Laura Philipp feierte mit ihrem dritten Platz bei der Ironman 70.3 WM in Chattanooga den bislang größten Erfolg ihrer Karriere. Dieses Wochenende betritt sie „Neuland“, indem sie bei der Xterra WM auf Maui das Mountainbike sattelt und die Crosschuhe schnürt.
Seit gut zwei Wochen befindest Du Dich auf Hawaii. Wie gut kommst Du mit den klimatischen Bedingungen klar?
Die erste Woche auf Big Island nutzte ich, um mich an die Zeitumstellung und an das Klima zu gewöhnen. Ich habe einige lockere Einheiten absolviert, die mir bei der Akklimatisierung geholfen haben und durch die ich auch Abschnitte der Ironmanrennstrecke kennenlernen konnte. Kurz vor meiner Abreise nach Maui absolvierte ich dann auch erste Intervalleinheiten; diese liefen gut, aber natürlich ließen sie auch mich die Tücken des Klimas spüren. Mein Körper musste erstmal richtig schwitzen lernen, und auch das Gefühl für die Mengen an Flüssigkeit, die ich tatsächlich verbrauche, musste ich neu herausfinden. In der zweiten Woche, dann auf Maui, ging es im Training nochmal ordentlich zur Sache. Alle Einheiten konnte ich gut absolvieren. Inzwischen kann ich behaupten, ich habe mich sehr gut ans Klima gewöhnt und beginne schon etwas zu frösteln, wenn die Sonne mal nicht scheint.
Zu Beginn Deines Aufenthaltes warst Du auf Big Island und hast Dich in den Trubel rund um die Ironman-WM geworfen. Welche Eindrücke sind Dir besonders in Erinnerung geblieben?
Ich bin in der Rennwoche in Kona angekommen und befand mich somit sofort in dem Trubel um die Ironman WM. Es war total spannend die Athleten zu beobachten und erste Einheiten auf der Rennstrecke zu absolvieren. Die Spannung stieg von Tag zu Tag und ich fühlte die besondere Energie des Ortes, von der mir sonst nur erzählt wurde. Besonders in Erinnerung werden mir die Bäume am Ali Drive bleiben, die Stimmung morgens am Pier und die schwüle Hitze, die einen täglich von neuem überrascht. Dieses Rennen zu bestreiten und am Ende die Ziellinie zu überqueren muss eine sehr ergreifende Erfahrung sein, die man als Triathlet vermutlich wirklich mal selbst gemacht haben muss.
Und vom Wettkampf selbst?
Der Wettkampf selbst war Spannung pur und ging rasend schnell vorbei. Ich habe den Tag komplett an der Strecke verbracht und besonders mit meinen Erdinger Teamkollegen Sonja, Nils und Patrick mitgefiebert. Vom Schwimmstart, der mir echt Gänsehaut beschert hat, von einigen Punkten an der Radstrecke draußen auf dem Queen K-Highway, bis hin zu vielen Teilen der Laufstrecke war ich Live mit dabei. Ich sah das Leiden und auch die Freude bei vielen Athleten und habe dabei eine große Ehrfurcht vor dem Rennen und noch größeren Respekt vor jedem Finisher bekommen. Am Abend hatte ich selbst mehr als 20 Kilometer zu Fuß zurückgelegt und war überwältigt von Patricks grandiosem Sieg. Und insbesondere von der Art und Weise seines Laufens bin ich inspiriert. Er hat die Technik umgesetzt, welche Wolfgang Schweim ihm beigebracht hat. Das wird mich in meinen Einheiten motivieren. Es bleiben die Faszination für das Rennen und auch ein Gefühl der Neugierde zurück, wie ich mich wohl in diesem einzigartigen Rennen behaupten würde.
Hat Dich das alles „angestachelt“, demnächst auch auf die Langdistanz zu wechseln?
Natürlich hat es meine Neugierde weiter geschürt. Kein Sportler bleibt da innerlich gelassen. Gleichzeitig wuchs auch mein Respekt vor der Distanz und der mentalen und der physischen Leistung, die das Rennen von jedem verlangt. Ich möchte es unbedingt einmal ausprobieren, um zu wissen, wie es sich anfühlen wird, wie groß der Kampf wird und ob es mir am Ende Freude bereitet. Wichtig ist mir jedoch, es erst dann zu versuchen, wenn ich mich bereit dazu fühle. Ich werde in meiner Vorbereitung auf die neue Saison sicher merken, ob ich mich bereit fühle oder nicht und das Abenteuer nur dann wagen, wenn es sich richtig anfühlt. Und selbst das ist bei einer Langdistanz kein Garant für ein gutes Rennen, auch das nehme ich aus Hawaii mit.
Zunächst steht jedoch die Xterra-WM auf Maui auf dem Programm. Wie kam es dazu, dass Du Dich auf den unebenen Untergrund gewagt hast? Was ist das Besondere am Cross-Triathlon?
Xterra ist ein tolle Spielart unseres Sports. Die Rennen finden an wunderschönen Orten auf dieser Welt, mitten in der Natur statt. Crosstriathlon ist etwas sehr Spezielles; die Szene ist deutlich entspannter und der Renncharakter viel spielerischer als bei den Straßenrennen. Die Anforderungen an die Athleten sind andere. Neben dem stärksten „Motor“ spielen der die Technik beim Radfahren und beim Laufen eine größere Rolle. Mountainbike ist für mich schon länger eine willkommene Abwechslung zum Zeitfahrtraining. Das Training im Wald macht mir unglaublich viel Freude und die bessere Radbeherrschung kommt mir auch in meinen anderen Rennen zugute.
Beim Xterra France bin ich dieses Jahr gestartet, um einfach mal etwas aus purer Freude, Neugierde und Lust am Abenteuer zu machen. Mit lediglich knapp zwei Wochen Vorbereitung habe ich mir im Vorfeld nicht allzu viel erhofft. Auch weil ich wusste, dass die Damenkonkurrenz ganzjährig auf dem Bike unterwegs ist. Im Rennen, das durch tagelangen Dauerregen zu einer großen Herausforderung wurde, konnte ich mich selbst überraschen und hatte trotz der schweren Bedingungen viel Freude und letztendlich mit meinem Sieg auch großen Erfolg. Beim Xterra auf Maui zu starten, der gleichzeitig Austragungsort der Weltmeisterschaften ist, war für mich im Hinterkopf schon länger ein Wunsch. Mit dem Sieg in Frankreich hatte ich die Qualifikation erreicht und nun nehme ich diese Chance wahr. Die Reise mit dem Besuch auf Big Island zu verbinden war eine perfekte Gelegenheit und eine Belohnung an mich selbst, für meine bisher beste Saison.
Viele Triathleten meiden aus Angst vor Stürzen und Verletzungen den Cross-Triathlon. Du nicht …
Natürlich kann man auf dem MTB stürzen. Gleiches gilt jedoch auch für das Straßenrad, dort jedoch häufiger mit deutlich schlimmerem Ausgang des Sturzes, da nicht selten Autos am Unfall beteiligt sind. Grundsätzlich ist es, glaube ich, einfach wichtig, dass man sein Können einschätzen kann und sich dementsprechend im Gelände verhält. Gerade vor dem Xterra France, der ja mitten in meiner laufenden Saison stattgefunden hat, habe ich nichts riskiert. Wenn ich mir bei einer Stelle unsicher mal war, bin ich lieber abgestiegen. Ich muss ehrlich sagen, dass ich im Straßenverkehr deutlich mehr Angst vor Unfällen habe als im Gelände. Aber natürlich sollte mal sich langsam an das Mountainbike herantasten und ein Gefühl für das Rad und die Strecken bekommen.
Beim Traillaufen kann ich die Sorge vor Verletzungen verstehen. Auf einem unebenen Weg mit viel Wurzeln oder Steinen kann es schnell passieren, dass man umknickt und sich eine Bänderverletzung zuzieht. Hier kann ich nur den Tipp geben, sich ausreichend mit Lauftechnik zu beschäftigen. Man muss die Technik dem Untergrund anpassen, die Sprunggelenke müssen durch Stabitraining auf den instabilen Untergrund vorbereitet werden und nicht zuletzt spielt auch das Schuhwerk eine wichtige Rolle. Es ist erschreckend zu sehen, wie viel Sprengung viele Trailschuhe haben. Diese würde ich gegebenenfalls beim Schuhmacher auf ca 2-3mm reduzieren lassen. Sprengung erhöht definitiv die Verletzungsgefahr beim Traillaufen erheblich.
Ein kurzer Blick auf das bevorstehende Rennen: Wie lief das Training in den letzten Tagen und mit welcher Erwartungshaltung gehst Du an den Start?
Meine letzten Vorbereitungswochen liefen super. In Deutschland konnte ich in meiner alten und neuen Heimat Heidelberg nochmal alle Trails unsicher machen und meine Fähigkeiten beim Radfahren und Laufen deutlich steigern. Mein Trainer Philipp Seipp hat mich einige entscheidende Einheiten trainieren lassen und wir haben besonders dem Bergauffahren unsere Aufmerksamkeit gewidmet. Auch von Wolfgang Schweim wurde ich nochmal speziell auf das Traillaufen vorbereitet und einige Wege hoch und runter gescheucht. Die Vorbereitung vor Ort lief auch gut, jedoch nur auf der Straße, da die Rennstrecken und grundsätzlich das Hinterland auf Maui in Privatbesitz sind und nicht befahren werden dürfen. Erst ein paar Tage vor dem Rennen ist dies möglich, darauf freue ich mich schon sehr und bin gespannt, was mich dort erwartet. Ich bin hier, um mich mit den Besten der Szene zu messen. Ich erwarte ein sehr hartes Rennen und große Konkurrenz. Die Elite der Cross- und häufig auch Kurzdistanzszene trifft sich hier auf Maui und es wird sicher ein sehr schnelles Rennen geben. Ich nehme mir keine spezielle Platzierung vor, denn das wäre bei meinem zweiten Ausflug auf diesem Terrain vermessen und unrealistisch. Aber ich werde auf jeden Fall versuchen, mein Bestes zu geben und dann sehen, wofür das hier auf Maui reicht. Ich hoffe besonders, dass es ein schönes Rennen wird und ich mit einem guten Gefühl meine Saison beenden kann.
Flora Duffy ist auf der Kurzdistanz und im Cross-Triathlon das Maß aller Dinge. Geht auch in diesem Jahr der Sieg nur über die Athletin von den Bermudas?
Davon gehe ich stark aus. Ich denke, mit ihrer Stärke in allen drei Disziplinen ist sie schwer zu schlagen. Ein entscheidender Vorteil ist, dass sie vorne aus dem Wasser steigt. Dadurch kann sie erst mitschwimmen und dann auf den Trails auch mit den Jungs mitfahren. Für mich wird es schwierig werden, auf den engen Wegen Athleten zu überholen. Dies kann den Rennverlauf und besonders die Radzeit stark beeinflussen. Neben Flora gibt es aber noch weitere starke Athletinnen. Lesley Paterson beispielsweise oder auch Barbara Riveros, die hier beide schon sehr erfolgreich waren.
Laura, wir wünschen Dir für Deinen zweiten Ausflug ins Gelände gutes Gelingen.
Interview: Klaus Arendt
Fotos: Privat