Schwimmtechnik:
Übung macht den Meister – Teil 2

Die Schwimmtechnik ist sehr komplex. Es müssen nicht nur viele Merkmale beachtet, sondern auch koordinativ abgestimmt werden. Wie geht man also in der Praxis das Thema richtig an.

 

Nachdem wir in den vergangenen Tagen die ersten drei Phasen (Technikanalyse, Spüren und Steuern von Bewegungen) einer erfolgreichen Technikumstellung kennengelernt haben, folgen heute Details zur Umsetzung der richtigen Bewegungen und zur Automatisierung des Ablaufs.

Teil 1: Übung macht den Meister (Phasen 1-3)

Phase 4: Umsetzung der richtigen Bewegungen
Erst nachdem Sie die ersten drei Phasen durchlaufen haben, gehen Sie in die Umsetzung. Die Umsetzung der richtigen Technik können Sie über drei verschiedene Wege erzeugen:

(a)   Konzentriertes Umsetzen in der Gesamtbewegung
(b)  Umsetzung mittels gezielter Technikübungen
(c)   Mix aus Technikübungen und Umsetzung der Gesamtbewegung.

Ich empfehle über Weg (c) das Ziel zu erreichen. Oftmals macht es Sinn, Technikübungen und Gesamtbewegung miteinander zu verbinden. Schwimmen Sie zum Beispiel 8 x 50 Meter mit einer Pause von 15 Sekunden. Hierbei schwimmen Sie 25 Meter Technikübung und 25 Meter Gesamtbewegung. Suchen Sie sich eine gezielte Technikübung raus, mit der Sie das ausgewählte Technikelement bewusst trainieren können. Hierbei können Sie ruhig achtmal dieselbe Technikübung schwimmen. Denn um eine Verbesserung herbeizuführen, bedarf es vieler zyklisch wiederkehrender Bewegungen (siehe Kasten: Wie lange dauert eine Technikveränderung in Teil 1 der Artikelserie). In den anschließenden 25 Metern Gesamtbewegung sollten Sie nicht einfach nur kraulen, sondern sich auf genau das Element konzentrieren, welches Sie gerade korrigieren wollen. Versuchen Sie die richtige Bewegung aus der Technikübung in die Gesamtbewegung zu übertragen. Es ist normal, wenn Sie anfangs noch relativ langsam schwimmen und die Bewegungen nur über eine kurze Strecke umsetzen können. In der Phase der Umsetzung ist einzig wichtig, dass Sie überhaupt anfangen in der richtigen Technik zu schwimmen.

Phase 5: Automatisierung des Ablaufs
Hierbei handelt es sich mit Abstand um die schwierigste Phase. Die Ziele der ersten vier Phasen können in wenigen Trainingseinheiten erreicht werden. Phase fünf bedeutet jedoch harte Arbeit. Ihre Technikumstellung ist leider erst dann abgeschlossen, wenn Sie in der Lage sind, Ihre „neue“ Technik in Wettkampfgeschwindigkeit und in Wettkampflänge zu schwimmen. Dies bedeutet, dass Sie Ihre „neue“ Technik in hoher Geschwindigkeit und in hohen Umfängen trainieren müssen. Zur Automatisierung der „neuen“ Technik müssen Sie bei regelmäßigem Training (2- bis 3-mal wöchentlich) mit einem Zeitaufwand von circa sechs Monaten rechnen. In dieser Phase müssen Sie viel in der Gesamtbewegung schwimmen. Hier werden Technikübungen nur noch zur Unterstützung ausgeführt. Steigern Sie allmählich Tempo und Umfänge beim Training der „neuen“ Technik. Wenn Sie in der ersten Woche noch eine Serie von 8 x 25 Metern im ruhigen Tempo schwimmen, bewältigen Sie in Woche 20 bereits eine Serie von 10 x 100 Metern in hohem GA-1-Tempo. Wann und wie Sie die Serien steigern, kann nur individuell entschieden werden. Hier müssen Sie in sich hineinhören beziehungsweise fühlen und gegebenenfalls Hilfe von einem Trainer in Anspruch nehmen.

Wie viele Technikübungen sind sinnvoll?
Während der Phasen „Spüren und Steuern von Bewegungen“ können Sie so viele verschiedene Technikübungen in Ihr Training einbauen, wie Sie wollen. Hier sind Ihrer Phantasie keine Grenzen gesetzt. Jede neue oder veränderte Übung schult Ihr Bewegungsgefühl und Ihre koordinativen Fähigkeiten im Wasser. Wichtig ist hierbei nur, dass Sie alle Übungen konsequent, konzentriert und nach dem Muster ausführen, wie Sie es sich vornehmen oder wie es Ihnen Ihr Trainer vorgibt. In den Phasen „Umsetzung und Automatisierung“ sollten Sie sich nur wenige Übungen vornehmen. Hier reichen oftmals zwei oder drei gezielte Übungen aus, um das ausgewählte Technikelement sinnvoll zu schulen. Sie haben ein konkretes Ziel vor Augen und dieses Ziel erreichen Sie nur, wenn Sie immer wieder dieselben Bewegungen konsequent ausführen. Sprechen Sie sich gegebenenfalls mit Ihrem Trainer ab, welche Übungen Ihnen bei welchem Problem am besten weiterhelfen.

Wie baue ich mein Techniktraining ein?
Bis einschließlich Phase vier sollten Sie Ihr Techniktraining an den Anfang einer Trainingseinheit stellen, wenn Sie noch in einem ausgeruhten Zustand sind. Wenn Sie kaum in der Lage sind, Ihre Bewegungen zu spüren oder zu steuern, werden Sie erst recht nicht am Ende einer Einheit dazu in der Lage sein, wenn Sie bereits müde sind. Ab Phase fünf müssen Sie zu allen Trainingsphasen (am Anfang, in der Mitte und am Ende einer Trainingseinheit) Technik schwimmen, unabhängig davon, ob Sie in einem frischen oder müden Trainingszustand sind. Später im Wettkampf müssen Sie auch dazu in der Lage sein, im müden Zustand Ihre „neue“ Technik zu schwimmen.

Fazit
Auch wenn eine Technikumstellung sehr zeitintensiv sein kann (sechs bis neun Monate) und es viel harter Arbeit und Geduld benötigt, kann ich jedem Sportler nur empfehlen, sich dem Training zu stellen. Wenn Sie eine Technikschulung erfolgreich hinter sich gebracht haben, werden Sie viel gewinnen:

(a) Sie fühlen sich wohler im Wasser,
(b) Sie schwimmen in der Regel schneller als vorher,
(c) Sie schwimmen in einer besseren Balance und somit ökonomischer,
(d) Sie finden mehr Spaß am Schwimmen, können dadurch besser trainieren und verbessern Ihre Schwimmleistung.

Text: Erik Felsner | ef-sports.de
Fotos: Klaus Arendt, privat

Erik Felsner kommt aus dem Schwimmleistungssport und ist seit 2008 im Besitz der Trainer-A-Lizenz im Schwimmen, der höchsten Ausbildungsstufe als Trainer im Deutschen Schwimmverband. Seit 2008 arbeitet Erik Felsner unter dem Namen „ef-sports“ als freiberuflicher Schwimmtrainer mit dem Schwerpunkt Triathlon. Seitdem beschäftigt er sich intensiv mit der Besonderheit „Schwimmen im Triathlon“. Erik Felsner bietet unter anderem Schwimmseminare in Ratingen (Tagesseminare) und in Hennef an (Wochenend-Seminare).