Keine Disziplinen prägt das Bild des Triathleten so sehr wie das Radfahren. Als Triathlet verbringen Sie – sofern Sie beim Laufen kein Einbruch zu ungewollten Pausen zwingt – die längste Zeit während eines Wettkampfs.
Bezogen auf die Gesamtleistung eines Triathlons muss das Radfahren als wichtige „Zubringerleistung“ betrachtet werden. Nicht zuletzt deshalb nimmt das Radtraining auch einen ganz besonderen Stellenwert im Training ein. Nur wenn Sie die Radstrecke – ohne sich zu überlasten – gut überstehen, werden Sie auch ein gutes Ergebnis auf den abschließenden Laufkilometern erreichen. Überfordern Sie sich auf dem Rad oder schaffen den Umstieg nicht optimal, werden Sie gegen Ende Ihres Rennens ein Problem bekommen. Nicht zuletzt deshalb wollen wir einmal einen genauen Blick auf das Radtraining werfen, denn ein Optimales Radtraining ist genauso individuell wie Ihr persönlicher Fingerabdruck!
Sowohl auf der olympischen Distanz als auch auf der Langdistanz konnten verschiedene wissenschaftliche Studien zeigen, dass dem Laufen – bezogen auf die Gesamtzeit und die Platzierung – eine besondere Bedeutung zukommt. Deshalb müssen Sie auch im Kern die wichtigsten Anpassungen an Ihr Training kennen. Nur so schaffen Sie es, Ihre Trainingsinhalte auch wirklich auf Ihr Ziel und Ihre aktuellen Fähigkeiten hin abzustimmen. Ein erfolgreiches Radtraining ist schon ein großer Schritt auf dem Weg zu Ihrem persönlichen Ziel.
Technik zählt!
Die Triathlonjugend der DTU setzt schon im Bereich des Schülertriathlons auf das Techniktraining. Was auf den ersten Blick trockene Materie sein könnte, erweist sich bei näherem Hinsehen als ein durchaus spannender Trainingsinhalt mit ziemlich großem Spaßfaktor. Das Ziel ist es, das Rad gut zu beherrschen und beispielsweise das Kurvenfahren zu optimieren. Je nachdem, ob Sie auch bei Rennen mit Windschattenfreigabe starten oder nicht, können Sie jetzt meinen, dass dies vielleicht doch nicht so wichtig sei, wenn man alleine auf der Strecke unterwegs ist. Grundsätzlich sollte man jedoch sein Rad beherrschen, wenn man damit unterwegs ist. Zudem muss der Technikbegriff auch auf die Abläufe auf dem Rad erweitert werden. Es geht also nicht allein um das optimale Kurvenfahren oder das Fahren in einer Gruppe. Auch Ihre Trettechnik und Ihr biomechanischer „Wirkungsgrad“ lassen sich durch ein Techniktraining weiter optimieren. Die Inhalte sind dabei sehr abwechslungsreich und können von einem kleinen Technikparcours bis hin zu Abschnitten mit bewusst sehr hohen oder niedrigen Trittfrequenzen oder sogar einbeinigen Tretphasen reichen. Bei Letzteren geht es darum, bewusst den Tretzyklus zu erleben und insbesondere die aktive Hüftstreckung in der Abwärtsphase und das Stabilisieren um den Bereich der Umkehrpunkte zu optimieren. Gerade Menschen, die beruflich sitzend tätig sind oder ihrem Körper ansonsten einseitige Belastungen zumuten, profitieren sehr stark von einer optimierten Trettechnik.
Das Salz in der Suppe!
Setzen Sie auf jeden Fall auf eine saubere Trettechnik. Erst so kann das Zusammenspiel aller am Vortrieb beteiligten Muskeln optimal ablaufen. Dabei geht es darum, hemmende Einflüsse durch eine falsche Aktivität von Muskeln im Tretzyklus zu minimieren. Es bietet sich an, Abschnitte mit einer Trittfrequenz von 100–120 Umdrehungen pro Minute zu fahren. Man schaltet hierbei in einen kleinen Gang und versucht, die hohe Trittfrequenz konstant zu halten. Dabei sollten Sie auch die Bewegungen gedanklich nachvollziehen. Gleichzeitig muss man darauf achten, nicht mit dem Po oder der Hüfte zu wippen und zu wackeln. Letzteres ist ein Zeichen für einen eher ungleichmäßigen Tritt. Wenn Sie mit hohen Trittfrequenzen nicht klarkommen, können Sie die Übung variieren. Fahren Sie mit einem dickeren Gang in der Ebene oder an einem leichten Berg und versuchen hierbei die Bewegung der Beine „gleichmäßig zu halten“. Schieben und ziehen Sie bewusst am Pedal und versuchen Sie dabei, ein gleichmäßiges Tempo beizubehalten. Um diese Wirkung zu verstärken, bietet es sich an, kurze Stücke einbeinig zu absolvieren. Wenn Sie dabei die Zug- und Schubphase ganz bewusst erleben, lernen Sie insbesondere den oberen und unteren Totpunkt möglichst gleichmäßig zu überwinden. Übungen wie das einbeinige Fahren können bei Unsicherheiten auch erst einmal auf der Rolle oder dem Ergometer durchgeführt werden.
Verstehen Sie Ihr Training
Gerade im Triathlon muss sich das Radtraining unbedingt an Ihren Zielen orientieren. Je nachdem, auf welche Streckenlänge Sie Ihr Training ausrichten, ob es dabei um eine bestimmte Zielzeit oder das pure Erlebnis geht, kann es ganz unterschiedliche Trainingsinhalte geben, die im Vordergrund stehen müssen. Auch Ihr sportlicher Lebenslauf und Ihre Trainingsgeschichte haben einen Einfluss auf Ihre Trainingszusammensetzung. Wenn es um das Abwägen der richtigen Trainingsmethoden geht, sind all diese Faktoren zu berücksichtigen. Das Gleichsetzen der Trainingsintensität mit der Trainingsqualität ist dabei ebenso falsch, wie das Bevorzugen einer bestimmten Trainingsmethode. Auch wenn aktuell zum Intervalltraining sehr viele positive Studienergebnisse vorliegen, ist zu berücksichtigen, ob es um einen erstellten Trainingsplan für einen Athleten im besten Alter mit 20 Jahren Trainingserfahrung oder einen Neueinsteiger mit großer beruflicher Beanspruchung geht. Wenn Sie neu im Triathlon sind und die Teilnahme an einer Langdistanz Ihr Ziel ist, sollten Sie lernen, wie es sich anfühlt, vier Stunden und mehr auf dem Rad zu sitzen. Aufgrund von Zeitmangel einfach hart zu trainieren und auf einen zu großen Anteil von Intervalltraining zu setzen, kann schnell ein handfestes Überlastungssyndrom zur Folge haben. Auf der anderen Seite wird ein älterer Athlet mit sehr großem Trainingsalter nur schwer seine Leistung über dominante Anteile im Grundlagenausdauertraining steigern können. Hier spielt die Bedeutung von intensiven Trainingsanteilen eine deutlich größere Rolle.
Kraftwerk Mensch
Gerade auf der Langdistanz ist die aerobe Kapazität Ihres Muskelstoffwechsels von großer Bedeutung! Damit beschreibt man die Energiegewinnung im Muskel mithilfe von Sauerstoff. Ihr Körper kann dabei Energie aus Fetten und aus Kohlenhydraten gewinnen, in dem er sie aerob, das bedeutet mit Sauerstoff, abbaut. Wenn Ihr Körper nun die Energie für die aktuelle Belastung nicht mehr aus dem aeroben Stoffwechsel decken kann, wird zunehmend der anaerobe Stoffwechsel hinzugeschaltet. Anaerob, also ohne Sauerstoff, verbrennt Ihr Körper ausschließlich Kohlenhydrate. Dies geschieht jedoch nicht, weil der Sauerstoff in Ihrer Muskulatur nicht mehr ausreicht! Sie haben immer ausreichend Sauerstoff in Ihrer Arbeitsmuskulatur. Das Hinzuschalten des anaeroben Stoffwechsel erfolgt, weil Ihr Körper über diesen schnelleren Energiebereitstellungsweg in derselben Zeit mehr energiereiche Phosphate zur Verfügung stellen kann. Der anaerobe Stoffwechselweg ist also einfach schneller. Allerdings führt er über die Zeit auch zu einem starken Abbau Ihrer Energiespeicher. Beim anaeroben Abbau von Kohlenhydraten entstehen auch vermehrt Stoffe, die irgendwann zum Belastungsabbruch führen. Eine Spiroergometrie kann dabei gerade Triathleten sehr wichtige Informationen über das Funktionieren des Körpers und den aktuellen Anpassungsstand geben. Die Analyse Ihrer Sauerstoffaufnahme kann dabei helfen, zu sehen, wie gut Ihre Fettverbrennung funktioniert und wie ökonomisch Ihr aerober Stoffwechsel funktioniert. Dank der modernen Atemgasanalyse lassen sich sogar Zielbereiche für den Radsplit bei einem Wettkampf festlegen, um eine Überlastung zu vermeisden.
Text: Dennis Sandig
Foto: Klaus Arendt
Dennis Sandig ist Sportwissenschaftler und hat nach seinem Studium an der Universität des Saarlandes und der Universität Würzburg gearbeitet. Als Fachautor hat der bei der Deutschen Triathlon Union angestellte Referent für Bildung Diskussions- und Forschungsbeiträge veröffentlicht und referiert unter anderem für die Traineraus- und -weiterbildung.