Vor einigen Jahren warben ein paar Unternehmen damit, dass ein Rennabbruch keine Option ist, beziehungsweise im Falle eines möglichen Ausstiegs der Tod sogar vorzuziehen sei.
Auch wenn Letzteres sicherlich mit einem Augenzwinkern gemeint war, scheinen sich die dazugehörigen Werbeslogans im Gehirn mancher Sportler fest eingeprägt zu haben. Ich erinnere mich noch sehr gut an den starren Blick und die glasigen Augen eines älteren Athleten, der sich vor ein paar Jahren bei einer Langdistanz ganz langsam und in leichten Schlangenlinien Meter um Meter gehend vorwärtskämpfte. Auf mich wirkte er wie in Trance und zu keinem klaren Gedanken mehr fähig. Als er wenige Meter später mit einem „Papa, Du schaffst das!“ und einem „Du hast nur noch 25 Kilometer, nur nicht aufgeben!“ angefeuert und umjubelt wurde, erwachte er für einen kurzen Moment aus seiner Lethargie und begann zu laufen, um keine 50 Meter weiter wieder in den Wanderschritt zu wechseln. Wenig später bemerkte ich einen sehr jungen Triathleten, der sich ein paar Meter abseits der Strecke übergeben musste und das Gleichgewicht verlor. Ich eilte zu ihm und versuchte, zu helfen. Glücklicherweise war er ansprechbar. Nach einem kurzen Gespräch gab er mir die Mobilfunknummer seiner Lebensgefährtin, um ihr mitzuteilen, dass er aussteigt und sie ihn im nächsten Sanitätszelt abholen soll, bis zu dem ich ihn noch begleitete.
#gohardorgohome ! Wirklich?
Ähnliche Verhaltensmuster sind auch auf das tagtägliche Training übertragbar. Beobachtungen in Trainingscamps, die für etliche Ausdauersportler bereits den ersten Saisonhöhepunkt darstellen, oder Kommentare in den sozialen Netzwerken mit dem Hashtag „go hard or go home“ oder „no pain no gain“ sprechen Bände. Kein Wunder, dass einige Trainingsweltmeister sich regelmäßig mit Infekten herumschlagen oder sich bereits im Übertraining befinden.
Letztendlich muss jeder Sportler für sich selbst entscheiden, wie er die Signale seines Körpers interpretiert und darauf reagiert. Bereits beim ersten kleinen Wehwehchen aufzugeben, kann bei einem kurzen hochintensiven Trainingsintervall oder in einem Wettkampf der falsche Weg sein. Seine Gesundheit und bleibende Schäden billigend in Kauf zu nehmen oder sogar das Leben aufs Spiel zu setzen, ist sicherlich keine Option, ein „DNF“ auf jeden Fall.
Text: Klaus Arendt