Habt ihr schon einmal über mehrere kürzere Trainingslager als Vorbereitung auf die neue Triathlon-Saison nachgedacht? Roy Hinnen erklärt, warum das sinnvoll ist und warum er wattgesteuerte Radausfahrten in seinen Camps anbietet.
Mitteleuropäische Triathleten planen in der Regel eine ganze Saison im Voraus, meist mit einem Saisonhöhepunkt im Sommer. Der Einbau eines oder mehrerer Trainingslager zwischen November und Mai kann daher durchaus sinnvoll sein. Jedoch ist es wichtig zu verstehen, dass der Aufbau der Form über einen langen Zeitraum und nicht während einer Woche Trainingslager an der Sonne geschieht. Die Trainingslager sollten sich daher am Saisonziel beziehungsweise -höhepunkt orientieren und sich in die Ganzjahresplanung des Sportlers integrieren.
Trainingsumfänge clever steigern
Die gängigen Trainingslagermythen, vor allem die umfangreichen und langen Radtrainingseinheiten, dazu noch viel Laufen und Schwimmen, dienen der Leistungssteigerung jedoch nur bedingt. Grund dafür ist die für viele Altersklasseathleten abrupte Steigerung der Trainingsumfänge und die damit verbundene Erschöpfung des Hormonhaushalts in den Trainingscamps. Daraus folgt ein abbauender (kataboler) Stoffwechsel, weil die Glykogenreserven zu niedrig sind, um den Fettstoffwechsel zu unterstützen. Der Körper zapft zum Ausgleich die eigenen Muskelzellen als Energiequelle an, was wiederum zum Abbau der Muskulatur und einem Zustand der Erschöpfung, oftmals auch noch Wochen nach dem Trainingsaufenthalt führt. Viele Athleten kennen diese Entwicklung nur zu gut.
Warum machen Trainingslagerketten Sinn?
Daher empfiehlt Roy Hinnen, der Autor des Triathlon Bestsellers „Triathlon Total“ für eine optimale Vorbereitung sogenannte Trainingslagerketten von drei Tagen bis zu je einer Woche. Zum Beispiel je ein Mal im Dezember, im Januar, im Februar und im März. Die Trainingsaufenthalte sind darüber hinaus jeweils in einen Entlastung-Belastung-Entlastung-Zyklus einzubinden. Roy Hinnen rät den Athleten, in der Woche vor dem Camp nur 50 Prozent des üblichen Pensums zu trainieren. Nach dem belastenden Trainingslager folgt eine regenerative Woche mit viel Zeit im Wasser. Während der Trainingslagerwoche sollte die Belastung nicht mehr als das 2.5-fache der durchschnittlichen Trainingszeit pro Woche in der letzten sechs Wochen vor dem Aufenthalt sein. Ein Altersklassenathlet, der im Durchschnitt zehn Stunden in der Woche trainiert, hat so einen Umfang von 25 Stunden im Trainingslager. Der Schwerpunkt im Camp liegt dabei eindeutig auf dem Radfahren.
Kleine Trainingsgruppen für effizientes und individuelles Training
Für einen Coach ist der Schlüssel zur optimalen Vorbereitung, die individuelle anabole Grundlage des Athleten zu kennen. So kann er abschätzen, wie weit die einzelnen Athleten individuell belastet werden können. Da dies jedoch nur über Fakten wie die Kenntnis konkreter Leistungsdaten möglich ist, sind kleine, individuelle Trainingscamps für diese Herangehensweise besser geeignet. Roy Hinnen legt daher in seinen Trainingscamps, die er zusammen mit dem Schweizer Radreiseveranstalter Huerzeler unter dem Namen „Triathlon Holidays“ auf Lanzarote durchführt, auf eine limitierte Teilnehmerzahl besonderen Wert.
Test für alle Camp-Teilnehmer auf der Rolle
und wattgesteuertes Training
Roy Hinnen hat mit Triathlon Holidays zusammen seine Trainingsphilosophie zu Ende gedacht. Um an die Leistungsdaten der Athleten zu kommen, findet für alle Teilnehmer am ersten Tag ein vierminütiger „All-Out-Test“ auf der Rolle statt. Darauf aufbauend erhält jeder Teilnehmer seine eigenen Watt-Trainingsbereich vorgegeben. Während für die meisten Athleten Herzfrequenzbereiche inzwischen zum Trainingsalltag gehören, ist der Clou in diesem „Triathlon Total Camps“, dass die Athleten auf Wunsch auch einen Wattmesser für kleines Geld mieten können. In den täglichen Feedbackrunden erhalten alle Teilnehmer direkt Informationen zu ihren ganz persönlichen Leistungsdaten und lernen so die Vorteile eines wattgesteuerten Trainings kennen. Roy Hinnen ist davon überzeugt, dass es keinen besseren Einstieg in die Welt der Leistungsmessung gibt. Denn in der Regel ist bisher die Beurteilung und Nutzung der ermittelten Watt-Daten die grösste Herausforderung für die Besitzer von Leistungsmessern.
Fotos: Rico Schneller
Text: Friedrich Dietz