Sebastian Kienle: You are only ready, when you feel it! It’s time to dream again!

Die Hawaii-Bilanz von Sebastian Kienle kann sich sehen lassen: 5 Hawaii-Starts, 5 Top-10-Platzierungen, 3 Podiumsplatzierung und der Sieg 2014. Im Prerace-Interview äußert sich Kienle über emotionale Sponsorenvideos und seine Verantwortung in den sozialen Medien.

 

Sebastian, auf Deinem Instagram-Account laufen gerade kurze Videos Deiner wichtigsten Sponsoren. Alle haben eines gemeinsam: aussagekräftige, emotionale Slogans. Wie kam es dazu?
Ich würde mal sagen, da sind ziemlich starke Marketingabteilungen am Werk, die im Brainstorming sehr emotionale Aussprüche entwickelt und nach reiflicher Überlegung ausgewählt haben. Letztendlich ist es schon klar, dass die vorgeschlagenen Slogans von mir abgesegnet werden. Allerdings entstehen diese Filme nicht einfach so, wir befinden uns im Profisport und die Unternehmen, die mit mir Werbung machen, möchten natürlich auch Produkte verkaufen. Und von daher ist es nicht ungewöhnlich, dass all die Videos, die über das ganze Jahr hinweg produziert wurden, gerade in der Kona-Rennwoche auch veröffentlicht werden. Das Schöne an all diesen Produktionen ist, dass ich Sponsoren habe, zu denen ich zu 100 Prozent stehe, hinter deren Produkte und Aussagen ich zu 100 Prozent stehe. Dementsprechend macht mir diese Zusammenarbeit auch sehr viel Spaß, zumal es im Triathlon nicht ganz so viele Möglichkeiten gibt, wirklich qualitativ hochwertige Sachen zu sehen, die auch mal lustig sein können. Wie zum Beispiel auch das Oakley-Video von Jan Frodeno, das schon verdammt gut gemacht wurde. Da spende ich schon gerne ein paar Views und Klicks. All das bringt nicht nur unseren Sport voran, sondern letztendlich auch mich, denn es bietet mir die Möglichkeit, nicht nur mich im guten Licht darzustellen, sondern es ist auch schön für meine Partner, etwas dafür zurückzubekommen, was sie in mich investieren.

Wie hoch ist der eigene Spaßfaktor bei diesen Produktionen?
(lacht) Natürlich willst du bei sowas natürlich auch dabei sein, insbesondere, wenn ich weiss, dass das Ergebnis echt lustig und gut wird. Außerdem gehört das mittlerweile auch zum modernen Profisport dazu. Das mag früher vielleicht anders gewesen sein, als man nur Rennen gewinnen musste, sich ein paar Sponsoren auf die Brust geklebt hat und ansonsten keine Verpflichtungen hatte. Heute ist das Gewinnen von Wettkämpfen – zumindest für die Sponsoren – meist Mittel zum Zweck. Zum Glück habe ich Partner, die nicht nur in meiner Person den Marketingwert sehen, sondern mich auch in meinen persönlichen Zielen unterstützen. Allerdings ist der Grad auch ein sehr schmaler, weshalb es auch vorkommt, dass manche Dinge halt nicht umgesetzt werden können, schließlich gehen für diese Aktivitäten über das Jahr verteilt rund 20 Trainingstage drauf.

Der Slogan beispielsweise von Orca lautet: “You are only ready, when you feel it! It’s time to dream again!” Fühlst Du „es“ schon?
Ich glaube, dass die Vorbereitung schon extrem gut war, vor allem die letzten fünf Wochen hier vor Ort. Ich habe schon das Selbstvertrauen in mir, weiß aber, dass der entscheidende Punkt ist, die Leistung am Renntag auch umzusetzen. Ja, ich fühle mich schon gut, bin zuversichtlich und selbstbewusst. Der zweite Teil der Aussage bezieht sich auf den ersten Wettkampfanzug Dream Kona, mit dem ich 2014 hier gewonnen hatte. Ein cooles Omen ist, dass es jetzt noch einmal einen neuen Anzug gegeben hat.

Läuft in diesem Zusammenhang ein ganz spezieller Traum vor Deinem geistigen Auge ab?
Natürlich möchte ich das Rennen gerne noch einmal gewinnen, das ist schon klar und das habe ich in dem Jahr auch schon ein paar Mal visualisiert.

Du bist im Triathlon ein wichtiges Sprachrohr, auf Instagram und Facebook folgen Dir rund 80.000 beziehungsweise 60.000 Freunde. Wie viel Verantwortung steckt letztendlich hinter Deinen Veröffentlichungen?
Es gibt leider sehr viele Beispiel, wo Leute noch deutlich mehr Einfluss haben als ich und leider nur Schrott machen. Aber ich denke, es ist schon wichtig, diese Verantwortung auch für etwas Positives zu nutzen. Gleichzeitig muss man sich immer überlegen, inwiefern will ich mich auch über Accounts, die Sebastian Kienle als Sportler darstellen, beispielsweise über politische Themen äußern. Das ist ein verdammt schwieriger Bereich, mit dem ich mich ziemlich häufig beschäftige. Ich glaube, dass ich schon probiere, auch auf diesem Gebiet ein Vorbild zu sein. Ich möchte nicht nur den Nachwuchs dazu inspirieren, selber in den Sport zu finden, sondern auch durch die von mir initiierte Spendengeschichte für den Pool in Kona etwas zu bewegen. Ich denke, das ist schon in unser aller Verantwortung, und besonders für diejenigen, auf denen mehr Augen gerichtet sind.

Mit dem heutigen Tag geht die Rennwoche in die entscheidende Phase. Athleten aus aller Welt bevölkern den Pier und den Ali’i Drive. Sobald Du irgendwo auftauchst, wird sich umgedreht, getuschelt und jede Menge Fotos gemacht. Fördert das zusätzlich Dein Selbstbewusstsein?
Ich glaube, dafür brauche ich das jetzt eigentlich nicht. Das ist mir nach dem Rennen deutlich lieber. Wenn die Leute sich dann umdrehen und was von mir wollen, dann habe ich alles richtig gemacht. Vor dem Rennen gibt mir das jetzt nicht mehr Selbstvertrauen, aber natürlich ist es eine Bestätigung: denn je mehr Aufmerksamkeit du in der Rennwoche bekommst, umso höher wirst du von den Leuten eingeschätzt und desto besser waren deine Rennen in der Vergangenheit.

Dann wünsche ich Dir für Samstag eine erfolgreiche Umsetzung Deines Traumes.

Interview/Foto: Klaus Arendt