Ute Mückel: Mareen Hufe ist mental ungemein stark

Drei Ironman-Siege (Roth, Wisconsin und Zürich) sowie die Plätze 5, 6 und 7 auf Hawaii gehören zu den großen Erfolgen von Ute Mückel. Mittlerweile hat sie die „Seiten gewechselt“ und ist Trainerin, unter anderem von Mareen Hufe. 

 

Ute, Mareen Hufe absolviert – im Gegensatz zu anderen Profis, die eher schwülere Bedingungen suchen – das Abschlusstrainingslager auf Fuerteventura. Warum?
Fuerteventura ist zwar nicht ganz so schwül wie Hawaii, aber es war dort in diesem Jahr enorm heiß. Wichtigster Aspekt ist jedoch, dass wir hier mit den  Bedingungen sehr vertraut sind, wir haben perfekte Trainingspartner und ein sehr angenehmes Ambiente. Außerdem trainiert Mareen gern im Playitas, einem Ihrer Sponsoring-Partner, und genießt dadurch alle Vorteile.

Worauf habt Ihr bei dem letzten wichtigen Trainingsblock den Fokus gelegt?
(lacht) Ich verrate Euch jetzt ein Geheimnis: Den letzten Schliff für die beste Form für den 13.10.2018 aufzubauen.

Im Ernst?
Primäres Ziel war es, das Selbstvertrauen von Mareen mit bekannten und neuen Schlüsseleinheiten zu stärken, denn das Wichtigste für Hawaii ist, mit vollem Vertrauen in die eigene Leistungsfähigkeit an der Startlinie zu stehen. Und das gilt für alle drei Disziplinen, aber auch für die mentale Komponente.

Im Gegensatz zu den vergangenen Jahren absolvierte Mareen in diesem Jahr nur einen Ironman. Erkennst Du hinsichtlich ihrer Form-/Leistungskurve bereits Unterschiede zum vergangenen Jahr?
Die erkennbaren Unterschiede in Mareen´s Leistungsfähigkeit in diesem Jahr entstanden nicht aufgrund der Reduzierung der Rennen. Durch ihre Verletzung und der damit einhergehenden Laufpause zu Beginn des Jahres haben wir die Rennen im Frühjahr minimiert und den Schwerpunkt zuerst auf den Ausbau ihrer Radstärke gelegt. Hinzu kommt, das Mareen seit Beginn des Jahres einen externen Lauftrainer hat. In der Verletzungszeit arbeitete er sehr gezielt mit Mareen und verbesserte mit spezifischen Übungen ihre Laufökonomie, sobald sie wieder laufen konnte. Die Kontinuität des darauf folgenden Trainings brachte eine Leistungsentwicklung, die ich als unseren „Joker“ bezeichne.

Und kannst Du aus den jüngsten Trainingsergebnissen von Fuerteventura bereits ableiten, was am 13. Oktober möglich ist?
Sagen wir es so: ich bin mehr als happy!!!! Ich war die letzten zehn Trainingstage zur one-by-one Betreuung auf Fuerteventura und wir tüftelten täglich an den Kleinigkeiten, die den letzten Schliff bringen! Gerade am Ende des letzten Trainingsblockes war es wichtig, das Training täglich auf Mareen´s körperlichen Gesamtzustand anzupassen. Was ich bisher an und in den Trainingsleistungen gesehen habe, stimmt mich super positiv!!! Natürlich ist unser Ziel die Top 10, und dafür haben wir gut gearbeitet!

In den letzten Jahren erlebte Mareen auf Hawaii alle Höhen und Tiefen. Gibst Du ihr eine bestimmte Rennstrategie vor?
Ja natürlich besprechen wir die Renntaktik, detailliert aber erst einen Tag vor dem Rennen, wenn wir die Windverhältnisse abschätzen können. Wir haben auf Fuerteventura über mögliche Taktiken philosophiert, das gehört zur Vorbereitung dazu – wichtig war mir vor allem, dass Mareen ihre Höhen und Tiefen der letzten Jahre ausschließlich als Motivation ins Reisegepäck packt. Mareen ist mental ungemein stark, diese hat sie sich hart erarbeitet und resultiert auch aus ihrem „Kompromiss“, den sie zwischen Beruf und als Profi lebt. Und diese mentale Stärke wollen wir im Rennen natürlich nutzen!

Du kennst Mareen wie kaum ein anderer. An welchen Körpersignalen erkennst Du, welche Ansprache sie im Rennverlauf benötigt?
Zur Beantwortung dieser Frage plaudere ich erstmal ein wenig aus dem „Nähkästchen“. Im ersten Jahr unserer Zusammenarbeit musste ich ab und an bei der Rennbetreuung ihren Papa anrufen und nachfragen, ob Mareen mit ihm auch nicht spricht und keinerlei Reaktionen zeigt! Ich springe da am Streckenrand rum und frage, mache und tue und Mareen rennt mit starrem Blick vorbei! Ich habe lernen dürfen, was das bedeutet. Mittlerweile kann ich ihren Gesichtsausdruck deuten und ihr Befinden durch die verspiegelte Brille erkennen und weiß, wie ich auf jeden Wimpernschlag reagieren muss!

Mareen ist eine der wenigen Sportlerinnen, die ich kenne, die nahezu 97.6 Prozent der Trainingsleistung in den Wettkampf bringen kann. Daher ist die Angabe klarer Zahlen und Fakten für sie das Wichtigste! Es wird vorher genau besprochen, in welcher Reihenfolge die Platzierung, der Vorsprung / Rückstand angegeben wird und das so klar und deutlich, wie nur möglich! Ich selbst schaue auf die Körperreaktion und gebe auch im Rennen Hinweise, wenn kleine Korrekturen notwendig sind.

Mareen ist eine sehr fokussiertere, aber auch optimistische Athletin, die so schnell nichts aus der Ruhe bringt – ich erinnere mich da an das viel zu spät eingetroffene Zeitfahrrad im vergangenen Jahr. Erleichtert dies die Zusammenarbeit nicht ungemein?
Ich kenne nicht viele Menschen, die so strukturiert ihren Tag gestalten. Es ist einfach nur beeindruckend, wie Mareen Beruf und Training täglich koordiniert, vor allem aber, was alles so in einen einzelnen Tag passt! Mit den von mir erstellten Trainingsplänen findet sich Mareen in ihrer Struktur wieder. Das erleichtert die Zusammenarbeit natürlich ungemein.

Wie ist Dein Tipp für das Profirennen der Damen?
Oh, ich tue mich da sehr schwer – klar, Daniela Ryf ist die Favoritin. Ich wünsche mir aber ein sehr spannendes Rennen und hoffe, dass Lucy Charles ihr das Rennen schwer macht. Warum ich keinen klaren Tipp für die Top 10 abgeben kann? Es gibt einige Mädels, die das erste Mal auf Hawaii starten, eine hohe Leistungsfähigkeit haben, weit vorn landen können, aber wie immer gilt: Hawaii hat seine eigenen Gesetze!

Und bei den Herren?
Ich wünsche mir einen deutschen Sieg und dazu haben wir ja genug Männer vor Ort! Auch hier gilt: ich möchte ein spannendes Rennen sehen und am besten mit Dramatik pur!

Interview: Klaus Arendt
Foto: Privat