Immer mehr Menschen, die erfolgreich erste ausdauersportliche Erfahrungen gesammelt haben, von dem Erlebnis in einer großen Stadt oder in einer landschaftlich reizvollen Umgebung fasziniert sind und von den Glücksgefühlen übermannt sind, träumen davon, auch einen Triathlon zu finishen. Die Frage „Sind Sie gesund für die Saison 2024?“ stellen sich im Vorfeld leider viel zu wenig Ausdauerinteressierte!
Leider gehen viele Menschen das Projekt „Ausdauersport“ immer noch viel zu unbedarft an. Tragische Todesfälle stellen bei Lauf- und Triathlonveranstaltungen die Leistungen aller Teilnehmer in den Hintergrund, weil die Tagespresse an den Tagen danach meistens die „unmenschlichen Distanzen“ thematisiert. Dass ein Wettkampf insbesondere für einen Hobbysportler die Belohnung einer langfristig und teilweise sehr akribisch durchgeplanten Vorbereitungsphase ist, wird in aller Regel nicht angesprochen. Ob die Todesursache auf einen noch nicht ausgeheilten Infekt oder einen nicht bekannten Herzfehler zurückzuführen war, wird, wenn überhaupt, erst Wochen später in einer kleinen Randnotiz veröffentlicht. Viel zu spät, denn zu diesem Zeitpunkt hat sich in den Köpfen der „Nichtsportler“ die Überschrift „Todesfall beim Triathlon“ mit dem Stichwort „ungesund“ eingebrannt.
Hingegen ist die Dunkelziffer derjenigen, die im Training schwerwiegende gesundheitliche Schäden erleiden oder gar versterben, unbekannt. Und deshalb ist es umso wichtiger, dass nicht nur Neueinsteiger, sondern auch erfahrene Ausdauersportler sich mit der Thematik „Gesundheit und Prävention“ regelmäßig auseinandersetzen, um zu wissen, auf was bei der Ausübung unseres schönen Sportes insbesondere zu achten ist.
Sportärztliche Gesundheitsuntersuchung
Mindestens einmal jährlich sollte im Rahmen einer sportärztlichen Vorsorge- und Gesundheitsuntersuchung neben der Analyse und richtigen Interpretation der Blutwerte auch ein Ruhe- und Belastungs-EKG sowie ein Lungenfunktionstest vorgenommen werden. Neueinsteiger sollten auf jeden Fall den sportmedizinischen Check-up durch ein Echokardiogramm (Herzultraschall-Untersuchung) abrunden, damit mögliche Herzfehler, die eine ausdauersportliche Belastung ausschließen, nicht unentdeckt bleiben. Aber auch die sogenannten „ erfahrenen Hasen“ sollten diesen zusätzlichen Aufwand in regelmäßigen Zeitabständen nicht scheuen.
Erst wenn der (sportmedizinisch erfahrene) Facharzt für Training und Wettkampf sein
„O. K.“ gibt, können Sie mit der Sicherheit, medizinisch und organisch gesund zu sein, ihrem Hobby mit ruhigem Gewissen nachgehen. Allerdings handelt es sich hierbei nicht um einen Freifahrtschein, bei den anstehenden Einheiten „unkontrolliert zu ballern“. Vernachlässigen Sie nicht Ihre somatische Intelligenz, in den eigenen Körper hineinzuhören und zu spüren, was Ihnen persönlich guttut und wonach Ihr Organismus gerade verlangt. Nehmen Sie Körpersignale wahr und handeln Sie entsprechend. Darunter fällt auch ein grundsätzliches Sportverbot bei Infekten sowie bei der Einnahme von Antibiotika.
Zielsetzungen
Eine qualitativ gute sportmedizinische und gegebenenfalls sportkardiologische Vorsorgeuntersuchung wird von allen medizinischen Fachverbänden empfohlen, insbesondere für die über 35-Jährigen und bei allen Personen mit einem oder mehreren Herz-Kreislauf-Risikofaktoren. Aber auch bei anderen Erkrankungen wie Stoffwechselleiden (zum Beispiel Diabetes mellitus), orthopädischen Erkrankungen und Tumorleiden nimmt Sport einen hohen Stellenwert ein. Daher empfehlen medizinische Fachgesellschaften übereinstimmend regelmäßige körperliche Aktivität als wichtigen Bestandteil der Lebensstilintervention zur Prävention zahlreicher Krankheiten. Neuere Untersuchungen zeigten wiederholt, dass durch eine sportärztliche Vorsorgeuntersuchung das kardiale Risiko, insbesondere für den plötzlichen Tod im Sport, gesenkt werden kann.
Die sportärztliche Vorsorgeuntersuchung im Sinne einer Gesundheitsuntersuchung dient der Erkennung latent vorhandener, aber noch nicht bekannter oder bereits manifester Krankheiten, die eine Gefährdung darstellen können. Die Vorsorgeuntersuchung soll gesundheitliche Risiken mindern und vermeiden helfen sowie eine optimale Ausübung von Sport und körperlicher Aktivität für jeden Sporttreibenden ermöglichen. Bei einem unauffälligen Ergebnis der Vorsorgeuntersuchung ist das gesundheitliche Risiko vermindert, wenngleich eine absolute Sicherheit nicht gegeben sein kann. Auf Grundlage der vorhandenen Risikofaktoren ist eine weitere Risikoabschätzung mittels diverser Scores – beispielsweise auf Basis einer Blutwertanalyse – sinnvoll. Bei Sporttreibenden besteht vor allem bei Neu- und Wiedereinsteigern sowie älteren Personen ein erhöhtes Risiko im Bereich Herz, Kreislauf und Bewegungsapparat. Bei Personen mit nicht erkannten Erkrankungen des Herz-Kreislauf-Systems ist die Möglichkeit für einen kardialen Zwischenfall bei intensiver sportlicher Betätigung erhöht. Dies gilt insbesondere zu Beginn eines intensiven körperlichen Trainings. Der zu untersuchende Personenkreis in meiner täglichen Praxis ist breit gefächert: Neu- oder Wiedereinsteiger im Bereich Freizeitsport jeden Alters – vom Kind bis zu Senioren über 80 Jahren – ambitionierte Freizeitsportler wie auch Leistungssportler. Allerdings gelten für Kaderathleten und ambitionierte Wettkampfsportler gesonderte Empfehlungen. Als Richtschnur für das Untersuchungsprogramm dienen in der täglichen Praxis die Leitlinien der „Deutschen Gesellschaft für Sport- und Präventivmedizin“, bestehend aus Anamnese, körperlichen und apparativen Untersuchungen. Die Indikation zur Durchführung Letzterer richtet sich nach dem Alter, der Anamnese, der Beschwerdesymptomatik und dem Vorliegen kardiovaskulärer Risikofaktoren sowie nach der jeweiligen Fragestellung.
Ruhe-EKG
Ein Ruhe-EKG mit zwölf Ableitungen sollte bei jeder sportmedizinischen Untersuchung obligatorisch sein. Dabei liegt der Patient entspannt auf einer Liege. Insgesamt werden zehn Messelektroden auf die Haut gesetzt und mit dem EKG-Gerät zur Bestimmung der elektrischen Herzaktivität verbunden. Diese Punkte befinden sich an sechs genau definierten Stellen der vorderen Brustwand und an den vier Extremitäten.
Belastungsergometrie
Die Durchführung einer Belastungsuntersuchung mit einem Belastungs-EKG (Rad- oder Laufband-Ergometrie) kann ein wichtiger Bestandteil der sportmedizinischen Untersuchung sein. Während der körperlichen Belastung kommt es zu vielfältigen Anpassungserscheinungen von Herz-, Kreislauf- und Lungenfunktion. Beim Belastungs-EKG wird fortlaufend die Herzfrequenz gemessen, die entsprechend der Belastungsintensität ansteigt. Parallel zur Herzfrequenz steigt üblicherweise auch der Blutdruck an, der ebenso fortlaufend registriert wird. Die Belastungsuntersuchung dient der (Früh-)Erkennung von koronaren Durchblutungs- und Rhythmusstörungen. Weiterhin kann eine Beurteilung des Blutdrucks unter Belastung erfolgen. Aus den ergometrischen Daten lassen sich zudem gezielte sportartspezifische Trainingsempfehlungen ableiten.
Echokardiografie
Die Echokardiografie kann ein weiterer wichtiger Bestandteil der sportärztlichen Vorsorgeuntersuchung sein. Die transthorakale Echokardiografie ist das wichtigste und am häufigsten verwendete nicht invasive Untersuchungsverfahren in der kardiologischen Diagnostik. Mit ihr ist eine genaue Beurteilung und Funktionsanalyse der Herzwände, Vorhöfe, Herzkammern und -klappen sowie der herznahen Gefäße möglich. Die Echokardiografie funktioniert ohne Strahlung und ist beliebig reproduzierbar. Der Untersuchungsablauf erfolgt nach einem standardisierten Schema mit Bilddokumentation. Eine Echokardiografie ist immer bei Verdacht oder bei Vorliegen einer strukturellen Herzerkrankung indiziert, wie zum Beispiel Herzmuskelerkrankungen oder Herzklappenfehlern. In meiner Praxis werden alle Neupatienten echokardiografiert und je nach Befund verlaufskontrolliert. Die Untersuchung kann auch und gerade dann zum Einsatz kommen, wenn ein Patient mit dem Ausdauersport beginnen oder höhergesteckte sportliche Ziele erreichen möchte.
Lungenfunktion (Spirometrie)
Die Durchführung einer Spirometrie ist im Rahmen einer Vorsorgeuntersuchung sinnvoll, da die Funktion der Lunge eine der Determinanten der kardiopulmonalen Belastbarkeit darstellt. Bei Verdacht auf ein Belastungs-Asthma muss die Spirometrie (gegebenenfalls Ganzkörperplethysmografie) nach entsprechender Provokation erfolgen: bei Kälte oder Laufbelastung im Freien. Bei Rauchern gilt die Spirometrie zur Früherkennung als sinnvoll und geeignet.
Spiroergometrie
Die Spiroergometrie als klassische sportmedizinische Untersuchungsmethode ermöglicht durch die Bestimmung der maximalen Sauerstoffaufnahme (V02max) die Beurteilung der aeroben Kapazität und der maximalen körperlichen Leistungsfähigkeit. Sie stellt keine obligate Untersuchung dar. Bei entsprechender Symptomatik wie Kurzatmigkeit (Dyspnoe) oder Leistungsminderung ist diese Untersuchung zur Abklärung hilfreich. Sie kann exakte Hinweise zur Trainingsberatung und Beurteilung der Leistungsfähigkeit liefern. Die Spiroergometrie wird bei entsprechender Symptomatik oder gezielten Fragestellungen eingesetzt. Sie ist kein obligater Bestandteil einer sportmedizinischen Untersuchung.
Röntgenuntersuchung
Derzeit liegen keine Untersuchungen vor, wonach es Indikationen für eine routinemäßige Röntgenuntersuchung der Thoraxorgane gibt. Bei anamnestischen Angaben (Husten, Auswurf, Luftnot, langjähriger Nikotinabusus) und klinisch verdächtigen Befunden wird ergänzend eine Bildgebung durchgeführt.
Ergebnis: Sind Sie gesund für die Saison 2024?
Die Ergebnisse einer sportärztlichen Vorsorgeuntersuchung können lauten:
– sportgesund ohne Einschränkung
– sportgesund mit Einschränkung: weitere fachärztliche Abklärung mit Angabe des Gebietes beziehungsweise sportgesund nur für bestimmte Sportarten
– nicht sportgesund: weitere Abklärung erforderlich
Text: Dr. Kurt Johannes Schmieg
Online-Gesundheitsspezial
In den kommenden Tagen veröffentlichen wir an dieser Stelle weitere relevante Gesundheitsartikel zu den Themen Blutwertanalyse, Mikronährstoffe, Infekte, Antibiotika und Schmerzmittel sowie Sport & Kälte.
Fotos: Ralf Graner