Ungeahnter Rollen-Spaß

Wahoo_Kickr Snap und FulGazZu den kalten Wintertagen passend, haben wir für euch die Radrolle „Kickr Snap“ von Wahoo in Kombination mit den drei Radtrainings-Apps „Wahoo-Fitness“, „FulGaz“ und „Zwift“ getestet.

 

Wir wollten herausfinden, was ein echter Outdoor-Rennrad-Enthusiast zum Rollentraining mit Apps sagt und wie groß der Rennradspass im eigenen Wohnzimmer tatsächlich mit diesen Gadgets ist.

Wahoo_Kickr Snap und FulGazAls erstes haben wir die „Kickr Snap“ dafür unter die Lupe genommen und uns danach auf die drei Apps  – Wahoo Fitness, FulGaz und Zwift konzentriert

Wir wollen im Test des Radtrainers auf Wertigkeit, Installation und die Funktionsvielfalt in Kombination mit den genannten Apps eingehen und haben dafür folgendes Equipment eingesetzt:
– Wahoo Kickr Snap
– Apple Iphone 6
– Apple-TV Videostreaming 
und/oder 
Adapter Apple Lighting HDMI (für Anschluss Iphone an TV via HDMI Kabel)
– LG Smart TV 60“
– ANT+ USB Adapter (Verbindung von Garmin Pulsgurt und Kadenz-Sensor)
– Apps FulGaz, Zwift, Wahoo Fitness

Wahoo_Kickr Snap

Aufbau/Installation der „Kickr Snap“

Beim Empfang des Pakets wird man direkt durch das Gewicht der Rolle überrascht. Das Auspacken kann aufgrund des Eigengewichts der Rolle von stolzen 17,3 Kilogramm direkt als Warm-up eingesetzt werden und man bekommt die hochwertige Verarbeitung der „Kickr Snap“ sofort zu spüren.
Standfüsse aufklappen, Netzteil anstecken und fertig ist die Installation – mehr braucht es Hardware-seitig nicht, da das Bluetooth-Signal sofort aktiviert ist – einfacher geht es nicht.
Das „Einsetzen“ des Rennrads ist ebenso kinderleicht und für routinierte Rollenfahrer nichts Neues. Der beiliegende Schnellspanner muss in der Hinterachse eingebaut- und das Rad anschliessend in den Spanner eingesetzt werden. Die Spannvorrichtung einfach über die Rändelschraube auf das korrekte Mass einstellen und Spannhebel umlegen. Der korrekte Druck zwischen Reifen und Rollachse muss über Rändelschraube von hinten individuell eingestellt werden. Wenn das Rad bei hoher Wattleistung quietscht bzw. durchdreht, einfach die Spannung um eine halbe Umdrehung erhöhen bis dies nicht mehr passiert. An der „Kick Snap“ sind alle Bauteile sehr massiv konstruiert, was in der Folge einem sauberen und sicheren Sitz des Rennrads zugutekommt. Das Fahrgefühl auf der „Kickr Snap“ ist top … dazu im weiteren Verlauf des Artikels und unter den Test der verschiedenen Apps mehr.

Wahoo_FulGaz_Testing

Verbindung Rolle – Iphone – TV

Wer richtig Spass haben will, sollte das ganze Setup wie im Test auf einem TV-Gerät installieren, da es wie beim Filme schauen oder Gamen auch – einfach mehr Spass macht. Wir haben das Setup zuerst über das Apple-TV (Gen.3) vorgenommen und bei der App „FulGaz“ leider nicht das erforderliche Streamingvolumen hinbekommen (das Video ruckelte). „FulGaz“ empfiehlt hierfür aber so oder so ausdrücklich die Verbindung mittels dem oben erwähnten Adapter. Eventuell schafft hier das neue Apple TV (Gen 4) Abhilfe, jedoch liegt dies laut „FulGaz“ vielmehr am zu schwachen WLan. Da Apple für den Adapter stolze 59 Euro verlangt, wäre ein Test über Apple TV auf jeden Fall sinnvoll – sofern dies natürlich bereits zur Wohnzimmerausstattung gehört.
Das Iphone wird nun mittels Adapter und HDMI-Kabel an den TV-Eingang angeschlossen und fertig. Am Adapter selbst kann zudem das herkömmliche Ladekabel angeschlossen werden, was wir dringend empfehlen, da vor allem die Zwift-App den Akku innerhalb von 30 bis 40 Minuten aussaugt.
Wer zudem Puls und Trittfrequenz installieren möchte (ANT+ Technologie vorausgesetzt) benötigt hierzu den passenden ANT+ Adapter, den man über die richtigen Suchbegriffe im Netz schnell findet. Kostenpunkt zwischen 35 und 60 Euro je nach Modell. Für sinnvolles und gesteuertes Training sowie die personalisierten Funktionen (Trainingspläne etc.) bei Zwift empfehlen wir dies auf jeden Fall.

Die App „Wahoo Fitness“
Die hauseigene App von Wahoo ist im Prinzip nichts anderes als eine Steuerung der „Kickr Snap“ mit zusätzlicher Aufzeichnung der absolvierten Parameter (Zeit, Geschwindigkeit, Wattleistung, Höhenmeter, Puls usw.). Die App ist kostenlos und kann im Applestore heruntergeladen werden. Nach dem Starten der App verbindet sich diese direkt mit der „Kickr Snap“ und man kann im Prinzip loslegen. Ist der TV angeschlossen, wird der Screen des Iphone auf dem TV dargestellt, was bei dieser App allerdings wenig Sinn macht. Man hat hier mehrere Screens zur Auswahl, die verschiedenste selbsterklärende Parameter darstellen. Es kann per Fingerwisch Steigung, Gegenwind und Rollwiderstand eingestellt werden, was die Rolle anschliessend in sanften Übergängen umsetzt. Wir wollen auch hier keine technischen Details erwähnen, aber auf jeden Fall auf die gute und recht sensible Steuerung der „Kickr Snap“ hinweisen.

Wahoo_Kickr Snap und Zwift

Radeln in (sur)realer Umgebung

Nun zu den Highlights der smarten Welt des Radsports per App – das Fahren in realer und surrealer Umgebung. Hierzu haben wir wie erwähnt die beiden Apps „FulGaz“ und „Zwift“ in Augenschein genommen und – für einen Radsportler eher untypisch – einige Stunden vor dem Fernseher verbracht.

FulGaz – Tour de France Feeling in HD-Qualität

„Fulgaz“ ist unserer Meinung nach eine richtig coole App die in Verbindung mit einem Grossbild-TV viel Spass macht und durch die HD-Qualität reales Sommerfeeling ins Wohnzimmer zaubert. Die App ist im Appstore erhältlich, Infos findet man auf der Homepage www.fulgaz.com (auf Englisch). Die Verbindung zur „Kickr Snap“ erfolgt automatisch sobald die App gestartet wird und die „Kickr Snap“ eingeschaltet ist. Nach Anlegen eines Member Accounts (14 Tage Trial Version mit 100% Funktionsumfang) kann es direkt losgehen. In den Einstellungen müssen zuerst die empfohlenen Parameter zur „Kickr Snap“ eingestellt werden und anschliessend kann aus der recht grossen Datenbank eine beliebige Strecke ausgewählt werden. Tipp: wir empfehlen für den Parameter „Slope Scaling“ statt den vorgegebenen 80% doch 100% einzusetzen, da dies gerade am Berg realistischer erscheint. Die Videos variieren zwischen 3 und 90 Kilometern, die entweder einzeln oder im Lap-Modus (Wiederholung) gefahren werden können. Zudem kann ein Competition-Modus gefahren werden. Dafür wird eine bestehende Rundenzeit eines anderen Fahrers als Referenz genommen. In der App werden beide Fahrer mit Zeitabstand und als Punkte im Höhenprofil angezeigt. Ein richtig cooles Feature, um zum Beispiel auch eigene Bestzeiten zu schlagen.
Wie am Anfang erwähnt, empfehlen wir hier dringend die Verbindung zum TV mittels Apple-Adapter und HDMI-Kabel, da durch die HD-Qualität recht grosse Datenmengen übertragen werden müssen und dazu ein sehr leistungsstarkes WLan Grundvoraussetzung ist. Die Videos können in der App einfach per Download (SD oder HD) heruntergeladen- oder auch direkt gestreamt werden. Bei uns hat beides sehr gut funktioniert. Die Videos passen sich in der Geschwindigkeit der „Kickr Snap“ an, die widerum die angegebenen Steigungswerte der Strecke super und realistisch umsetzt. Wenn man zum Beispiel den Col du Tourmalet hochfährt, hat man ein wahnsinniges Panorama vor sich und muss richtig arbeiten, um den Monsterberg zu bezwingen.
Videos gibt es in verschiedenen Kategorien (Easy, Groupride, Hilly, Mountain, TdF climbs, Vuelta usw.) und es wird hier laut Hersteller noch einiges an Neuentwicklungen folgen. Ebenso wird fortlaufend daran gearbeitet, in Zukunft weitere Funktionen und Möglichkeiten zu etablieren.

Die Mitgliedschaft bei „FulGaz“ kostet 15 USD für einen Monat und 70 USD für ein halbes Jahr. Diese Beträge erscheinen zunächst recht hoch, aber wir finden den Preis aufgrund der Vielfalt und dem Spassfaktor, den diese App bereitet, durchaus ok. Wenn die App z.B. im Oktober für die Wintersaison gekauft wird und dadurch 6 Monate Indoor-Radvergnügen garantiert sind, ist das unserer Meinung nach durchaus eine lohnende Investition. Zudem besteht die Möglichkeit, selbst Videos zu erstellen (notwendiges Equipment und Ablauf wird auf der HP beschrieben). Man kann sich somit aktiv an der App beteiligen und sich so Sonderrabatte in Form von Gratis-Monaten ergattern.

FulGaz AppFazit: Eine gelungene App, die sehr einfach zu bedienen ist und wirklich sehr viel Spass macht. Als einziges Manko würden wir derzeit nennen, dass die einzelnen Videos nicht zu einer Gesamtroute adaptiert werden können. Das ist laut Entwickler technisch recht anspruchsvoll aufgrund der GPS-Datenpunkte, aber bereits in der Entwicklung und wird sicher in einem der nächsten Releases integriert sein.

Positiv:
– Tolle und qualitativ hochwertige Videos aus aller Welt
– Einfach zu verstehen
– Kopplung bzw. Installation sehr einfach
– Möglichkeit zu Hause die berühmten Berge wie Alp d´huez oder Col du Tourmalet realitätsnah zu fahren
– Competition Mode in Form von Direktvergleich mit einer bestehenden Zeit
– Das Handy kann beim TV liegen, da keine Aktivität des Fahrers während der Tour notwendig ist
– Möglichkeit, sich aktiv an der Community zu beteiligen (eigene Videos erstellen). Dadurch können kostenfreie Monate rausgeholt werden.

Negativ:
– Wenig Individualisierungs-Möglichkeiten (z.B. angezeigte Daten auf Bildschirm). Das ist derzeit allerdings schon in Entwicklung.
– Keine Möglichkeit einzelne Routen zu verbinden, um dadurch eine lange Strecke zu erstellen (ebenso bereits in Entwicklung)
– Keine richtig langen Routen verfügbar. Auch hier hat „FulGaz“ ein Statement abgegeben, dass in Zukunft einiges passieren wird. Technisch sind momentan noch Grenzen gesetzt, die aber nur noch eine Frage der Zeit sind.

Zwift – „Social Cycling“ mit enormem Potenzial und ungeahntem Spassfaktor

„Zwift“ hat sich innerhalb weniger Monate eine Vorreiterposition in seiner Kategorie am App-Markt gesichert und bietet für einen Mitgliedsbeitrag von 14,99 Euro pro Monat einiges. Im Gegensatz zu „FulGaz“ findet sich der Fahrer hier in einer virtuellen Umgebung wieder und fährt gleichzeitig mit oft 2.000 bis 3.000 weiteren Fahrern aus aller Herren Länder quer über Zwift Island, Watopia, durch London oder Richmond – wie Zwift seine „Welten“ benannt hat. Die Kopplung mit der „Kickr Snap“ erfolgt ebenso einfach wie bei „FulGaz“. Ebenfalls können hier einige Parameter individualisiert – sowie Trittfrequenzsensor und Pulsmesser gekoppelt werden. Nach Erstellen eines User Accounts kann es direkt losgehen. Einmal in eine Zwiftwelt eingeloggt, findet man sich in einer anschaulich designten und flüssigen Radsportumgebung wieder und erkennt sofort, dass man nicht alleine ist.
Faszinierend und beinahe schon unglaublich ist die technische Tatsache, dass die Daten aller aktuell aktiven Fahrer in Echtzeit erfasst und entsprechend wieder ausgegeben werden. Ist ein Trittfrequenzsensor gekoppelt, wird sogar die Trittfrequenz vom individuell designten Avatar entsprechend wiedergegeben. Befindet man sich im Windschatten eines Fahrers bzw. einer Gruppe, setzt die „Kickr Snap“ den verringerten Luftwiderstand entsprechend um. Zieht die Steigung auf 12 Prozent und mehr an, wird man wie im realen Leben auch, aus dem Sattel gezwungen. Die „Kickr Snap“ reagiert auch hier sensibel und realitätsnah.
Eine Zwift-Welt gliedert sich meist in verschiedene Rundkurse, die beliebig gefahren werden können – man kommt immer wieder an einer Kreuzung vorbei, an der man durch einen Tipp auf dem Screen beliebig abbiegen kann. Was in der jeweiligen Richtung auf einen zukommt, wird durch die hinterlegten Symbole deutlich angezeigt (flach, Berg, Stadt, Natur). Zudem besteht die Möglichkeit, an jeder beliebigen Stelle umzudrehen und in die Gegenrichtung zu fahren. Ein Highlight von Zwift ist sicher der Rennkalender, bei dem täglich zu verschiedensten Zeiten Radrennen stattfinden für die man sich einschreiben- und sich in realen Competitions messen kann. Als weiteres Highlight kann man sicher die Trainingsplanung nennen, bei der in einem vorgegebenen Programmen der ftp ermittelt wird und anschliessend personalisierte Pläne ausgegeben werden.
Während der Fahrt findet man unzählige Daten auf dem Screen, wie natürlich die eigenen Werte sowie aktuelle Fahrleistungen sowie Nationalitäten der zehn Fahrer um einen herum.  Weiterhin findet man ein Höhenprofil der Runde, sowie Chats und diverse Bestenlisten zu einzelnen Streckenabschnitten. Man kann chatten, man kann sich batteln, man kann an Rennveranstaltungen teilnehmen, man kann personalisierte Trainingspläne erstellen lassen, man kann flach fahren, man kann Berge fahren, man kann  24 Stunden  fahren… aber was kann man nicht? Gute Frage, aber im Test können wir durchaus die Tatsache nennen, dass es verdammt schwer ist, mit all den Daten und Mitfahrern ein wirkliches Grundlagentraining zu absolvieren – sprich LANGSAM FAHREN. Das liegt vielleicht in der Natur des Mannes, aber wenn man dauerhaft- und wir reden von hundertfach – Überholmanövern ausgesetzt ist, muss man mental sehr stark sein, um sein langsam angesetztes Tempo zu halten. Man muss allerdings auch erwähnen, dass es einfach verdammt viel Spass macht, sich in dieser „Welt“ auszutoben und langsam fahren hier schlicht und einfach den Spass verdirbt. Daher empfehlen wir fürs Grundlagentraining explizit andere Apps wie z.B. „FulGaz“ oder einfache Trainingsapps wie „Wahoo Fitness“.

Fazit: „Zwift“ ist eine beeindruckende App, die Social Media in völlig neuer Umgebung bietet. Die App bietet Abwechslung und eine grosse Vielzahl an Funktionalitäten. Im Vergleich zu „FulGaz“ fährt man mit „Zwift“ nie allein aber dafür in einer Computeranimierten Umgebung. Es liegt natürlich an jedem Einzelnen selbst, wofür er sich begeistern kann. Im Test haben wir die Trainingseinheiten immer im Wechsel gemacht, was sehr viel Spass gemacht hat.

Tipp: Die auf Zwift vorhandenen Segmente (Strava) sollte man nicht allzu ernst bzw. als Referenz nehmen. Bei Bestenlisten gibt es immer „Hacks“ und das ist bei vielen Topscores mehr als offensichtlich. Kein Mensch fährt mit einem 35 km/h-Schnitt eine 10 Prozent Steigung auf 3 Kilometer länge hoch – genauso wenig wie ein Mensch auf Strava 100.000 Höhenmeter und mehr pro Monat in manchen „Climbing Challenges“ absolviert. Konzentriert euch daher einfach auf euren Körper und euer Training, denn spätestens die Wettkämpfe im Sommer werden die Topscorer auffliegen lassen.

Positiv:
– Hohe Funktionalität und einfach zu verstehen
– Tolle und flüssige Grafik, die mit unterschiedlichem Wetter und Tageszeiten zusätzlich   Abwechslung bietet
–  Kopplung bzw. Installation sehr einfach
– Riesige Cummunity
– Trainingsplanung integriert
– Rennkalender mit Veranstaltungen in diversen Kategorien zu beinahe jeder Tageszeit

Negativ:
– Es gibt derzeit nur vier Zwift-Welten (wird aber sicher weiterentwickelt)
– Ein externer Bildschirm ist fast notwendig, da die Menüs teilweise so klein sind, dass sie auf dem Handy schlichtweg unlesbar sind.
– Das Handy muss zudem immer in Fahrernähe sein, da Abbiegevorgänge und weitere Funktionen nur über das Handy ausgeführt werden können (Lenkerhalterung notwendig oder Ablage in Griffnähe).

Test und Text: Holger Schmidt
Fotos: Meike Maurer