RICHTIG TRAINIEREN MIT HEUSCHNUPFEN

Richtig trainieren mit Heuschnupfen
Richtig trainieren mit Heuschnupfen

Ganz langsam wird es wieder so weit: Die Sonne scheint, ein laues Lüftchen weht – doch nicht jeder kann sich über das schöne Wetter freuen. Denn viele Triathleten leiden im Frühling und Sommer unter juckenden Augen und einer laufenden Nase. Die gute Nachricht: Studien zeigen, dass auch bei einer Heuschnupfen-Allergie Sport in der freien Natur guttut. Doch es lohnt sich, beim Training einiges zu beachten.

Fast jeder fünfte Deutsche schlägt sich mit Heuschnupfen herum, und das mit steigender Tendenz. Unter Heuschnupfen (Pollinosis) versteht man eine Allergie gegen Pollen, also gegen den Blütenstaub von Pflanzen. So mancher denkt vielleicht, spätestens im Mai das Schlimmste überstanden zu haben. Doch nach Hasel, Erle, Birke, Eiche, Buche und Esche folgen oft schon Ende Mai die Pollen von Gräsern, Roggen und anderen Getreiden. Diese blühen oft bis in den August hinein. Kräuter wie Beifuß, Nessel und Wegerich sogar bis in den September.

Symptome

„Kommen die Pollen in Kontakt mit den Atemwegen, lösen sie die typischen Beschwerden wie juckende gerötete Augen, laufende Nase und Niesattacken aus“, sagt Privatdozentin Dr. Kristine Breuer, Allergologin aus Reinbek bei Hamburg und selbst begeisterte Triathletin. Weitere häufige Symptome: Kopfschmerzen, Müdigkeit, Abgeschlagenheit. Bei Sportlern mit Heuschnupfen sind die Beschwerden oft besonders stark. Das liegt daran, dass sie durch die körperliche Anstrengung beim Laufen oder Radfahren intensiv Luft einatmen – und dadurch noch mehr Pollen aufnehmen. Norbert Mülleneisen, Leiter des Asthma und Allergie Zentrums Leverkusen, erklärt: „Da die Pollen allergieauslösender Pflanzen nur ein- bis sechs Hundertstel Millimeter groß sind, gelangen sie beim Einatmen nicht nur in die Nase, sondern bis in die Bronchien und oft sogar in noch tiefere Lungenabschnitte.“ Daher hieß es lange Zeit in der Wissenschaft: Pollenallergiker sollten sich so wenig wie möglich im Freien bewegen und auf Leistungssport möglichst verzichten, um den Körper nicht zu sehr zu belasten.

Sport ist wichtig, aber richtig!

Heute zeigen Studien zum Glück etwas anderes: Sport in der freien Natur ist auch für Heuschnupfen-Patienten wichtig. Denn beim Training verbessert sich die Durchblutung, die Lungentätigkeit wird angeregt. Außerdem wird das Immunsystem gestärkt und die Gefahr für Virusinfektionen gesenkt. Vorausgesetzt, es werden einige Vorsichtsmaßnahmen getroffen. Besonders wichtig ist beispielsweise das richtige Timing beim Training. Beispiel: Wer in einer Stadt wohnt und vor Ort Triathlon machen möchte, sollte die Morgenstunden nutzen. Dann fliegen dort nämlich die wenigsten Pollen. Auf dem Land hingegen ist die Pollenbelastung am Abend am geringsten.

Ursachen

Warum einige Menschen eine Allergie gegen Pollen entwickeln und andere nicht, ist nicht abschließend erforscht. Die Vererbung spielt offenbar eine wichtige Rolle. Auch Tabakrauch in der Kindheit soll das Risiko erhöhen, eine Allergie zu entwickeln. Eine übertriebene Hygiene in der Kindheit wirkt sich anscheinend ebenfalls negativ aus („Hygienehypothese“). Fakt ist: Beim Allergiker liegt eine Überreaktion des Immunsystems vor. Das Immunsystem reagiert übermäßig auf bestimmte körperfremde Substanzen der Umwelt – in diesem Fall auf Pollen. Die Pollen werden wie Krankheitskeime betrachtet, obwohl sie eigentlich keine Gefahr für die Gesundheit darstellen. Glücklicherweise reagieren Pollenallergiker nicht auf jede Pollenart mit Beschwerden. Um herauszufinden, gegen welche Pollen man allergisch ist, sollte man einen Allergologen aufsuchen. Dr. Kristine Breuer: „Der Arzt führt einen Allergietest (Hauttest) sowie Laboruntersuchungen durch. Im Blut können gegebenenfalls spezifische Antikörper gegen Pollen nachgewiesen werden.“

Risiko allergisches Asthma

Wichtig: Der Heuschnupfen sollte schnellstens behandelt werden. Sonst kann daraus leicht allergisches Asthma entstehen. Der Arzt spricht vom „Etagenwechsel“. „Die Symptome rutschen von der Nase sozusagen eine Etage tiefer, wandern in die Bronchien der Lunge“, erklärt Mülleneisen. Grund: Nase und Lunge haben ähnliche Schleimhäute, auf denen sich die allergieauslösenden Stoffe ausbreiten können. Typische Symptome bei allergischem Asthma: Husten, pfeifende Atmung, Luftnot. Besonders belastend ist der trockene Reizhusten, der sich oft einstellt. Wie beim Heuschnupfen sind auch beim allergischen Asthma Allergene die Auslöser. Man unterscheidet saisonabhängige Allergene wie Blüten- oder Gräserpollen von ganzjährig vorkommenden Allergenen, wie Hausstaub oder Schimmelpilzen. Und auch Nahrungsmittel wie Mehlstaub können Auslöser sein. Werden sie eingeatmet und kommen in Kontakt mit den Bronchien, lösen sie eine allergische Reaktion des Körpers aus, die lebensbedrohlich werden kann. Inzwischen ist auch bekannt, dass es bestimmte Trigger gibt: So kann beispielsweise großer Stress einen Asthmaanfall auslösen.

Therapie

Die Behandlung einer Allergie beginnt meist damit, dass der Kontakt zum auslösenden Allergen vermieden wird. Bei Pollen ist das aber oft nur begrenzt möglich – schließlich kann man sich nicht wochenlang in einem sterilen Raum verschanzen. Doch es gibt andere Möglichkeiten, die Beschwerden zu beseitigen oder zumindest besser in den Griff zu bekommen. Für die Therapie des Heuschnupfens und auch des allergischen Asthmas stehen zahlreiche gute Arzneien zur Verfügung: Medikamente, welche die Bronchien erweitern, entzündungshemmende Mittel wie Kortison sowie antiallergische Präparate, sogenannte Antihistaminika. Örtlich angewendet, zum Beispiel als Spray für die Atemwege, hat Kortison viel weniger Nebenwirkungen als in Tabletten- oder Spritzenform. Vorbeugend und langfristig angelegt, ist die spezifische Immuntherapie, auch Hyposensibilisierung genannt. Allergie-Experte Mülleneisen erklärt: „Dabei werden die Allergene in aufbereiteter Form unter die Haut gespritzt. Das Immunsystem lernt nach und nach, mit den Allergenen umzugehen, die auslösenden Stoffe werden nicht mehr als Fremdkörper bekämpft.“

Inzwischen kann die Hyposensibilisierung auch nahezu in Eigenregie durchgeführt werden, denn es gibt therapeutische Allergenextrakte auch in Form von Tropfen und Tabletten, wie Dr. Kristine Breuer berichtet. Natürlich sollte eine solche Behandlung weiter in enger Abstimmung mit dem Arzt erfolgen, um das Ansprechen der Therapie zu kontrollieren. Auch regelmäßige Lungenfunktionstest sind bei Menschen mit Asthma empfehlenswert. Jeder Triathlet kann außerdem selbst einiges dazu beitragen, um die Zeit des Pollenflugs nicht nur gut zu überstehen, sondern auch gute Leistungen zu erbringen.

Das Triathlon-Training gut planen: wertvolle Tipps

Pollenflugvorhersage beachten

Verschiedene Anbieter und Apps liefern standortbezogene Werte und Vorhersagen des Pollenflugs, Wetters und der Luftqualität. Diese aktuelle Pollenflugvorhersage gibt während der Heuschnupfen-Saison oft eine gute Orientierung.

Richtige Tageszeit zum Trainieren

Für Pollenallergiker gilt für den Sport die Regel: in der Stadt morgens trainieren, auf dem Land abends. Der Grund: Die Konzentration der Pollen ändert sich im Laufe des Tages und hängt von der Umgebung ab. In der Stadt ist generell morgens die Luft besser, auf dem Land ist es andersherum.

Auch Regen mal zum Training nutzen

Bei Regen ist die Luft klarer. Mit regenfester Kleidung können Pollenallergiker daher bei Regenwetter meistens beschwerdefrei trainieren. Das gilt vor allem fürs Lauftraining. Radfahren ist wegen nasser und dadurch mitunter rutschiger Straßen herausfordernder. Aber Vorsicht: Nach Gewittern ist die Luft oft mit Pollenpartikeln angereichert, das Risiko für Asthmaanfälle ist dann stark erhöht (sogenanntes „Thunderstorm-Asthma“)!

Weniger stark belasten

Während des Pollenfluges sollten sich betroffene Triathleten im Freien weniger intensiv belasten als sonst. Denn es gilt: Je höher die körperliche Anstrengung, umso größer ist auch die Pollenbelastung der Atemwege.

Beim Sport eine Brille tragen

Auch beim Joggen kann es sinnvoll sein, eine Brille zu tragen. Diese kann verhindern, dass unnötig viele Pollen in die Augen kommen und eine allergische Reaktion auslösen.

Sofort nach dem Sport duschen und Haare waschen

Damit die Pollen schnell „abgewaschen“ werden und vor allem nicht in Nase und Augen dringen, hat es sich bewährt, sofort (!) nach dem Sport zu duschen und auch die Haare gleich mit zu waschen. Auch an sportfreien Tagen gilt: In der Pollenflugzeit am besten täglich die Haare waschen. Wer eine empfindliche Kopfhaut oder empfindliche Haare hat, sollte mit dem Arzt kurz bereden, welches Shampoo empfehlenswert ist.

Nicht im Schlafzimmer ausziehen

Um die Pollenbelastung im Schlafzimmer möglichst gering zu halten, sollte man die beim Sport getragene Kleidung in einem anderen Zimmer ausziehen und ablegen. Das gilt auch für die Kleidung, die man sonst tagsüber am Arbeitsplatz trägt. Empfehlenswert ist außerdem, die draußen getragene Kleidung nach jeder Nutzung zu waschen.

Zur richtigen Zeit lüften

In den Mittags- und Nachmittagsstunden befinden sich die meisten Pollen in der Luft. Zu diesem Zeitpunkt sollten die Fenster geschlossen bleiben. Besser ist es, in den späten Abendstunden zu lüften, wenn die Pflanzen ihre Aktivitäten herunterfahren. Während es regnet, kann ebenfalls gut gelüftet werden.

Häufiger die Wohnung putzen

Experten raten, während der Pollensaison häufiger die Möbel abzuwischen und den Fußboden zu säubern. So bleibt die Pollenkonzentration in der Wohnung gering. Dabei möglichst eine Atemmaske tragen oder eine andere nicht allergische Person bitten, die Wohnung zu reinigen.

Urlaub genau planen

Bei der Urlaubsplanung sollte man versuchen, Gebiete mit geringem Pollen- oder Sporenflug auszuwählen. Vor allem in den Bergen und am Meer ist die Pollenbelastung viel geringer. Allergiker mit einer Eschenpollen-Allergie sollten Mittelmeerländer meiden. Hier fliegen nämlich häufig Olivenpollen, die ähnliche Allergene enthalten wie Eschenpollen.

ANMERKUNG

Wer unter Heuschnupfen leidet und an Triathlon-Wettkämpfen teilnehmen möchte, sollte mit dem Arzt die Einnahme möglicher Medikamente bereden. Denn einige Medikamente gelten aufgrund der Inhaltsstoffe als Dopingmittel, wie beispielsweise Kortison und Beta-2-Agonisten. Eine detaillierte Auskunft über die Verwendung der enthaltenen Wirkstoffe innerhalb- und außerhalb von Wettkämpfen sollte vor der Einnahme eingeholt werden. In der NADAmed-Medikamentendatenbank (nada.de/medizin/nadamed) sollten die verwendeten Mittel auf ihre Dopingrelevanz überprüft werden.

Autorin: Gabriele Hellwig
Foto: Holger Schmidt