Triathlontrainer gibt es mittlerweile wie Sand am Meer, aber wie finde ich den richtigen Coach. Ex-Profitriathlet und Trainer Stephan Vuckovic gibt wichtige Denkanstösse und hilfreiche Tipps.
Wenn ich auf meine eigene Karriere zurückschaue, habe ich mir meine Trainer meist nach demselben Prinzip ausgesucht. Zuerst bin ich durch die Leistung von Trainingspartnern oder anderen Sportlern auf den Trainer aufmerksam geworden.
Habe ich gesehen, dass sich dieser Sportler außergewöhnlich entwickelte, suchte ich weitere Athleten, die bei diesem Trainer trainierten, um zu sehen, ob diese sich auch so gut entwickelten oder ob die meisten von ihnen permanent krank oder verletzt waren oder sich leistungsmäßig weniger gut entwickelten.
Ein Trainer, der nur vereinzelt Erfolge hat, aber einen Berg an verletzten Athleten hervorbringt, kam für mich nicht in Frage. Auch die Trainingsinhalte dieser Sportler versuchte ich zu analysieren, um zu erkennen, ob etwas „Neues, Interessantes“ dabei war.
Eine gute Recherche ist die halbe Miete
War ich nun vom Trainer, seinen Trainingsinhalten und Athleten überzeugt, habe ich den Kontakt zu ihm gesucht, ihm meine Ziele vorgestellt und gefragt, ob er sich eine Zusammenarbeit vorstellen könne. Heutzutage eröffnet einem das Internet allerdings ganz andere Möglichkeiten, wobei das Fluch und Segen zugleich ist.
Man hat relativ schnell jede Menge Informationen über Trainer, dessen Philosophien und über seine Athleten zur Hand, aber ob das alles stimmt, was man liest, ist in meinen Augen nicht zu unterschätzen. Müsste ich heute einen Trainer suchen, würde ich mir selbst erst einmal ein paar grundlegende Fragen beantworten.
Was will und brauch ich überhaupt?
– Wie viel Erfahrung im Ausdauersport bzw. im Triathlon habe ich?
– Will ich eine individuelle Betreuung oder reichen mir allgemeine Richtlinien?
– Wie häufig will ich mit meinem Trainer kommunizieren?
– Wie häufig will ich ihn sehen bzw. soll er mich sehen?
– Wie oft brauche ich Feedback von meinem Trainer?
– Wie wertet er mein Training aus?
– Was muss mein Trainer können/leisten?
– Muss mein Trainer selbst erfolgreich gewesen sein? Muss er Trainerscheine haben?
– Wo liegt mein finanzielles Budget für den Trainer?
– Wo liegt mein finanzielles Budget für Equipment?
Sicherlich gibt es noch einige weitere Dinge, über die man sich im Klaren sein sollte, aber diese Fragen sind schon einmal ein erster Schritt in die richtige Richtung.
Ein persönliches Gespräch hilft weiter
Das Internet, Empfehlungen von anderen Athleten, von Fachzeitschriften und -magazinen etc. liefern mittlerweile eine Vielzahl an möglichen Trainern. Hier hilft einem der eigene Fragenkatalog, die Vielzahl an Trainern auf ein paar wenige einzuschränken. Diese würde ich kontaktieren und in persönlichen Gesprächen, den zu mir am Besten passenden auswählen.
Einem Anfänger, der relativ wenig Erfahrung im Triathlon hat, reichen am Anfang sicherlich allgemeine Trainingspläne beziehungsweise Richtlinien, die man in Fachzeitschriften und online finden kann. Will man einen Schritt weitergehen, kann man sich einen „anonymen“ Online-Trainer suchen, der einem zum Beispiel alle vier Wochen einen Monatstrainingsplan zuschickt.
Reicht einem das nicht aus, gibt es eine Vielzahl an individuellen Trainingsplänen, die je nach Preis und Trainer variieren. Das Optimum ist meiner Meinung nach, wenn der Athlet individuelle Pläne für maximal eine Woche bekommt, im permanenten Austausch mit seinem Trainer steht, regelmäßige, professionelle Leitungstests absolviert und ein gewisses Basisequipment besitzt, wobei hier das individuelle finanzielle Budget bei der Entscheidungsfindung eine größere Rolle spielen kann.
Wo liegen die Unterschiede und wie erkenne ich, welches Know-how und welche Methodik hinter einem Coach stecken?
Bei den Unterschieden würde ich mich auf folgende Merkmale einschränken:
– Wie viel aktive/passive Erfahrung hat der Trainer?
– Für wie viele Wochen am Stück bekomme ich die Pläne?
– Arbeitet der Trainer mit Leistungstest? Welche Art von Leistungstests? Macht er diese selber oder muss ich dies bei einem Fremdanbieter durchführen?
– Wie wertet der Trainer mein Training aus?
– Wie gut ist er erreichbar?
– Was kostet mich das gesamte Trainerpaket?
Es ist sicherlich hilfreich, wenn der Trainer selbst den Sport über einen längeren Zeitraum (erfolgreich) ausgeführt hat, was aber nicht heißt, dass man kein guter Trainer sein kann, wenn man den Sport selbst nicht ausgeübt hat.
Weiterhin ist es auch von Vorteil, wenn man nicht gerade einer der ersten Athleten des Trainers ist und der Coach einen großen Erfahrungsschatz mit anderen Athleten bereits besitzt.
Trainingspläne für welchen Zeitraum?
Ein für mich relativ wichtiger Aspekt ist die Dauer der Pläne. Je kürzer der Plan ist, den man als Athlet bekommt, umso besser und schneller kann der Trainer auf etwaige Entwicklungen im Training reagieren.
In dieser Hinsicht hat mich vielleicht auch meine eigene Erfahrung mit einem Trainer geprägt und ich kann mich heute noch genau an die Worte eines Trainingskameraden erinnern, als ich neu in einer Trainingsgruppe angefangen habe:
„Wenn der Coach dir mal einen Plan für vier Wochen gibt, dann weißt du, dass er keinen Bock mehr auf dich hat!“
Die für mich persönlich mit Abstand wichtigste Eigenschaft ist die Einbindung von Leistungstests in die Trainingsplanung eines Athleten.
Hier sind die Unterschiede bei den Trainern mit am größten, aber leider auch für den Laien am schwierigsten, die Art und Qualität der Tests sowie die Fähigkeit des Trainers diese Tests lesen und auswerten zu können, zu beurteilen.
Hier sollte man auf alle Fälle auf Erfahrungen von anderen Athleten mit diesen Trainern zurückgreifen und auch die Trainer auf die Tests ansprechen und sich diese genau erklären lassen. Was die Auswertung des Trainings angeht, gibt es mittlerweile jede Menge Tools auf dem Markt, die die Auswertung durch den Trainer relativ einfach und kostengünstig bewerkstelligen lässt.
Erfolg bringen nur individuelle Trainingspläne
Wann sollte ich als Sportler stutzig werden? Das ist schwer zu sagen, aber da ich leider davon schon einige Male gehört habe, ist es vielleicht ein paar Zeilen wert.
Von einem wirklich dummen Fehler hat mir einmal ein Athlet erzählt:
die Empfehlungen auf seinen Plänen, was Geschwindigkeiten und HF-Werte anging, kamen ihm komisch vor. Mehrfach hat er die Namen von anderen Athleten auf seinem (kopierten) Plan entdeckt.
Die Vorgaben haben überhaupt nicht mit dem Intensitätsgefühl des Athleten übereingestimmt und der „falsche“ Name auf dem Plan hat das dann auch bestätigt.
Stutzig würde ich vielleicht auch werden, wenn auf meinem Plan nur „allgemeine“ Vorgaben wie zum Beispiel GA I oder Kraft stehen und nicht explizite Puls- und Wattwerte oder Geschwindigkeitsvorgaben. Aber dazu könnten sicher einmal betroffene Athleten ihre Erfahrungen teilen.
Bedeutet teuer auch immer gleich gut?
Teuer ist keine Garantie, dass es gut ist und billig impliziert nicht, dass es nichts taugt. Vor wenigen Wochen erst habe ich die Arbeit einer Trainerin gesehen, die für um die 100 Euro im Monat eine sagenhafte Coaching-Arbeit abliefert.
Von der Arbeit war ich so begeistert, dass ich ihr das habe ausrichten lassen. Andererseits sehe ich leider immer öfter Leistungen, die ihr Geld nicht annähernd wert sind. Das sind schlampig durchgeführte Leistungstests, Trainingsvorgaben, bei denen die Athleten „zerstört“ werden und beispielsweise auch das Lehren von falschen Bewegungsabläufen. Ich sehe allerdings natürlich auch Coaches am oberen Preisende, die ihre mehrere hundert Euro pro Monat wert sind.
Daher kann ich nur empfehlen, dass man sich vorher ausreichend bei anderen Athleten schlau macht und immer wieder den Coach, die Testmethoden und das Training hinterfragt.
Trainingstools- und -Apps im Einsatz
Mittlerweile gibt es jede Menge Trainingsapps und -tools und ehrlich gesagt, habe ich mich noch nicht annähernd mit allen beschäftigt, weil ich mit meiner jetzigen Ausrüstung all das machen und auswerten kann, was ich will und brauche. Einen kleinen Überblick kann ich dennoch gerne geben.
Egal, ob ich Anfänger oder ein erfahrener Athlet bin, regelmäßige Leistungstests und ein einfacher Pulsmesser einzusetzten, sind für mich ein MUSS! Mit den Leistungstests sieht man, wie es um den Stoffwechsel steht, wie die Grundlagen sind und wo man im Training ansetzen muss. Mit dem Pulsmesser kann man vorgegebenen Pulsbereiche mit Leichtigkeit einhalten. Ich weiß, dass jetzt einige Leute sagen, dass der Puls nicht jeden Tag gleich und somit nicht zur Trainingssteuerung geeignet ist. Ja, es stimmt, dass der Puls an manchen Tagen schwankt, aber es gibt immer Gründe dafür, warum ein Puls höher oder niedriger ist und ein guter Trainer kann diese Änderungen einplanen beziehungsweise richtig auswerten.
Neben diesem MUSS gibt es für mich jede Menge KANNS, wobei ich mich hier nur auf einige wenige beschränken möchte:
Mann KANN sich nun auch einen smarten Pulsmesser besorgen, der neben Puls auch noch viele andere Dinge wie die Geschwindikeit oder die bewältigte Strecke anzeigt, aber auch ein Auswertungstool bietet. Hier habe ich die besten Erfahrungen mit Garmin und der App Garmin Connect gemacht. Die Nutzung der Uhr als auch der App sowohl als Athlet als auch als Coach ist sehr einfach und alle für meine Auswertung nötigen Daten werden von dieser App zuverlässig und schnell geliefert. Will ich mit den Auswertungsmöglichkeiten noch eine Stufe weiter gehen, kann ich mich zum Beispiel für ein paar Euro im Monat bei TrainingPeaks anmelden. Dort findet man alles, was das Herz begehrt. Neben sämtlichen Werten über Herzfrequenz, Geschwindigkeiten, Wattwerten etc., gibt dieses Tool beispielsweise auch Prognosen über die aktuelle Form, den Fitnesszustand und die Müdigkeit an. Diese Angaben würde ich jedoch aus eigenen Erfahrungen mit ein klein wenig Vorsicht genießen.
Trainingsequipment
Was Trainingsutensilien angeht, ist sicherlich vor allem im Winter ein Hometrainer oder eine Rolle ein KANN. Hier kann man von einer einfachen Rolle bis hin zum App gesteuerten Watttrainern einiges Geld in Equipment stecken. Sehr gute Erfahrungen habe ich mit dem Wahoo Kickr gemacht, der mit über 1.000 Euro nicht ganz billig ist, aber das Radtraining daheim im Keller sehr leicht über eine kostenfreie App steuern lässt. Mit dieser App kann man auf „Knopfdruck“ die Wattzahlen in sekundenschnelle und extrem genau (circa 1 bis 2 Prozent) verändern.
Eine deutlich leisere Variante wäre die neue Rolle „Neo Smart“ von Tacx, falls andere Leute im Haus etwas lärmempfindlich sind. Bei beiden Rollen muss man das Hinterrad rausnehmen und den Rahmen in die Rolle einspannen. Ein großer Vorteil von diesesm System ist, dass der Mantel nicht verschleißt.
Will ich lieber ein stationäres Rad daheim stehen haben, kann ich zum Beispiel ein Wattbike nur wärmstens empfehlen. Das Wattbike zeigt die Wattwerte auf 1 bis 2 Prozent genau an. Es wird über eine Magnet- und Windbremse gesteuert und bietet ein Fahrgefühl wie auf der Straße. Ganz leise ist dieses Trainingsgerät allerdings auch nicht und es hat zudem den kleinen Nachteil, dass bei älteren Geräten die Pedale etwas weiter auseinander stehen als bei einem herkömmlichen Straßenrad. Dennoch ist dieser Hometrainer vom Fahrgefühl nahezu unschlagbar.
Training mit Zwift
Zuletzt will ich noch ein Spielzeug, Trainingsutensil bzw. „Rollentraining-kurzweilig-mach-Programm“ nicht unerwähnt lassen. Mit Zwift kann ich meinen (kompatiblen) Rollentrainer mit einer virtuellen Welt koppeln. Hierbei kann ich zum Beispiel auch eine App auf dem Smartphone oder ipad nutzen und diverse virtuelle Strecken alleine, in der Gruppe oder mit Freunden fahren. Bei diesem freien Fahren werden die Widerstände (Watt) entsprechend der Streckenführung übertragen, bergan muss man mit mehr Watt treten als bergab und im Windschatten anderer Fahrer reduzieren sich die Wattwerte zudem automatisch. Andererseits kann man auf Zwift vorgefertigte strukturierte Trainingseinheiten nutzen oder eigene Trainingseinheiten mit Wattvorgaben wie zum Beispiel Intervalltraining entwerfen. Zwift kann auch mit (kompatiblen) Laufbändern genutzt werden.
Die Krönung wäre daher, wenn der Coach das Trainingsprogramm für den Athleten über Zwift schickt und der Athlet sich nur noch auf den Rollentrainer setzen und auf Start drücken muss. Das Programm verändert mit der Zeit automatisch die Widerstände am Rollentrainer und der Athlet kann seine Trainingseinheit ohne großes Nachdenken und Vorbereiten abspulen.
Trainingspläne und Trainingsbereiche
Meine oberste Devise, lautet wie bereits erwähnt, dass ich ohne Leistungstests keine Athleten betreue. Am Anfang mache ich Leistungstests auf dem Rad und beim Lauf sowie eine Schwimmanalyse mit meinen Athleten. Anhand dieser Laktattests sehe ich genau, was dieser Athlet in den letzten Wochen/Monaten/Jahren trainiert hat, wie gut die Grundlage ist, wo die Defizite und Schwächen sind und wo genau in den nächsten Wochen im Training anzusetzen ist. Diese Tests sind keine standarisierten Tests, da ich viel genauere Abstufungen bei meinen Tests haben will. Werden zum Beispiel bei manchen standardisierten Lauftests die Stufen um 2km/h gesteigert, kläre ich im Vorgespräch mit dem Athleten,die für mich relevanten Zonen ab und teste nur einen Abschnitt von circa 2km/h ab. Auf diesem kleinen Abschnitt habe ich allerdings fünf bis sieben Messungen im Vergleich zu zwei Messungen auf diesem Abschnitt bei standardisierten Tests. Auch ist die Testdauer pro Stufe bei Minimum fünf Minuten angesetzt, da die Werte umso genauer werden, je länger ich auf den Stufen verweile.
Aufgrund von diesen Tests lege ich die Trainingsbereiche fest. Geändert werden die Bereiche durch später durchgeführte Tests oder aber durch Leistungsentwicklungen, die ich bei der Auswertung der Trainingsdaten feststelle.
Außerdem sind diese Tests ein sehr gutes Mittel, eine Entwicklung in objektiven Zahlen zu haben, anhand derer man auch dem Athleten zeigen kann, dass sich das Training und das Investment in den Coach lohnen. Trainingspläne verschicke ich immer nur für eine Woche, nachdem ich die vorige Woche des Athleten – meist mit Garmin Connect – ausgewertet habe und der Athlet mir sein Zeitbudget für die kommende Woche geschickt hat. Die Inhalte variieren je nach Wünschen und Möglichkeiten des Athleten.
Stephan Vuckovic ist Ex-Triathlonprofi, Ironman-Sieger und Silbermedaillengewinner der Olmypischen Spiele in Sydney 2000 im Triathlon. Heute ist er auf Schwimm- und Triathloncamps u.a. auf Lanzarote spezialisiert sowie auf individuelle Atheltenbetreuung. Mehr Infos unter www.premium-training-camps.de
Text: Stephan Vuckovic
Foto: privat