Laufen: so einfach und doch so schwer (Teil 1)

1-run-1-4-1024x682Der Schweizer Triathlon-Coach Roy Hinnen hat über das Thema „effektives Laufen“ eine Artikelserie vorbereitet: Im ersten Teil geht es um verschiedene Laufstile und Problemstellen. 

 

Laufen kann jeder. Technisch fehlerfrei zu laufen, empfinde ich persönlich hingegen als sehr schwierig. Um technisch sauber zu laufen, benötigst du ein gewisses Grundtempo. Beobachtet man Läufer beim lockeren Laufen, sieht man häufig, dass ihre Körperspannung nicht gut ist. Wird das Tempo höher, steigt quasi automatisch die Körperspannung, und der Laufstil wird besser. Dann jedoch bewegt man sich relativ schnell in einem intensiven Pulsbereich. In einem hohen Tempo zu laufen und auf eine perfekte Technik zu achten, ist nicht einfach.

Eine weitere Erschwernis beim Laufen ist, dass man im Gegensatz zum Schwimmen und Radfahren, wo Wasser und Rad zumindest einen Teil des Körpergewichts mittragen, sein Gewicht vollständig selbst trägt. Hier kann keine gute Wasserlage oder leichtes Material über das ein oder andere Kilo zu viel hinwegtäuschen.

Nun muss ein Laufstil nicht unbedingt schön aussehen. Ein guter Laufstil ist vor allem effizient und dient der Geschwindigkeit. Wir kommen schließlich ermüdet vom Rad und wollen dann möglichst schnell ins Ziel laufen.
Ein unökonomischer Laufstil ist aber nicht nur langsamer als ein ökonomischer. Je unökonomischer der Stil ist, desto mehr Energie verbraucht er auch. Es ist also wichtig, möglichst ökonomische Bewegungsabläufe zu entwickeln, um schnell und ausdauernd zugleich zu sein.

Den richtigen Laufstil finden
Den perfekten, für alle passenden Laufstil gibt es nicht. Es kommt auf die Streckenlänge, das Geländeprofil und den Untergrund an. Und vor allem auf die Konstitution des Athleten. Zwei Kilogramm weniger Körpergewicht bringen einen Zeitgewinn von 60–90 Sekunden auf zehn Kilometer. Ein guter Laufstil beginnt daher meiner Meinung nach mit dem Erreichen des optimalen Körpergewichts bzw. mit sportlergerechter Ernährung. Ich meine damit nicht, dass jeder hungern muss, aber ein Mann, der mehr als 12 Prozent und eine Frau, die mehr als 15 Prozent Körperfett hat, verschenken unnötig Zeit. Und sie belasten Sehnen und Muskulatur mehr als nötig. Ein optimierter Laufstil braucht zunächst also ein gutes und stabiles Gewicht, denn auch Gewichtsschwankungen wirken sich eher negativ auf den Laufstil aus.

Gibt es Problemstellen?
Um den richtigen Laufstil zu finden, kannst du unter anderem analysieren, wo du häufig Schmerzen, Druckstellen oder Verletzungen hast. Diese „Problemstellen“ können dir dann die richtige Richtung weisen, wie du deinen Laufstil anpassen kannst. Denn wenn falsches Schuhwerk als Ursache ausgeschlossen werden kann, sind Fehlbelastungen häufig Anzeichen für einen unsauberen Stil. Wer beispielsweise Beschwerden an den Achillessehnen hat, sollte die Schrittfrequenz erhöhen, um die Sehnen zu entlasten, den Fußaufsatz näher unter den Körperschwerpunkt bringen und eventuell einen Schuh wählen, mit dem man besser über die Mitte abrollen kann.

Grundsätzlich zeichnen einen sauberen Laufstil folgende Faktoren aus:
•    eine hohe Schrittfrequenz
•    ein Fußaufsatz möglichst nahe unter dem Körperschwerpunkt
•    ein stabiles Becken
•    ein aufrechter, ruhiger Oberkörper
•    ein aktiver Armschwung nahe dem Oberkörper
•    ein mit den Augen fokussierter Punkt am Boden in rund zehn Metern Entfernung

Teil 2 der Laufserie folgt.

Roy Hinnen hat über 28 Jahre Erfahrung im Ausdauersport. Seine persönliche Bestzeit auf der Langdistanz liegt bei 8:35 Stunden, im Marathon bei 2:56 Stunden. Mit seinem Know-how als ehemaliger Triathlonprofi, Unternehmer und Produktentwickler setzt Roy Hinnen sein Wissen gezielt ein, um seine Kunden bestmöglich und individuell zu coachen. Mehr Infos auf der Coaching-Seite von Roy. Zudem bringt Roy Hinnen im Juli sein erstes Triathlonbuch „Triathlon Total“ auf den Markt. Mehr Infos zum Buch findet ihr hier.

Fotos: Mirko Lehnen / mirko-lehnen.com