Kräftigungsübungen sind für viele Triathleten ein notwendiges Übel. Wenn es dann tatsächlich mal dazu kommt, dass sie sich mit der ungeliebten Trainingsform auseinandersetzen, dann geben sie es sich meist so richtig!
Will heißen, mit Hanteln – vorzugsweise möglichst groß und schwer – damit es wenigstens nach richtigem Training aussieht. Auf den Gedanken, sich dazu mit einem Gymnastikball zu arrangieren, kommen wenige.
Das verstaubte Image dieses Trainingsgerätes ist dabei oft das Haupthindernis. Gymnastik, allein schon dieses Wort klingt irgendwie nach Anti-Sport. Gymnastik, das ruft unweigerlich Assoziationen wie Rehabilitation oder Seniorensport hervor, also eher Gegensätze zu Training, Leistung und Topform.
Der erste Blick täuscht
Nun aber Klischees beiseite, denn das Gymnastikballtraining ist wesentlich besser als sein Image. Wer glaubt, ein wenig auf dem Ball hin und her zu rollen sei nicht anstrengend, der wird sich nach der ersten Einheit wundern. Denn auch, wenn die Übungen vorerst simpel erscheinen, so steigert der elastische Gummiball den Schwierigkeitsgrad beträchtlich. Das liegt primär an der Instabilitätskomponente. Neben der eigentlichen Übungsbewegung muss die Muskulatur zusätzlich die Bewegung des Balles ausgleichen, um somit die Grundposition zu halten. Neben der Kräftigung ist deshalb die koordinative Komponente ein weiterer positiver Effekt des Gymnastikballtrainings. Ein ordentlicher Muskelkater sollte also garantiert sein.
Lassen Sie Luft ab
Da der Ball keine stabile Unterlage bietet, sondern nachgibt und sich bewegt, werden neben den großen Oberflächen- die kleinen Tiefenmuskeln aktiviert. Dadurch erhält das Training mit dem Gymnastikball zusätzlich zu seiner kräftigenden, eine stabilisierende Wirkung. Gleichzeitig jedoch ist Stabilität eine Grundvoraussetzung für eine saubere Übungsausführung, was gerade anfänglich einige Schwierigkeiten bereiten kann. Einsteiger sollten deshalb die Luftmenge im Ball reduzieren. Ein voll aufgepumpter Ball ist als Unterlagefläche besonders anspruchsvoll, da bereits die Ausgangsposition sehr instabil ist. Einen Einheitswert, wie viel Luft im Ball sein sollte, gibt es nicht. Die Luftmenge und somit der Grad der Instabilität, hängt in hohem Maße vom Trainingszustand des Athleten ab und sollte deshalb individuell angepasst werden.
Schon der Versuch zählt
Dennoch werden Sie feststellen, dass viele der Übungen anfangs bereits daran scheitern, dass Sie Ihre Position auf dem Gymnastikball nicht ausreichend stabilisieren können und deshalb immer wieder abrutschen. Lassen Sie sich davon nicht entmutigen! Spätestens nach zwei bis drei Trainingseinheiten sollte es besser werden. Außerdem ist bereits der Versuch, die Ausgangsposition auf dem Ball zu halten, ein wirkungsvolles Stabilisationstraining. Das bedeutet, selbst wenn es Ihnen nicht gelingt, gleich die komplette Übung auszuführen, haben Sie dennoch einen Trainingsreiz für Ihre Muskeln gesetzt.
Worauf beim Ball zu achten ist
Bevor Sie loslegen können, noch ein Tipp: Gymnastikbälle gibt es in verschiedenen Größen. Beim Kauf des Balles ist Ihre Körpergröße zu berücksichtigen. Ein Ball mit kleinem Durchmesser ist für große Läufer ebenso ungeeignet wie umgekehrt. Ist der Ball deutlich zu groß oder zu klein, werden die meisten Übungen sehr schwierig, einige sind gar nicht durchführbar. Falls Sie die Möglichkeit bekommen, Bälle in verschiedenen Größen auszuprobieren, ist dies die einfachste Art herauszufinden, welcher der passende für Sie ist. Wenn nicht, sollten Sie als Richtwert die Relation zwischen Körpergröße und Durchmesser des Balles bei Ihrer Wahl berücksichtigen.
Im 2. Teil des Artikels folgen morgen praktische Trainingsübungen mit dem Ball.
Matthias Haller war sechs Jahre Leistungssportler.
2012 beendete der Läufer (400 bis 1.500 m) aufgrund von Verletzungen seine Karriere. Seit 2011 ist er als freier Autor für verschiedene Laufmedien tätig (Schwerpunkte: Leichtathletikberichterstattung, Trainingsratgeber – speziell allgemeines Athletiktraining, läuferspezifisches Athletiktraining, Verletzungsprophylaxe).
Foto: Frederic Giloy/www.geepix.de