Last Minute Skills: Laufen

Last Minute Skills Laufen: Erfolgreich Finishen
Last Minute Skills Laufen: Erfolgreich Finishen

Ein guter Trainingsplan muss Ausfallzeiten wie für Arbeit, Krankheiten, leichte Verletzungen und Familienverpflichtungen verkraften. Es bringt nichts, nach hinten zu blicken oder zu hadern, um dann das verpasste Training oder wichtige Schlüsseleinheiten übermotiviert nachzuholen. Dies ist meist nicht zielbringend und mündet meist in Verletzungen, Frustration, Selbstzweifeln und schlechter Form. Das muss nicht sein! Viel entscheidender ist es, die letzten Wochen vor dem Wettkampf strukturiert und konzentriert die noch entscheidenden Einheiten zu absolvieren, um sich das nötige Selbstvertrauen zu erarbeiten. Konzentrieren Sie sich (gemeinsam mit Ihrem Trainer) auf die „Last Minute Skills“.

Für das kardiovaskuläre (Herz-Kreislauf) und strukturelle (Muskeln und Bänder) System des Körpers ist die dritte Teildisziplin im Triathlon – das Laufen – sehr anspruchsvoll. Je nach Streckenlänge beanspruchten bereits das vorangegangene Schwimmen und Radfahren beide Systeme unterschiedlich stark. Beim abschließenden Lauf kommt noch hinzu, dass erstmalig das eigene Körpergewicht getragen werden muss. Hier ist es in der Vorbereitung sinnvoll, beide Systeme über ein zielgerichtetes Training mit der richtigen Lauftechnik und einer guten Mischung aus Ausdauer- und Tempotraining vorzubereiten. Die letzten vier bis sechs Wochen finalisieren eine mehrmonatige Vorbereitung und sind für die Form am Renntag bedeutsam. Arbeiten beim Laufen alle Systeme harmonisch und ökonomisch zusammen, sollten die antrainierte Lauftechnik, die Ausdauer und das Tempo im Rennen durch eine Zuspitzung und Fokussierung des Trainings in den letzten Wochen abrufbar sein.

AUSDAUER

Für die Ausdauer ist es in den letzten Wochen vor dem Rennen sinnvoll, auf die Kombination Laufen/Rad zu setzen. Dies ermöglicht es ohne beziehungsweise mit geringer Belastung des Muskel-Band-Systems, den Fettstoffwechsel- oder den Grundlagenlauf fortzuführen. Anstatt beispielsweise eines Drei-Stunden-Laufes für die Langdistanz werden „nur“ zwei Stunden gelaufen und ein bis zwei Stunden anschließend Rad gefahren. Durch die Laufvorbelastung fällt es nicht schwer, die optimalen Herzfrequenzbereiche zu erreichen oder diese zu halten. Zudem bringt das Radfahren noch einen regenerativen Effekt mit sich. Diese Einheit lässt sich auch für alle anderen Distanzen runterbrechen. Wer einen langen Lauf, wie es oftmals heißt, für den Kopf benötigt, kann jenen aber auch durchaus mit einem genügenden zeitlichen Abstand zum Rennen komplett absolvieren.

LAUFÖKONOMIE

Die Laufökonomie ist von großer Bedeutung. In den letzten Wochen kann man die Lauftechnik nicht mehr gänzlich verbessern oder gar umstellen. Hier ist es dienlich, sich auf die wesentlichen Punkte zu konzentrieren. Nach dem Einlaufen sollte ein kurzer Technikblock durchgeführt werden. Konzentrieren Sie sich dabei auf maximal drei Übungen – ganz egal, welche –, und wiederholen Sie diese mehrmals. Entscheidend sind hierbei die Arme: Achten Sie auf einen spitzen Winkel im Ellenbogen (Läuferdreieck), und lassen Sie die Arme locker parallel zum Körper pendeln. Wenn die Beine im Wettkampf leer sind, können Sie über den Armrhythmus eine hohe Schrittfrequenz und kurze Bodenkontaktzeit ermöglichen. Achten Sie während des Trainings auch darauf, dass der Körper stets aufgerichtet und die Hüfte gestreckt ist. So ermöglichen Sie einen Fußaufsatz unterhalb des Körperschwerpunktes. Diese Skills sollten Sie sich während der letzten Trainingswochen aneignen und verfestigen. Dienlich ist es, dass Sie sich auch die korrekten Bewegungsabläufe immer wieder visualisieren. Durch ein begleitendes Athletiktraining schaffen Sie die körperlichen Voraussetzungen für einen ökonomischen, sprich energiesparenden Laufstil.

PACING

Entscheidend für den großartigen Zieleinlauf ist das Pacing. Wer hierbei und bei der Nahrungsaufnahme keinen Fehler macht, kommt gut ins Ziel. Absolvieren Sie deshalb in den letzten Wochen vor Ihrem Rennen so viele Läufe wie möglich in der angestrebten Rennpace. Diese lassen sich als Intervalle (leicht über der Rennpace), Steigerungsläufe (Crescendo), Koppelläufe als Intervalle, nicht zu lange Läufe im WSA-Bereich oder mit der Dauermethode absolvieren. Hierbei entwickeln Sie das Gefühl für Ihr Tempo. Dabei kann es hilfreich sein, ein paar Wochen vor dem Rennen eine Leistungsdiagnostik durchzuführen und/oder mit dem Trainer gemeinsam die Rennpace festzulegen, nach der zuletzt trainiert wurde und der Wettkampf bestritten werden soll. Die Kommunikation zwischen Athleten und Trainer ist – je näher es in Richtung Wettkampf geht – von großer Bedeutung. Hier sollten Sie Ihrem Trainer vertrauen und im Rennen nicht alles Besprochene über Bord werfen, nur weil das (aktuelle) Gefühl so gut ist. Der Verfasser hat 2022 für und gemeinsam mit der Siegerin des Ironman Maastricht die Pace für den abschließenden Marathon auf 3:06:10 Stunden gesetzt. Marit Bergmann absolvierte den Marathon in 3:08 Stunden. Neben dem Pacing passte auch die Nahrungsaufnahme. Auch diese sollte vor dem Rennen, insbesondere während der Einheiten im Wettkampftempo, geübt werden. Testen Sie im Vorfeld die vom Veranstalter angebotene Verpflegung, oder verwenden Sie Ihre gewohnten Produkte. Trainieren Sie Ihren Darm, um mit den hoch konzentrierten unterschiedlichen Zuckerarten zurechtzukommen. Wenn dies im Rennen nicht funktioniert, ist jegliche antrainierte Laufform unbedeutend.

NO-GOs

Wie bereits beschrieben, ist es nicht ratsam, verpasste Einheiten nachzuholen. Denn nur so ist eine ausreichende Regeneration zwischen den Laufeinheiten gewährleistet, und die wird mit ansteigendem Alter immer wichtiger. Zu vermeiden sind außerdem Regenerationsläufe, denn durch die (exzentrische) Belastung der Muskulatur findet hier keine (echte) Regeneration statt. Vorzuziehen – ebenso bei leichteren Verletzungen – ist das Aquajoggen, das durchaus auch anspruchsvoll sein kann. Reduzieren Sie ebenfalls das Maximalkraft- und Schnelligkeitstraining auf einmal wöchentlich.

Wenn Sie die zuvor beschriebenen Punkte während der letzten Wochen zur Optimierung Ihrer Form beachten und sich die Skills angeeignet haben, wird das Laufen und der Zieleinlauf zum Genuss! Viel Spaß dabei.

Text: Stavro Petri von YEAH!Sport
Foto: Pablo Blazquez Dominguez | Getty Images for IRONMAN