Dass der Gymnastikball alles andere als ein altmodisches Trainingsgerät ist, hat Matthias Haller im 1. Teil seines Artikels bereits erläutert. Heute zeigt der ehemalige Profi-Läufer wie man mit wenigen Übungen ein komplettes und effektives Krafttrainingsprogramm absolvieren kann.
Wer glaubt, ein wenig auf dem Ball hin und her zu rollen sei nicht anstrengend, der wird sich nach der ersten Einheit wundern. Denn auch, wenn die Übungen vorerst simpel erscheinen, so steigert der elastische Gummiball den Schwierigkeitsgrad beträchtlich. Das liegt primär an der Instabilitätskomponente. Neben der eigentlichen Übungsbewegung muss die Muskulatur zusätzlich die Bewegung des Balles ausgleichen, um somit die Grundposition zu halten. Neben der Kräftigung ist deshalb die koordinative Komponente ein weiterer positiver Effekt des Gymnastikballtrainings. Ein ordentlicher Muskelkater sollte also garantiert sein.
Übung 1 – Liegestütze (Arme auf dem Ball)
Die Liegestützübung mit den Armen auf dem Medizinball stärkt Oberkörper- und Armmuskulatur. Anfangs ist diese Übung jedoch eine ziemlich wackelige Angelegenheit. Um einen sicheren Griff zu haben und nicht seitlich vom Gymnastikball abzurutschen, sollte man die Handflächen nicht parallel, sondern leicht nach innen gedreht aufsetzen. Grundsätzlich ist der Abstand zwischen den Händen bei dieser Liegestützvariante geringer als bei klassischen Liegestützen. Die Schwierigkeit besteht darin, die Seitwärtsbewegung des Balles auszugleichen, während Sie die Liegestütze ausführen, wodurch die Übung einen zusätzlichen Stabilisationseffekt erzielt.
Übung 2 – Liegestütze (Beine auf dem Ball)
Die zweite Variante der Liegestütze mit Gymnastikball ist der klassischen Form der Übung sehr ähnlich. Der Ball dient dabei als Beinerhöhung. Somit wird die Belastung auf die Armmuskulatur erhöht. Folglich steigt der Trainingsreiz. Wenn man bereits mit normalen Liegestützen Schwierigkeiten hat, ist diese Übung nicht zu empfehlen, da sie wesentlich anspruchsvoller ist. Durch die Instabilität der Auflagefläche für die Füße muss die Oberkörper- und Armmuskulatur diese zusätzlich zur Stützarbeit ausgleichen. Über die Auswahl der Fußstellung kann man zudem den Schwierigkeitsgrad der Übung steuern.
Je weiter die Füße auseinander sind, desto stabiler ist die Grundposition.
Übung 3 – Sit-ups
Wie bereits bei den vorherigen Übungen, so ist auch bei den Sit-ups die instabile Auflagefläche die besondere Herausforderung. Während der Sit-ups bewegt der Ball sich ebenfalls. Diese Unruhe gilt es auszugleichen, beziehungsweise auf ein Minimum zu reduzieren. Ziel der Übung ist es, die Sit-ups so kontrolliert auszuführen, als würden man diese auf einem festen Untergrund absolvieren. Durch das Ausgleichen der Bewegung des Balls werden neben den Bauchmuskeln so noch weitere Muskeln im Rumpfbereich angesprochen. Bei dieser Übung wie auch bei allen anderen gilt: Langsame und saubere Ausführung haben Priorität!
Übung 4 – Seitliche Rumpfmuskulatur
Bereits die Ausgangsposition für diese Übung verlangt einige Balance. Leg dich seitlich etwa in Hüfthöhe auf den Ball. Hierbei ist es besonders wichtig, dass der Ball nicht zu voll aufgepumpt ist. Falls du anfänglich Schwierigkeiten hast, dich auf dem Ball zu halten, übe einfach weiter! Es wird schnell einfacher. Da die Auflagefläche auf dem Ball sehr klein ist, sollten die Beine in Schrittstellung gehalten werden, um die Stabilität zu erhöhen. Stelle idealerweise deine Füße an einer Wand an, um zusätzlichen Halt zu bekommen. Achte darauf, dass beim Auf- und Abbewegen des Oberköpers die obere Schulter nicht nach vorne kippt.
Übung 5 – Oberschenkel Rückseite
Auch diese Übung dürfte dir anfangs einiges Geschick abverlangen. Da nur eine Ferse als Kontaktfläche mit Ball dient, ist die Ausgangsposition bereits sehr instabil. Du verringerst den Schwierigkeitsgrad der Übung, indem du die Arme vom Rumpf abspreizst, statt direkt anzulegen. So wird die Auflagefläche größer und du kannst die Seitwärtsbewegung des Balles besser ausgleichen. Nun drück dich mit einem Bein nach oben, bis die Hüfte gestreckt ist. Beachte, dass die Abwärtsbewegung endet, bevor das Gesäß den Boden berührt. Da diese Übung besonders für den Oberschenkelbeuger sehr intensiv ist, empfiehlt es sich, mit wenigen Wiederholungen zu beginnen.
Übung 6 – Kniebeugen mit Ausfallschritt
Wie bereits der Name andeutet, setzt sich diese Übung aus der Kniebeuge und dem Ausfallschritt zusammen. Der Unterschied liegt darin, dass sich, anders als beim klassischen Ausfallschritt, das Ausfallbein nicht nach vorne bewegt, sondern eine Kniebeuge macht. Die Ausfallbewegung kommt dadurch zustande, dass das hintere Bein über den Ball abrollt. Das Abrollen endet in der Ausfallbewegung. Der Gymnastikball sorgt dafür, dass die Position des hinteren Beines nicht stabil ist, sodass die Seitwärtsbewegung des Balls ausgeglichen werden muss und neben der Kräftigungs- eine zusätzliche Stabilisierungswirkung erzielt wird.
Matthias Haller war sechs Jahre Leistungssportler.
2012 beendete der Läufer (400 bis 1.500 m) aufgrund von Verletzungen seine Karriere. Seit 2011 ist er als freier Autor für verschiedene Laufmedien tätig (Schwerpunkte: Leichtathletikberichterstattung, Trainingsratgeber – speziell allgemeines Athletiktraining, läuferspezifisches Athletiktraining, Verletzungsprophylaxe).