Triathlon, ein faszinierender Sport, ein vielseitiger Sport. Diese Vielseitigkeit gilt nicht nur für die Ausdauersportarten Schwimmen, Radfahren und Laufen, sondern auch oder gerade in Bezug auf das individuelle Zeitmanagement.
Insbesondere gilt das für jeden Triathleten, der neben seinem Sport ja auch seinem Beruf und seinem Privatleben gerecht werden will. Für mich ist nur der Triathlet erfolgreich, dem es gelingt, den Sport in sein Berufs- und Privatleben zu integrieren, ohne dabei einen wesentlichen Bereich seines Lebens zu ruinieren. Und dies trifft eben für mehr als 99 Prozent der Triathleten zu, die keine Vollprofis sind und trotzdem sportlichen Ambitionen nachgehen. Ohne einen Anspruch auf Vollständigkeit zu erheben, können hierbei nachfolgende Überlegungen hilfreich sein. Der Triathlonsport erfordert einen mündigen und selbstkritischen Athleten, der nicht nur ständig sein Training hinterfragt, sondern auch sein Berufs- und Privatleben. Nur somit erhalten Sie die notwenige Balance, um sich auch bei der Ausübung Ihres Lieblingshobbys frei entfalten zu können.
Zeitfresser
Eingangs möchte ich zwei Beispiele aufführen, die Ihre Gedanken in die richtige Richtung lenken sollten:
- Ein Top-Manager oder auch ein selbständiger Unternehmer, der täglich 12-14 Stunden arbeitet, hat verständlicherweise wenig oder gar keine Zeit für irgendeine sportliche Betätigung. Verliebt sich dieser Mensch von jetzt auf gleich, so findet diese „geschundene Person“ plötzlich Freiräume, um auch seiner neuen Lebenssituation gerecht zu werden.
- Der durchschnittliche Fernsehkonsum in Deutschland beträgt 205 Minuten pro Tag und Zuseher. Das sind fast 3,5 Stunden pro Tag. Mit der Hälfte dieser Zeit lässt sich bereits ein Ironmantraining bewerkstelligen. Sicherlich gehören die sportlichen Menschen nicht zu den Dauerfernsehguckern. Jedoch lässt sich hier bei den übrigen Personen sicherlich die eine oder andere Stunde für den Sport abzweigen.
Tun Sie also einfach so, als wenn Sie sich eine neue Freundin zulegen. Oder verzichten Sie einfach auf die vierte Wiederholung eines Kinofilms aus den Achtzigern. Sport als neue Freundin, als neuer Actionpartner, so einfach kann das sein.
Drei-Stufen-Strategie
Zudem möchte ich nachfolgend aber noch weitere konkrete Maßnahmen anführen, die Ihnen dabei helfen sollen, den Triathlon erfolgreich anzugehen. Bei allen Überlegungen, Sport, Beruf und Privates unter einen Hut zu bringen, kann Ihnen weiterhin meine Drei-Stufen-Strategie behilflich sein. Um etwas Außergewöhnliches leisten zu können, benötigen wir auf der 1. Stufe einen Traum, eine Vision. Egal, ob es sich dabei um eine Olympische Distanz, eine Mittel- oder Langdistanz irgendwo auf der Welt oder gar eben um den Ironman Hawaii handelt, wenn Sie diese Herausforderung gefunden haben, begeben Sie sich auf die 2. Stufe „Die realistische Zielplanung“. Neben der konkreten zeitlichen Vorstellung zur Bewältigung des sportlichen Ziels, sollten Sie hier Ihr privates Umfeld mit einbeziehen, um dann relativ unbeschwert sich der 3. Stufe „Umsetzung und Finish“ widmen zu können. Und jetzt kann Ihr systematisches Training beginnen, für das Sie die notwendigen Voraussetzungen geschaffen haben.
Vereinstraining
Der überwiegende Teil der Triathleten trainiert zumindest teilweise innerhalb eines Vereins oder einer Trainingsgruppe. Diese sind in aller Regel sehr heterogen zusammengesetzt. Bei der konkreten Trainingsplanung wird dann häufig ein gravierender Fehler begangen, der sich später bitter rächt. Sie erfolgt für die gesamte Gruppe, ohne jedoch das individuelle Umfeld eines jeden einzelnen Triathleten berücksichtigt zu haben.
Die sportliche Leistung eines einzelnen Athleten ist von einer ganzen Reihe von Faktoren abhängig. Diese wiederum sind bei jedem Einzelnen anders gewichtet. Darum kann ich niemals auf die Faktoren und Möglichkeiten eines anderen Athleten zurückgreifen, sondern muss so stur sein und darf „nur“ meine Möglichkeiten und meine Chancen sehen und nutzen. Über dieses Thema ließe sich allein ein ganzes Buch schreiben. Weitere Tipps Bei der Verteilung der Trainingsumfänge gilt es besonders auf die Regenerationstage, Regenerationswochen und Regenerationsmonate zu achten. Nutzen Sie diese, um vernachlässigte Dinge zu erledigen. Für jeden berufstätigen Triathleten hängt der Erfolg oder Misserfolg bei der sportlichen Betätigung davon ab, inwieweit es gelingt, das Training in den Alltag zu integrieren. Und zwar so, dass sich der zeitliche Aufwand vertreten lässt. Lange Anfahrtswege zum Training erschweren die Bedingungen enorm. Dagegen sollte jeder Athlet sein Umfeld eingehend überprüfen, ob er nicht die eine oder andere der folgenden Möglichkeiten nutzen kann:
- Fahren Sie täglich (oder an einigen Tagen) mit dem Rad zum Dienst. Mehr oder weniger lange Umwege ermöglichen die geplanten Trainingsfahrten.
- Suchen Sie vor Dienstantritt eine Schwimmhalle auf.
- Gehen Sie in der Mittagspause laufen oder schwimmen.
- Nutzen Sie an einigen Tagen öffentliche Verkehrsmittel oder eine Mitfahrgelegenheit, um abends nach Hause zu laufen.
- Fahren Sie mit dem Rad zu Bekannten- oder Verwandtenbesuchen, während die Familie mit dem Auto fährt.
- Lassen Sie sich bei langen Laufeinheiten von einem oder mehreren Familienmitgliedern auf dem Rad begleiten.
- Lassen Sie sich beim Schwimmen im See von einem Familienmitglied im Boot begleiten.
- Nutzen Sie im Urlaub die frühen Morgenstunden zum Radfahren. Dann herrscht noch kein Verkehr, die Temperaturen sind angenehm und der ganze Tag steht Ihnen zur freien Verfügung.
- Gehen Sie gemeinsam ins Freibad.
- Machen Sie im Kreis Ihrer Familie gemeinsame Radtouren. Allerdings sollte der besser trainierte Partner ein schweres Rad wählen.
- Laufen Sie im Kreis Ihrer Familie, bei dem der jüngste Teilnehmer die Strecke und das Tempo bestimmt. Die ambitionierten Familienmitglieder hängen anschließend noch ihre Laufeinheit an.
Gerade Letzteres hat meinen Töchtern immer großen Spaß bereitet und unterwegs für sehr anregende Unterhaltungen gesorgt. Das dann auch mal Bemerkungen wie: „Papa, weil du keine graue Maus sein möchtest, müssen wir hier laufen.“ fallen, muss man sich als Vater von pubertierenden Töchtern schon mal gefallen lassen.
Gemeinsam werden Sie erfolgreich
Es existiert also eine ganze Reihe von Möglichkeiten, das Training so an- und einzuordnen, dass es für eine Partnerschaft/Familie wenig belastend wirkt. Neben dieser geschickten Trainingsgestaltung halte ich das Einbeziehen der Familie und des Lebensgefährten in den Sport für eine ganz entscheidende Angelegenheit. Wenn die Freundin oder die Familie den Triathlon nicht nur missmutig hinnimmt, sondern auch noch aktiv unterstützt, so kann das nur Ihrer sportlichen Entwicklung förderlich sein. Als Gegenleistung sollten Sie gemeinsam mit Ihren Partnern die oft reizvollen Reisen, Kurzurlaube und langen Wochenenden antreten. Dabei muss es ja nicht ausschließlich um Training oder Wettkämpfe gehen. Und mit ein wenig Fantasie lässt sich dieser partnerfreundliche Triathlonkatalog auch noch beliebig erweitern.
Text: Dr. Hermann Aschwer
Foto: Klaus Arendt
Dr. Hermann Aschwer betreibt seit über 30 Jahren Triathlon und absolvierte in dieser Zeit mehr als 300 Wettkämpfe, darunter 41 Langdistanzen und eine Doppel-Langdistanz. Dreimal reiste der Erste Vorsitzende des Tri-As Hamm nach Hawaii zu den Ironman-Weltmeisterschaften. Im In- und Ausland wurde Dr. Aschwer berühmt durch seine Bücher über den Triathlonsport.