Viele Ausdauersportler kämpfen mit Rücken-, Knie- und Sehnenproblemen. Auch Holger Schmidt, Ultra-Radfahrer und -Läufer, hat dies seit Jahren hingenommen. Bewegungsanalysen auf dem Rad und beim Laufen können helfen, die Probleme gezielt anzugehen.
Als passionierter Langdistanz-Sportler quäle ich mich – wie wohl viele andere Ausdauersportler auch – seit Jahren mit ein paar wenigen, persönlichen Problemzonen herum. Ich lebe einfach mit diesen Wehwehchen, ganz nach dem Motto „Training muss auch mal weh tun“ oder mit der Einstellung, „was beim Sport kommt, geht auch beim Sport wieder“. Dass das nicht wirklich schlau ist, war mir durchaus bewußt. Die meisten Probleme sind so über die Jahre nicht besser, sondern schlimmer geworden.
Ein gesunder Körper ist die Basis für Leistung und Spaß beim Sport
Viele Sportler haben eines gemeinsam – man beschäftigt sich mit dem Equipment, mit Trainingstechniken, investiert Unsummen in Material und Stunden in die Recherche dafür. Auch ich schließe mich hier nicht aus – es ist ja auch ein Motivationsschub und bereitet unendlich Freude, wenn man mit dem lang ersehnten neuen Rad die ersten Kilometer fahren oder die neuen Laufschuhe durchs Gelände jagen kann. Aber eben immer in Begleitung der kleinen gesundheitlichen Problemchen. Und wenn wir ehrlich zu uns sind, dann sind das wahre Spassbremsen. In meinem Fall sind das der untere Rücken, ein immer wieder kehrender Triggerpunkt in der Schulter sowie das Hauptproblem, meine Achillessehne – die mich seit acht Jahren chronisch quält und vor 1,5 Jahren operiert wurde.
Meine Laufbahn als Ausdauersportler
Als ich vor gut 16 Jahren mit dem Laufsport begann, steigerte ich mich sukzessive bis zum Halbmarathon. Die Halbmarathon-Distanz verlor bald ihren Reiz und ich wechselte in die Berge. Damals war der Begriff „Trailrunning“ noch nicht auf der großen Sportbühne angekommen. Es gab unbekannte Veranstaltungen, auf denen eine kleine eingeschworene Szene vertreten war. Für mich waren diese Events einfach perfekt. Ich steigerte das Training und befasste mich zunehmend mit den Themen Ernährung und Equipment, um letztlich die langen Distanzen bestehen zu können. Eine wichtige Komponente liess ich jedoch immer außer Acht – die Laufökonomie beziehungsweise den Bewegungsapparat als Ganzes. Die ständigen Rückenschmerzen und das ziehen in der Achillessehne gehörten dazu und auch der extrem schmerzhafte Triggerpunkt in der linken Schulter, der immer nach rund sieben Stunden bei einem Ultralauf kam, war wie ein sporadischer Partner. Ich habe immer scvhon viel Rumpf-, Koordinations- und Gewichtstraining als „Ausgleich“ gemacht und war der Überzeugung, das müsste so passen.
Das Ziehen in der Achillessehne war irgendwann chronisch, aber da ich diesen Schmerz ja schon lange kannte und gerade „voll im Saft“ war, nahm ich ihn hin und trainierte weiter und weiter – pausieren und auf die Signale des Körpers hören, war zeitlich nicht möglich. Über die Jahre lief ich ein paar der lang erträumten Ultratrails wurde allerdings mehr und mehr von der Sehne ausgebremst. Nach fast sieben Jahren musste ich vor mir selbst kapitulieren und das Laufen vorerst einstellen, da auch ich eine gewisse Schmerzgrenze habe. Ich fokussierte mich auf das Radfahren und auch dabei direkt aufs Ultracycling. Mein erstes Radrennen überhaupt war die Tortour auf der Challenge-Distanz, die 560 Kilometer non-stop durch die Schweiz verläuft – natürlich mit einigen tollen Bergen. Bei diesem Rennen musste ich weitere bislang unbekannte Schmerzen ertragen – Sitzprobleme, Krämpfe in den Fusssohlen und Stechen im Knie. Wieder dachte ich, „Ultra heisst eben Schmerzen aushalten“. Nach dem Rennen konnte ich zwei Monate nicht mehr Radfahren, weil das Knie so entzündet war. Seltsamer Weise hatte ich dies im Training nie gespürt oder vielleicht doch ausgeblendet. Nach meinem zweiten Rennen kamen die Fragen auf: „Warum tust du das? Macht dir das so wirklich Spass? Warum laufen und fahren die Profis auch nach 20 Stunden noch entspannt ins Ziel?“
Ich begann, mich einzulesen, Therapien aufzunehmen und einen Facharzt wegen der Sehne zu konsultieren. Nach einiger Zeit kam die Ernüchterung – die Sehne hatte zwar selbst zum Glück über die Jahre keinen Schaden genommen, aber der Fersenknochen hat eine ganz winzige Deformierung an der Oberkante, welche die Sehne dauerhaft reizte. Was so ein Millimeter Knochen anstellen kann, gab mir tatsächlich zu denken. Da man Knochen nicht wegtherapieren kann, blieb nur eine OP als Option. Gesagt getan. Allerdings habe ich auch 1,5 Jahre nach der OP noch immer Probleme – und zwar alle, wenn ich ehrlich bin.
Eine neue Ära beginnt
Die Probleme machen einen auf Dauer definitiv fertig – ich kann meinen Lieblingssport seit drei Jahren nicht mehr ausüben und auch wenn ich auf dem Rad keine Achillessehnenschmerzen habe, blieben die anderen Probleme stets treue Begleiter. Erst der Artikel von Jan Paffhausen im tritime-Magazin hat bei mir ein Umdenken ausgelöst. In diesem Artikel wird das Thema Muskelketten und die ganzheitliche Funktion der menschlichen Muskulatur beschrieben – für mich waren das völlig neue Erkenntnisse und Ansatzpunkte. Der Artikel ist super verständlich geschrieben und machte für mich einfach Sinn. Muskelketten verlaufen unter anderem diagonal im Körper und wenn ich meine Probleme anschaue, verlaufen diese geradlinig von links oben nach rechts unten. Sie beginnen in der linken Schulter, gehen über den unteren Rücken ins rechte Knie und ende an der rechte Achillessehne sowie mit Krämpfen im rechten Fuss. Das war für mich die Initialzündung, mit dem Autor des Artikels – der Experte für Laufanalysen und Bikefitter bei PraeMedicon ist, Kontakt aufzunehmen. Meine Hoffnung, dass es nach all den Jahren vielleicht doch einen Therapieansatz gäbe, den bisher kein Sportarzt, kein Physiotherapeut und kein Osteopathe in Betracht gezogenen hatte, war wieder entfacht.
Eine Lauf-Bewegungsanalyse
und ein Bikefitting bei Praemedicon
Ich habe mich direkt für eine Laufanalyse und ein Bikefitting angemeldet, was in Summe mit rund vier bis 5 Stunden Zeitaufwand verbunden ist. Schon beim Betreten der Räumlichkeiten von Praemedicon kam die erste Erkenntnis der Spezialisten: „Ich sehe schon, deine linke Schulter ist höher, da stimmt mit der Wirbelsäule was nicht“. Erstaunt sah ich das später auf den Fotos und Videos sogar ganz deutlich, das ist mir zuvor nie aufgefallen, denn auch im Stehen sieht man das, wenn man es weiß. Nach einem aufschlussreichen und sehr interessanten Vorgespräch ging es zur Laufanalyse. Zuerst musste ich barfüßig auf dem Laufband gehen, danach joggen. Im Anschluss erfolgte die Ganganalyse mit Laufschuhen – wobei zwei Paar Schuhe analysiert werden können.
Hierzu wird man zunächst mit einigen Reflektoren beklebt, welche dynamisch über Lichtwellen erfasst- und später in Bewegungskurven ausgewertet werden. Die Software errechnet daraus den kompletten Bewegungsablauf, verschiedenste Winkel des Aufpralls, der Beinachse, die Hüftbewegung, die Wirbelsäulenbewegung und vieles mehr. Aus diesen vielen Details kann man sehr detailliert „Fehlbewegungen und -haltungen erkennen. Bei mir bedeutet das, einen Hüfthochstand von 12 Millimetern links, eine Innenrotation des rechten Fußes und ein zu hoher Pronationswinkel beim Auftreten. Zudem war die Wirrbelsäule im oberen Bereich sechs Millimeter nach links „verbogen“.
Unterschiede bei den Laufschuhen
Interessant war auch der Unterschied zwischen meinen Laufschuhen. Obwohl beides Neutralschuhe sind, war einer für mein Achillessehnenproblem ziemlich ungeeignet, da ich rechts einen Schuh benötige, der innen stabilisiert, um den Aufprallwinkel auszugleichen und automatisch der Innenrotation entgegen zu wirken. Der zweite Schuh war sichtbar besser. Die aus der Analyse resultierenden Massnahmen sind am Ende des Artikels beschrieben.
Bewegungsanalyse Nummer zwei: Das Bikefitting
Im zweiten Teil der ganzheitlichen Analyse wurde mein Rennrad und meine Position auf selbigem genauestens betrachtet. Ich habe mir kurz zuvor ein neues Rad gekauft und es nach Lehrbuch selbst eingestellt. Ich war gespannt, ob alles passte oder ob noch Optimierungspotenzial vorhanden war. Neben der Bewegungsanalyse wurde aufgrund meiner Probleme der Satteldruck sowie Fusssohlendruck analysiert. Bereits nach den ersten Minuten kam auch hier schon das erste AHA-Erlebnis. Der Sattel ist bei mir wie beschrieben ein wesentlicher Problempunkt auf dem Rad. Auch hier habe ich bereits auf eigene Faust Sättel und Radhosen en masse probiert, habe mit der Sattelstellung experimentiert und mich letztendlich damit abgefunden, dass es weh tut. Das Ergebnis bei der Satteldruckmessung war schockierend und erleichternd zugleich – die Druckverteilung auf dem Sattel war quasi null. Ich saß viel zu weit vorne, wodurch der ganze Druck auf eine kleine Fläche zentralisiert wird. Zudem war eine Gesässbewegung von über zweieinhalb Zentimetern vorhanden. Bei jeder Pedalumdrehung rutschte ich vor und zurück. Der Sattel wurde daher – auch um den Kniewinkel zu optimieren – um zehn Millimeter nach vorne positioniert und um einen Grad nach unten geneigt. Das Analysebild danach war erstaunlich: Die Druckverteilung war optimiert, die Rutschbewegung halbiert und links und rechts gleichmäßig. Dadurch war meine Körperhaltung sichtlich entspannter und auch gefühlt, sitze ich jetzt lockerer auf dem Rad. Natürlich wurden auch hier viele weitere Parameter analysiert wie beispielsweise die gesamte Beinachse einer kompletten Pedalumdrehung sowie die Wirbelsäulenbewegung.
Beim Pedaldruck ergab sich ein ähnliches Bild: Der Fussdruck sammelte sich außen auf dem Fussballen – sollte jedoch im Optimalfall über die Pedalachse ausgeglichen sein. Der Bikefitter hat daraufhin die Cleats minimal verstellt, was ebenfalls erstaunliche Auswirkungen hatte. Die Druckverteilung war im Anschluss ausgeglichener, auch wenn das nicht direkt spürbar war. Im Endeffekt waren es minimale Anpassungen und ich bin sehr gespannt, ob- und wie sich das über die nächsten Wochen und Monate auswirkt. Auch wenn man nach der Einstellung ersteimal keine grossen Veränderungen spürt, durch die detaillierten Aufnahmen und Fotovergleiche kann man teilweise deutliche Unterschiede sehen und man versteht und sieht seine Probleme im Detail. Die fachliche Kompetenz bei Praemedicon war dabei äusserst professionell und ich bekam auf alle meine Fragen eine Antwort.
Wie sich das Ganze letztendlich auswirkt, erfahrt ihr in ein paar Monaten, wenn es zum Kontrolltermin geht. Es scheint nicht mehr nur ein Traum, völlig schmerzbefreit durch die Gegend zu laufen und zu fahren. Ich bleibe positiv und versuche, die Übungen (siehe am Schluss des verlinkten Artikels), die mir zur Bewegungsoptimierung gezeigt wurden, so oft wie möglich in den Alltag einzubauen. Die Übungen gelten im Übrigen nicht explizit für meine Probleme, sondern sind sehr sinnvoll für alle Ausdauersportler.
Text: Holger Schmidt
Fotos: Meike Maurer und Analyse-Fotos von PraeMedicon