Elektrische Muskelstmimulation

EMSBei der elektrischen Muskelstimulation werden mithilfe von Impulsen über die Haut Nerven angeregt, die das Zusammenziehen eines Muskels auslösen. Sehnen und Gelenke werden geschont und nur minimal belastet, Muskelkontraktionen und Stoffwechselprozesse wirkungsvoll angeregt.

 

Der ganz ohne Willensanstrengungen stimulierte Muskel selbst erkennt nämlich nicht, ob die Kontraktion durch das Gehirn gesteuert oder unbewusst durch einen externen
Impuls hervorgerufen wurde.

Der Einsatzschwerpunkt der Elektrostimulation (EMS) liegt in der medizinischen Rehabilitation und der Behandlung von

– Muskelschwund (Atrophie)
– Anregung/Lockerung der Muskelspannung ((De-)Tonisierung)
– Unterstützung/Übernahme gestörter Funktionen
– Muskelkräftigung
– Verbesserung der Blutzirkulation
– Verbesserung des Muskelgefühls
– Verbesserung der Gelenkmobilität.

Aber auch im Sport- und Fitnessbereich wird die EMS seit vielen Jahren eingesetzt. Anwendungsgebiete sind

– Muskelaufbau,
– Muskel- und Hautstraffung,
– Muskelentspannung,
– Unterstützung des Ausdauertrainings.

Rehabilitation
Athleten, bei denen nach einer Verletzung die verschiedenen Muskelfasertypen unterschiedlich ausgebildet sind und deshalb noch nicht optimal zusammenarbeiten, können mithilfe der Elektrostimulation den Wiederaufbau beschleunigen. Ein Patient, der zum Beispiel postoperativ seinen Oberschenkelmuskel (Quadriceps) nur schwach anspannen kann, benutzt dazu lediglich seine langsamen Typ-I-Muskelfasern. Der Heilungsprozess wird durch die externe Stimulation der schnelleren Typ-II-Fasern und der dadurch geleisteten Muskelarbeit verkürzt. Dabei ist allerdings darauf zu achten, dass die gewählte Frequenz den aufzubauenden Muskel nicht überfordert und nur schrittweise variiert werden darf. Dies ist insbesondere dann zu bedenken, wenn die EMS an einem gesunden Muskel-Nerven-Komplex eingesetzt wird.

Sport und Fitness
Wird die EMS richtig eingesetzt, trainiert ein Sportler, der seine Einheiten um elektrische Muskelstimulation ergänzt, „intensiver“ als jemand, der „nur“ aktiv trainiert. Ein auf Ausdauer ausgelegtes Programm sollte aus zahlreichen, jedoch nicht zu kräftigen Kontraktionen bestehen. Einer drei- bis fünfsekündigen Anspannung folgt im Verhältnis von 1:2 eine Pause von sechs bis zehn Sekunden. Je nach Trainingszustand und Zielsetzung folgen zwischen zehn und 30 Wiederholungen. Nach einer Pause von fünf Minuten können Sie diesen Vorgang noch zweimal wiederholen. Ein auf Kraft ausgelegtes Programm dagegen sollte aus wenigen, sehr kräftigen Kontraktionen mit dazwischen genügend langen Pausen bestehen (15 Sekunden Kontraktion, 30 Sekunden Pause, 10 Wiederholungen). Zur Optimierung der Muskelstärkung sollte während des Trainings die Reizfrequenz und die Elektrodenplatzierung variiert werden. Allerdings kann und wird die Elektrostimulation ein aktives Ausdauer- oder Krafttraining niemals ersetzen.

Fachgerechte Einweisung
Durch den richtigen und gezielten Einsatz gerade in der Sportphysiotherapie ist die EMS als eine wertvolle Ergänzung nicht mehr wegzudenken und stellt einen wichtigen Baustein in der schnellen Rekonvaleszenz unserer Sportler dar. So kann nach Verletzungen durch eine regelmäßige Muskelstimulation die Mobilität und Muskelkraft, auch bei einer notwendigen Ruhigstellung eines betroffenen Körperteils, wesentlich erhalten bleiben. Hierdurch kann die Rehabilitationszeit deutlich verkürzt werden. Gerade nach Verletzungen gehört die EMS in erfahrene Hände. Zumindest sollte vor der Anwendung der Rat eines erfahrenen Arztes, Heilpraktikers oder Physiotherapeuten eingeholt werden und eine fachgerechte Einweisung erfolgen. Gleiches gilt auch, wenn es darum geht, sich ein Gerät anzuschaffen.

Fachgerechter Einsatz
Da es mittlerweile eine Vielfalt an Geräten auf dem Markt gibt, gilt auch hier, sich vor dem Kauf umfassend zu informieren. Qualität hat auch ihren Preis. Bei der Auswahl eines leistungsfähigen Gerätes sollte nicht am falschen Ende gespart werden. So stellen diverse Billiganbieter zum Beispiel folgende „heilbringende Einsatzmöglichkeiten“ in den Vordergrund:

– Lymphdrainage und Krampfprävention,
– Schmerzbehandlung für Nacken, Rücken und Muskelverspannungen,
– belebende und festigende Relaxmassagen.

Bedenken Sie, dass eine Lymphdrainage in die Hände eines erfahrenen Therapeuten gehört und keinesfalls nebenbei mittels Elektrostimulation durchzuführen ist. Gerade bei Störungen des Lymphflusses sollte immer abgeklärt werden, warum dies so ist. Unsachgemäße Behandlungsmethoden können zu erheblichen Schädigungen, vor allem im Gewebe, führen. Chronische Folgeerkrankungen sind keine Seltenheit. Auch bei der Schmerzbehandlung ist zu beachten, das Schmerzen immer eine Ursache haben. Viele doktern allein herum oder hören auf Ratschläge anderer. Linderungen sind häufig nur von kurzer Dauer. Über kurz oder lang kommt der Schmerz wieder zum Vorschein. Nämlich dann, wenn man wieder etwas „Neues“ hat, von dem man denkt, es wäre über Nacht, ohne erkennbare Aktion gekommen. Bedenken Sie, der stete Tropfen höhlt den Stein. Finden Sie gemeinsam mit einem Experten die Ursachen heraus. Nicht richtig therapierte Verletzungen verursachen kleinste Mikrotraumen, die im ersten Moment nur schwer diagnostizierbar sind, aber zu einem späteren Zeitpunkt neue Probleme und Beschwerden verursachen können. Die EMS kann durchaus zur leichten Lockerung der Muskeln angewandt werden, aber sie ersetzt keinesfalls eine professionell durchgeführte Massage, bei der der Therapeut genau ertastet, wo sich die Problemzonen befinden.

Kein Einsatz
Keine Anwendungen sollten bei Menschen mit Herzschrittmachern und Herzleiden erfolgen sowie im Kopfbereich, vorne und seitlich am Hals, im Bereich von Hautverbrennungen, Hautverletzungen oder -erkrankungen, bei Schwangeren im Unterleibsbereich und bei schweren arteriellen Verschlusskrankheiten.

Text:
Olaf Souliotis ist selbstständiger Heilpraktiker und Physiotherapeut und betreut seit über 25 Jahren Profi- und Amateursportler. Gemeinsam mit seiner Frau Ute führt er in Liederbach am Taunus eine Praxis. Seine Einsatzschwerpunkte liegen neben der Sportphysiotherapie in Naturheilverfahren mit speziell auf den Sportler abgestimmten und entwickelten Therapien. Mentalcoaching, bioenergetische Regeneration und Balancetraining runden sein Betätigungsfeld ab.