Die Triathlon-Traingscamps, die Triathlon-Coach Roy Hinnen im Winter und Frühjahr auf Lanzaorte anbietet, unterscheiden sich von den Inhalten etwas von anderen Trainingslagern. Wie und warum? Das erfahrt ihr im Text.
Im ersten Teil haben wir Roy Hinnens Triathlonphilosophie vorgestellt. Im folgenden Artikel wollen wir näher beleuchten, wie er sein Konzept in seinem „Triathlon Total Trainingslagern“ von Triathlon Holidays auf Lanzarote konkret umsetzt.
Die richtige Vor- und Nachbereitung des Triathlon-Camps
Roy Hinnen betrachtet die Trainingslagerwoche nicht autonom, das heißt, er bezieht zur Optimierung die Woche davor und die Woche nach dem Aufenthalt mit ein. Es ist für ihn nicht förderlich, neben dem normalen Training schnell ins Trainingslager zu fahren, in einer Woche unzählige Stunden zu trainieren und dann, wie als ob nichts gewesen wäre, zuhause weiterzumachen. Roy Hinnen legt Wert darauf, in der Woche vor dem Trainingslager bewusst „nur“ die Hälfte zu trainieren. Die Woche nach dem Trainingslager wird als Tapering-Woche geplant und umgesetzt.
4-Minuten-All-Out-Radtest
Zu Beginn des Trainingslagers wird der sogenannte „RoyFitTest“ durchgeführt. Dies ist ein vierminütiger All-Out-Test auf der Rolle. Unter Berücksichtigung des Gewichtes des Fahrers wird die Watt-Leistung nach Körpergewicht bestimmt. Vor allem aber zeigt der Test die anaerobe Schwelle, den Laktat Steady State, des Athleten auf. Da der Test auch mit dem Ziel, möglichst alle Reserven schnell zu verbrennen, gefahren wird, kann auch der Puls berücksichtigt und den Teilnehmern der richtige Pulsbereich (Sweet Spot) für spätere Rad-Trainingseinheiten vorgegeben werden. Diese Angaben erlauben es Roy Hinnen über seine entwickelten Formeln, die einzelnen Rad-Trainingssets individuell auf jeden Teilnehmer in Watt oder Puls zu berechnen.
Der vierminütige Test hat einen zweiten positiven Effekt. Es wird bereits vor dem eigentlichen Triathlon-Camp klar, wer welches Potenzial hat. Das bringt Ruhe in die Gruppe und nimmt vielen die Angst, die die verantwortlichen sportlichen Leiter von Triathlon Holidays häufig bei Teilnehmern in den ersten Tagen beobachtet haben.
Traingsinhalte und -abläufe
Das Triathlon-Camp läuft in der Regel wie folgt ab: In der zur Verfügung stehenden Trainingswoche wird sechs Mal ohne Pausentag Rad gefahren. An fünf Tagen wird ein spezifisches Rad-Trainingsset an einem vorgegebenen Ort auf der Insel gefahren – jeder Teilnehmer macht dies in seinem individuellen Trainingsbereich (Watt oder Puls). Am Abschlusstag wird ausgerollt. Die Sets nehmen über die Woche hinweg an Länge ab. Sind es am ersten Tag noch 3 x 20 Minuten am Berg, so werden am fünften Tag nur noch 10 x 1 Minute gefahren. Da die Belastung am hormonellen Haushalt ausgerichtet ist, beschränkt sich das Laufen „nur“ auf je einen harten (All-Out)-Koppellauf von rund 1,5 Kilometern, unmittelbar nach dem Radfahren. Roy Hinnen legt den Schwerpunkt in seinen Frühjahrs-Trainingslagern auf das Radfahren und auf das Koppeltraining. Schwimm(technik)training wird selbstverständlich ebenfalls durchgeführt und auch für die Regeneration steht genügend Zeit zur Verfügung.
Radfahren als Trainingsschwerpunkt
Zum Ort des Rad-Trainingssets und nach dem jeweiligen Set wird in unterschiedlichen Leistungsgruppen gefahren, in der Regel langsam (GA1). Das bedeutet, alle Teilnehmer fahren miteinander zu den Sets, sodass diese gemeinsam begonnen werden können. Auch die eigentliche Belastung während der Sets wird zusammen gefahren, da jedoch die Belastungen in Minuten angegeben und alle Teilnehmer am Schluss des Sets wieder am gleichen Ort sind, kommt jeder auf seine „individuellen Kosten“. Das bedeutet, jeder kann individuell in der Gruppe trainieren. Erst nach der speziellen Radeinheit trennen sich die Wege und es kann passieren, dass die stärkste Gruppe auf eine 5-Stunden-Ausfahrt kommt, während eine schwächere Gruppe direkt zurück ins Hotel fährt.
Was steckt hinter diesem Trainingskonzept
Mit den Sets kann jeder Sportler individuell auf dem Rad trainieren und die üblichen Leistungsschwankungen in der Gruppe können ausgeglichen werden. Gleichzeitig entsteht durch die gemeinsame Anstrengung in den Sets und während der Koppelläufe eine besondere Gruppendynamik. Und zu guter Letzt wird auch dem Sightseeing-Aspekt Rechnung getragen, finden die Radeinheiten doch auch an wechselnden Orten statt.
Nach dem Camp folgt zuhause die geplante Tapering-Phase. Roy Hinnen empfiehlt, an den ersten vier Tagen für Regenerations- und Kompensationseinheiten lockeres Schwimmtraining. Am fünften Tag rät er zu einem 60-minütigen Radtraining auf der Rolle mit hoher Kadenz. Erst eine Woche nach dem Camp sollte wieder mit dem Lauftraining begonnen werden. Dann jedoch mit einem längeren Lauf (zum Beispiel zwei Stunden), der am Folgetag wiederholt wird. Erst dann ist der Camp-Trainings-Kreislauf abschlossen und das normale Training beginnt wieder.
Triathlon Holidays hat diese Herangehensweise von Roy Hinnen neben der klassischen Trainingsphilosophie mit Camps von und mit Nicole und Lothar Leder ausgebaut. 2018 wird zudem eine Woche mit dem Schweizer Triathlonprofi Ronnie Schildknecht neu angeboten und zusätzlich auch eine Woche in Zusammenarbeit mit der neuen Triathlon-Rennserie „TriStar“, zu deren Gründern der zweifache Olympiasieger im Zeitfahren, Fabian Cancellara, zählt.
Fotos: Rico Schneller
Text: Friedrich Dietz