein Trainer hat dann Erfolg, wenn er seine Athleten bei der Verwirklichung ihrer realistischen Ziele unterstützt hat.“ Bennie Lindberg lebt in Roth und ist Inhaber der Firma „Ad Extremum“.