Jan Frodeno strafte all seine Zweifler Lügen: Trotz eines Trainingsunfalls vor etwas über zwei Wochen gewann der zweifache Ironman-Weltmeister und Olympiasieger die Ironman Europameisterschaft in eindrucksvoller Manier.
Das mit Spannung erwartete Aufeinandertreffen der Ironman-Weltmeister der letzten drei Jahre – Patrick Lange (2017) und Jan Frodeno (2015 und 2016) – hielt das, was sich alle Zuschauer eines mit Spannung erwarteten Blockbusters erhofften. Die beiden Deutschen lieferten sich bereits im Wasser ein Kopf-an-Kopf-Rennen und verließen den Langener Waldsee lediglich eine Sekunde voneinander getrennt. Ganz vorne war jedoch ein anderer.
Der Josh Amberger schenkte den Top-Favoriten fast zwei Minuten ein und nahm als Führender den zweimal zu absolvierenden Rundkurs durch das Rhein-Main-Gebiet und die Wetterau in Angriff. Und der Australier schien an der „Pole-Position“ Gefallen zu finden. Seinen Vorspung baute er auf den ersten 100 Radkilometern auf bis zu 4:12 Minuten an. Das Verfolgerfeld – bestehend aus Jan Frodeno, Patrick Lange, Patrik Nilsson, Nick Kastelein und Tyler Butterfield – arbeitete fast bis zur zweiten Wechselzone zusammen. Erst auf den letzten 30 Kilometern konnten sich Frodeno, Lange und Nilsson etwas absetzen und den Rückstand auf Amberger auf nur 20 Sekunden verkürzen. Und Andi Böcherer?
Andi Böcherer
Der ebenfalls mit hohen Ambitionen ins Rennen gestartete Andi Böcherer gab das Rennen nach nur 30 Radkilometern auf. Obwohl der Freiburger nach dem Schwimmen in Schlagweite zur Spitzengruppe lag, konnte und wollte er nicht mehr, physisch, noch mental.
Auszug aus Andi Böcherers facebook-Eintrag
In den letzten Wochen war ich mehrfach krank und musste immer wieder im Training zurückstecken. Allerdings wollte ich das nicht als Ausrede gelten lassen und selbst einfach nicht wahrhaben, dass es nicht läuft. Im Rennen selbst war mein Körper zwar in gar nicht allzu schlechter Verfassung – aber ich war nicht wirklich bei der Sache. Dann machst du plötzlich Fehler, fängst an zu überlegen und zu zweifeln. Das ist alles „normal“ in einem Ironman. Bei mir war es heute nicht normal. Auf dem Rad habe ich Zeit noch vorn gut gemacht – und dann gemerkt, dass es heut nicht in mir steckt, dieses Abenteuer Ironman zu schaffen. Weder physisch, noch mental. Ich konnte und wollte nicht mehr.
Jan Frodeno: Showdown am Mainufer
Nach dem zweiten Wechsel glaubte wohl niemand auch nur im Traum daran, dass Amberger seinen knappen Vorsprung auf den vier Runden entlang des Mains verteidigen könne. Schließlich nahmen mit Jan Frodeno und Patrick Lange – neben Lionel Sanders – die wohl stärksten Läufer auf der Langdistanz den abschließenden Marathon in Angriff. Und es war Frodeno, der auf den ersten Kilometern das Tempodiktat bestimmte und auf den ersten beiden Kilometern den Führenden quasi stehen ließ.
Spätestens als dann auch noch Patrick Lange den lange Zeit führenden Amberger überholte, hatten die Regisseure und Drehbuchautoren alles richtig gemacht: Zuschauer und Medien hatten „ihr“ deutsches Duell Frodeno gegen Lange.
Leider liefen die beiden Deutschen nicht wie beim berühmten Iron-War zwischen Mark Allen und Dave Scott Schulter an Schulter dem Ziel entgegen. Jan Frodeno war an diesem 8. Juli einfach nicht zu schlagen. Kilometer um Kilometer baute der Ironman-Europmeister vom Hitzerennen 2015 seinen Vorsprung kontinuierlich aus.
Zu Beginn der vierten Laufrunde war allen klar, dass Jan Frodeno – sofern nichts Außergewöhnliches auf den letzten 10,7 Kilometern geschieht – seinem zweiten Europameistertitel entgegenläuft. Sein Vorsprung auf Patrick Lange betrug zu diesem Zeitpunkt fast vier Minuten. Und obwohl Patrick Lange gegenüber dem Drittplatzierten Patrik Nilsson ein „Zeitpolster“ von über drei Minuten herausgelaufen hatte,kämpfte sich der Schwede immer weiter heran.
Die letzte Mainrunde wurde für Jan Frodeno zum Triumphzug. Das begeisterte Publikum pushte ihn in Richtung Römerberg, wo er sich von dem begeisterten Publikum feiern ließ. Seine Siegerzeit betrug 8:00:58 Stunden.
Patrik Nilsson schaffte auf den letzten Kilometern das scheinbar unmögliche, indem er Patrick Lange überholte und den zweiten Platz vor der Nase wegschnappte.
Nach seinem Sieg gegen Patrick Lange beim Ironman 70.3 Kraichgau Anfang Juni führt Jan Frodeno das diesjährige Duell mit 2:0. Es bleibt also spannend im deutsch-deutschen-Zweikampf, denn abgerechnet wird am 13. Oktober auf Hawaii.
Endergebnis
1. Frodeno, Jan (GER) nach 8:00:58 Stunden
2. Nilsson, Patrik (SWE) nach 8:08:15 Stunden
3. Lange, Patrick (GER) nach 8:09:26 Stunden
Insgesamt wurden bei den Mainova Ironman European Championships 4.000 Pro Points vergeben. Die Profis kämpften darüber hinaus auch um „ihren Anteil“ am Preisgeld von insgesamt $150.000.
alle Ergebnisse und Live Coverage
Zwischenstand nach dem Schwimmen
1. Amberger, Josh (AUS) nach 46:53 Minuten
2. Frodeno, Jan (GER) nach 48:42 Minuten
3. Kastelein, Nicholas (AUS) nach 48:43 Minuten
4. Lange, Patrick (GER) nach 48:43 Minuten
5. Nilsson, Patrik (SWE) nach 48:46 Minuten
6. Boecherer, Andi (GER) nach 49:33 Minuten
7. Butterfield, Tyler (BER) nach 49:34 Minuten
8. Koutny, Philipp (SUI) nach 52:50 Minuten
Zwischenstand nach dem Radfahren
1. Amberger, Josh (AUS) nach 5:19:53 Stunden
2. Frodeno, Jan (GER) nach 5:20:13 Stunden
3. Nilsson, Patrik (SWE) nach 5:20:30 Stunden
4. Lange, Patrick (GER) nach 5:20:34 Stunden
5. Kastelein, Nicholas (AUS) nach 5:24:27 Stunden
6. Butterfield, Tyler (BER) nach 05:26:03 Stunden
Text: Klaus Arendt
Fotos: Isaak Papadopoulos, Armin Schirmaier und Klaus Arendt