Triathleten haben es in Europa über den Winter nicht so leicht. Während wir noch die Bilder von Hawaii, mit Sonnenschein, tropischen Temperaturen, austrainierten Körpern im Kopf präsent haben, schaut die Realität nach der Umstellung auf die Winterzeit ganz anders aus.
In der Früh, wenn wir uns auf den Weg zur Arbeit machen, ist es immer noch dunkel beziehungsweise die Sonne geht gerade auf. Nach der Arbeit das gleiche Bild. Es dämmert und ohne künstliche Lichtquelle sieht man fast gar nichts mehr. Die „knusprige Luft“ kündigt bereits die ersten Schneefälle an und an Rennradfahren möchte niemand so wirklich einen Gedanken verschwenden. Das Freibad ist seit drei Monaten geschlossen und der Blick in den Spiegel verrät, dass die einst so schöne Hautfarbe mittlerweile wieder mehr in Richtung rosa wechselt. Erschwerend hinzu kommt, dass sich die ersten kleinen Fettpölsterchen bemerkbar machen.
Es ist also höchste Eisenbahn, etwas zu unternehmen. Aber was? Die Wochenenden sind in aller Regel unproblematisch. Schließlich haben die meisten frei und somit steht genügend Zeit zur Verfügung, sich an der frischen Luft zu bewegen. Die vergangenen Jahre haben gezeigt, dass selbst im tiefsten Winter die Außentemperaturen am frühen Nachmittag im schlimmsten Fall nur knapp unter null Grad Celsius liegen. Ideal also für längere Läufe oder sogar schöne Ausfahrten auf dem Mountainbike. An den Werktagen schaut es allerdings schwieriger aus. Ohne Sonnenschein vor und nach der Arbeit sind nicht nur die Temperaturen im Keller, sondern auch die Stimmung. Denn wer läuft oder radelt schon gerne dick eingemummelt und mit Stirnlampe über Stock und Stein? Erschwerend hinzu kommt, dass in dichtbesiedelten Gegenden mit viel Verkehr gerade das Radtraining nahezu lebensgefährlich ist. Somit kann das Radfahren in der freien Natur direkt vom Trainingsplan gestrichen werden. Bleibt also die Frage, wo und wann können wir an den Arbeitstagen das Training am besten in unseren Tagesablauf integrieren? Eine willkommende Abwechslung bietet für die meisten Ausdauersportler während der kalten und dunklen Jahreszeit das Fitness-Studio.
Wo und wann?
Fitness-Center. Fitness-Studio. Muckibude. Kraftraum. Ein beliebtes Kind hat viele Namen. Aber was muss ein Fitness-Center uns Triathleten eigentlich bieten und woran sollten Sie bei der Auswahl des passenden Studios achten, wenn Sie die Qual der Wahl haben und in der näheren Umgebung Ihres Arbeitsplatzes beziehungsweise Wohnortes mehrere Fitness-Center existieren? Idealerweise sollte die Anfahrt inklusive Parkplatzsuche nicht länger als 15 bis 20 Minuten dauern. Wenn in unmittelbarer Nähe Ihres Wunschstudios auch noch eine schöne einigermaßen beleuchtete Laufstrecke existiert, umso besser. Denn wenn Sie unter der Woche ausschließlich Ihr Training im Warmen absolvieren, können Sie sich am Wochenende draußen in der Kälte schnell einen Infekt einfangen. Mit der richtigen Kleidung, einer guten Stirnlampe und in netter Begleitung bringt das Laufen vom Fitness-Studio aus noch mehr Freude. Außerdem stärkt das regelmäßige Draußenlaufen das Immunsysten. Ein weiterer wichtiger Faktor sind die Öffnungszeiten. Ein Fitness-Center, dessen Türen verschlossen sind, wenn Sie Zeit haben zum Trainieren haben, nützt Ihnen wenig. In den Ballungsgebieten haben die meisten Studios an den Werktagen zwischen 6.30 und 22.30 Uhr geöffnet. Welches Angebot für Sie das geeignetste ist, hängt von Ihren ganz persönlichen Bedürfnissen ab. Wetterresistente Hardcore-Triathleten, die das ganze Jahr über draußen Radfahren und Laufen, reicht ein rudimentär ausgestattetes Studio mit den gängigsten Geräten oder Freihanteln. In aller Regel ist für diese Zielgruppe, die einmal wöchentlich die Gewichte stemmen, eine Zehnerkarte die günstigste Variante. Alle anderen sollten sich beraten lassen und sich ausführlich informieren, welche Leistungen und Services für ihre Anforderungen am ehesten zutreffen.
Ausstattung?
Moderne Fitness-Center bieten mittlerweile weitaus mehr als „nur“ Krafttraining in ihrem Produktportfolio an. Wer Glück hat, findet sogar ein Studio mit angeschlossenem Schwimmbad oder Ballsportmöglichkeiten. Sauna und Wellness-Bereich gehören mittlerweile bei fast allen Anbietern zur Grundausstattung. Achten Sie insbesondere auf die Ausstattung des Cardio-Bereiches. Je umfangreicher das Angebot ist, umso interessanter und abwechslungsreicher können Sie Ihr Training gestalten. Nichts ist langweiliger, als immer wieder auf das Laufband und den Ergometer angewiesen zu sein. Stepper, Rudergeräte und Elipsen-Crosstrainer sind passende Ergänzungen. TV-Geräte im Cardio-Bereich oder die Möglichkeit, an den Geräten verschiedene Radioprogramme zu empfangen, können für einen weiteren Motivationsschub sorgen. Auch wenn die Kommunikation mit anderen Clubmitgliedern darunter leidet. Berücksichtigen Sie aber auch, dass gerade neuere Hallenbäder Fitness-Bereiche mit den gängigsten Geräten integriert haben.
Trainingsinhalte?
Versuchen Sie gerade zu Beginn der anstehenden Saison möglichst abwechslungsreich zu trainieren. Nutzen Sie bei Ihren Trainingseinheiten alle zur Verfügung stehenden Geräte. Veranstalten Sie doch einfach Ihren ganz persönlichen Indoor-Triathlon auf drei beliebigen Cardio-Geräten. Starten Sie mit je zehn Minuten auf jeder Maschine. Nach einigen Wochen schaffen Sie bereits mehrere und leicht progressive Durchgänge bei denen die letzten dreißig Minuten die intensivsten sind. Je näher der Frühling naht, desto triathlonspezifischer können Sie diese Trainingsform gestalten. Steigen Sie auf Zugseilübungen, Fahrradergometer und das Laufband um. Halten Sie sich aber bitte nicht nur im Cardio- und Kraftbereich auf. Auch die Kurspläne haben einiges an Abwechslung zu bieten. Hot Iron, Aerobic, Pilates, Step, Fatburner, Tae Boe, Boxtraining, Bauch-Beine-Po, allgemeine Gymnastik und vieles mehr. Egal wie die Kurse auch heißen mögen, es gibt praktisch jedes Jahr einen neuen Fitnesstrend, den im Winter auszuprobieren sich lohnt. Die Mischung macht’s und letztendlich kann fast jeder Kurs in Kombination mit dem spezifischen Training uns Triathleten weiterbringen. Wie zum Beispiel die Stunde Aerobic zum „Aufwärmen“ vor der Krafttrainingseinheit. Manch einer hängt dagegen nach dem Krafttraining noch eine Spinningstunde an. Andere wiederum gehen vor dem Spinning draußen laufen oder zählen Kacheln, wenn ein Schwimmbad dem Studio angeschlossen ist.
Intensitäten?
Sie sehen, durch die Trainingsbausteine Laufen, Schwimmen, Krafttraining, Kardiotraining und den Kursangeboten gibt es unzählige Kombinationen, das Training den ganzen Winter über abwechslungsreich und interessant zu gestalten. Solange Sie die Intensitäten (wie zum Beispiel auf den Kardiogeräten) selbst steuern können, ist es einfach, das Training im Fitnesscenter zu planen und zu kontrollieren. Problematisch wird es erst dann, wenn Sie zu viele Kurse besuchen, die Intensitäten vom Kursleiter vorgegeben werden und Sie immer mithalten möchten. Selbstbeherrschung ist hier das Schlüsselwort. Häufig hilft auch ein lockerer Dauerlauf vor einer Spinningeinheit, sich darin nicht völlig zu verausgaben. Wenn Sie sich dem allgemeinen Gruppenzwang nicht entziehen können, sollten sie nicht öfter als einmal wöchentlich einen hochintensiven Kurs besuchen.
But don’t forget!
Triathlon ist und bleibt eine klassische Outdoor-Sportart. Deshalb sollten Triathleten auch in der Lage sein, bei allen Witterungsbedingungen ihre Passion auszuüben und zu trainieren. Auch wenn bei Schnee und Kälte das Laufband oder das Spinningrad bequem erscheinen, so ist es keinesfalls vergleichbar und ersetzbar mit einer Trainingseinheit in der freien Natur. Spätestens im Frühjahr sollte die Zeit im Fitnesscenter auf die Krafteinheiten reduziert werden, um das restliche Training sportspezifisch auf der Straße, im Gelände und im See zu absolvieren!
Text: Bennie Lindberg
Foto: fotolia.de/WavebreakMediaMicro
Bennie Lindberg Ein schwerer Radunfall beendete Bennie Lindbergs Profikarriere in den frühen Neunzigern. Seit 1995 trainiert er Privatpersonen und Vereine, hält Seminare und Vorträge. Der Buchautor und Hersteller der ADDX-Neopren-anzüge lebt in Roth und ist Inhaber der Firma „Ad Extremum“. Bennie Lindberg misst seine Erfolge als Trainer nicht anhand errungener Medaillen und Meisterschaftstitel. Ein Sportler, der seinen ersten Triathlon absolviert hat, erfüllt ihn mit nicht weniger Stolz als ein nationaler Meistertitel, Welt-meister oder Ironman-Sieger: „Ein Trainer hat dann Erfolg, wenn er seine Athleten bei der Verwirklichung ihrer realistischen Ziele unterstützt hat.“