#aufdersuchenachdemflow – Teil 4

Was hat das Thema „Flow“ mit den eigenen Zielen im Wettkampf zu tun? Wie  setzt man sich Ziele, wie schätzt man die eigene Leistungsfähigkeit dabei realistisch ein und wann ist ein Ziel erreicht?

 

Florian Teichmann ist 24 Jahre alt und studiert in Tübingen Philosophie. Unter dem Hashtag #aufdersuchenachdemflow bloggt er über die Themen Philosophie – Triathlon – und seinen Weg zur IM70.3-Weltmeisterschaft nach Chattanooga.

Ziele sollten mutig, aber realistisch definiert werden

„In den Zustand des Flow kommen wir nur bei Aufgaben von hoher Komplexität, die unsere Fähigkeiten in höchstem Maße fordern.“ (Zitat  aus Teil 1 dieser Serie)
Die Komplexität einer Aufgabe und auch die Anforderung an unsere Fähigkeiten hängt allerdings nicht nur von der jeweiligen Aufgabenstellung ab, sondern auch von unseren Erwartungen an das Ergebnis der abgeschlossenen Herausforderung. Deshalb spielt das Ziel auf der Suche nach dem Flow eine zentrale Rolle. Ein zu leicht zu erreichendes Ziel fordert uns kaum und wird niemanden wirklich motivieren. Im Gegensatz dazu kann ein zu hoch gestecktes Ziel, schon von Beginn an lähmen und einschüchtern. Das mutig abgegrenzte Ziel allerdings ist eine Herausforderung. Es fordert heraus, weil das Ziel auch in schwierigen Situationen der Person die Sicherheit gibt, dass es erreichbar ist. Das heißt, egal, ob man das Ziel zum Schluss erreicht oder nicht, man hatte nie das Gefühl bei der Bewältigung der Aufgabe, auf einem aussichtlosen Weg zu sein. Daher ist es wichtig, eine realistische und auch mutige Einschätzung der eigenen Leistungsfähigkeit vorzunehmen.

Drei Faktoren der Zielsetzung beim Rennen

Ziele lassen sich durch Abwägungen von drei Faktoren abgrenzen. Diese sind Leistungsdaten aus Training und Wettkampf, Wettkampfbedingungen, hier vor allem Format, Strecke und Konkurrenz, zuletzt aber auch die eigenen Erwartungen.

Leistungsdaten täuschen selten

Leistungsdaten gehören sicherlich zu den harten Fakten. Um an entsprechenden Daten zu gelangen gibt es diverse Methoden. Man kann einfache Feldtest nutzen, die im Training regelmäßig wiederholt werden. Man kann natürlich auch professionelle Leistungsdiagnostiken durchführen. Grundsätzlich gilt: Tests, egal welcher Art, helfen nur, wenn sie regelmäßig wiederholt werden. Wenn ich im Dezember eine Leistungsdiagnostik mache und im Juni immer noch nach diesen Werten trainieren, dann gehen ich quasi davon aus, dass nach einem halben Jahr meine Leistungsfähigkeit immer noch gleich ist – das macht wenig Sinn. Deshalb empfehle ich grundsätzlich jedem, Feldtests zu nutzen. Sie können einfach ins Training, auch als intensiver Reiz, integriert werden. Sie kosten nichts und bei regelmäßiger Wiederholung liefern sie durchaus brauchbare Ergebnisse. Natürlich kann man sich auch an Wettkampfergebnissen aus Vorbereitungsrennen und oder an Ergebnissen vom Vorjahr orientieren. Diese Daten gilt es aber mit Vorsicht zu behandeln, da im Wettkampf immer besondere Bedingungen herrschen und die Daten nicht einfach auf das nächste Rennen übertragbar sind.

Träumen erlaubt, aber bitte nicht planlos

Mit den lieben Erwartungen ist das so eine Sache. Das Eigen- und Fremdbild liegt bei den meisten von uns etwas auseinander, als wir es oftmals wahrhaben wollen. Deshalb gilt meiner Meinung nach die Devise, verfolgt eure Träume, aber fragt auf dem Weg ab und an nach der Richtung. Damit will ich sagen: Träume sind gut, sie motivieren und zeigen uns, warum wir Triathlon lieben. Aber falscher Ehrgeiz und Hochmut sind schlechte Begleiter in einem Sport, bei dem man schnell an seine Grenzen kommen kann. Darum möchte ich euch dazu ermutigen, auch mal jemanden auf dem Weg nach einer ehrlichen Einschätzung der eigenen Leistung zu fragen. Das kann ein Trainer, Freund, Trainingspartner oder auch der Arzt des Vertrauens sein. Nehmt diese Einschätzung ernst. Diese Vorgehensweise kann auch dabei helfen, euer Eigen- und Fremdbild näher zusammenzubringen.

Dinge, auf die man keinen Einfluss hat

Wettkampfbedingungen sollten bei der Zielsetzung immer in die Planungen einbezogen werden. Wo und wann findet das Rennen statt, welches Format, wie wird das Wetter, wer nimmt alles am Rennen teil, wie sieht das Profil der Strecke aus? Diese Faktoren sind mitunter die unsichersten von allen. Das Wetter und die Bedingungen vor Ort lassen sich schlecht einschätzen und leider nicht beeinflussen. Die Konkurrenz kennt man zwar, einige Dark-Horses sind aber immer mit von der Partie. Außerdem weiß man nicht, wie deren Rennen ablaufen wird. Daher ordne ich den Wettkampfbedingung in der Rangfolge der Faktoren den letzten Platz zu, weil sie nur schwer bis gar nicht zu beeinflussen sind.

Ziele setzen …
heißt nicht Erfolg und Misserfolg zu bestimmen. Weil Erfolg und Misserfolg auch davon abhängen, wie ein Ziel erreicht wird. Viele Menschen erreichen ihre Ziele und nutzen dabei fragwürdige oder sogar kriminelle Methoden. Ebenso viele Menschen scheitern bei dem Versuch, ihre Ziele zu erreichen, weil sie Fehler machen, Pech haben oder unfair behandelt werden. Deshalb ist es wichtig, dass es nicht darauf ankommt, ob wir unsere Ziele immer  erreichen, sondern auch darauf, wie wir uns auf dem Weg dahin verhalten.

 

Text: Florian Teichmann
Foto: privat