Aerotests ohne Windkanal und ohne Radrennbahn

Die Firma Aerotune hat ein neues Verfahren für Aerodynamiktests entwickelt, das helfen soll, die Performance von Triathleten und Radfahrer mit wenig Aufwand zu optimieren.

Aerotune hat ein Testverfahren entwickelt, mit dem man überall – sprich auf geeigneten Straßen – Aerodynamik-Tests durchführen kann. Für diese Test auf dem Fahrrad muss man weder auf die Bahn noch in den Windkanal gehen.

Profi-Triathletin Kathi Wolff und ihr Trainer Utz Brenner haben sich das System  genauer angesehen und angefangen, es mit verschiedene Aeropositionen und diverses Equipment in Heilbronn zu testen. In den nächsten Wochen ist geplant, dass immmer wieder spezielles Equipment zum Einsatz kommt und geschaut werden soll, was das beste Material für Kathi Wolff ist.

Kathi Wolff beim Test von AerotuneIm Testverfahren geht es wie bei allen Aerotests um weniger Windwiderstand. Ziel ist es, individuell den Windwiderstand (cda) und den Rollwiderstand (crr) zu optimieren. Dabei wird die radspezifische Aerodynamik in Echtzeit transparent und messbar gemacht.

So funktioniert der Test

Für jeden Aerotest nach dem System von Aerotune muss man das Gewicht des Gesamtsystems, bestehend aus Radfahrer und Fahrrad in einem Testprotokoll notieren. Die Strecke, auf der die Tests durchgeführt werden, sollte wie folgt beschaffen sein: sie muss etwas über einen Kilometer lang und flach sein sowie maximal fünf Höhenmeter Differenz aufweisen. Während der Testläufe sollte es zudem fast windstill sein beziehungsweise die äußeren Bedingungen konstant sein.

Im Feldtest fährt der Athlet jeweils einen Kilometer mit konstaner Leistung und in ein und der selben Sitzposition in eine Richtung und speichert diese Daten in einer Datei auf seiner GPS-Uhr. Danach werden die Daten über die Aerotune-Webplattform hochgeladen und ausgewertet. Aus dem jeweils besten Intervallen aller Tests wird jeweils die Geschwindigkeit aus den Messdaten simuliert und mit der Geschwindigkeitsmessung verglichen. Dazu dient das Verfahren der kleinsten Fehlerquadrate, das standardmäßig in der Wissenschaft für Optimierungen angewandt wird. Damit läßt sich ebenfalls der statistische Fehler der Messungen bestimmen, sodass die Messungen mit Fehler angegeben werden können.

Mithilfe der sogenannten aeroCAST wird die Streckenzeit simuliert. Basis ist wie auch beim aeroTEST das physikalische Modell des Radfahrens. Sind die Parameter wie CdA oder Leistung bekannt, kann die Zeit simuliert werden. Dazu werden gpx-Dateien verwendet, sodass die Strecke „virtuell“ abgefahren werden kann. Die Verbesserung des CdA-Wertes wird in Zeit umgewandelt, um die Verbesserung einfacher einschätzen zu können.

Testsetting von Kathi Wolff in Heilbronn

Das Material das Profitriathletin Kathi Wolff im Aerotest getestet hat

Testergebniss: Kathi Wolff hat alles Test zweimal durchgeführt, um die Ergebnisse abzusichern und die Validität zu überprüfen. Damit ergeben sich sechs Ergebnisse aus zwölf Tests. Ausgangspunkt der Aerodynamik sind die Tests 1 und 2 mit einem CdA von 0,298 m² (siehe nächste Graphik), das als schlecht im Profisport zu bewerten ist. Beim ersten Test hatte Kathi noch keinen Aerohelm getragen. Durch den Einsatz des Aerohelms „Speedmask“ von Casco konnte das beste Ergebnis in den Tests 7 und 8 mit einem CdA-Wert von 0,237 m² erreicht werden. Vorteilhaft war es, wenn Kathi ihre Trinkflasche hinter dem Sattel verwendete. Mit Hilfe des Aerotune-Systems können die Verbesserungen des CdA-Wert in Zeit umgewandelt werden. So lässt sich für Kathi eine Verbesserung von 9:43 Minuten für die Radzeit der Challenge Heilbronn prognostizieren (vgl. Test 7 und 8). Wird der Einfluss des Helms abgeschätzt, da keine Referenz mit der alten Position vorhanden ist, ist die zeitliche Verbesserung auf der Challenge Heilbronn Strecke vermutlich 8:23 Minuten.

Das Ergebnis der Testfahrten von Kathi Wolff, um ihr Equipment und ihre Radposition zu optmieren
Zwei verschiedene Sitzpositionen sowie verschiedene Positionen der Trinkflasche und der Zeitfahrhelm „Speedmask“ von Casco wurden getestet.
Neuer Test für Aerodynamik entwickelt
Das Schaubild zeigt die zeitliche Optimierung, die die Aerotests im Bezug auf die Strecke der Challenge Heilbronn ergeben haben. Bei den Testfahrten 7 und 8 war die Zeitersparnis am größten. Sprich mit diesem Setting kann Kathi den besten Bike-Split an ihrer persönlichen Schwelle in Heilbronn fahren.

 

Je schneller man unterwegs ist, um so größer ist die zeitliche Verbesserung

Athleten-Fazit von Kathi Wolff zum Testverfahren

„Als Athlet kann ich sagen, dass Aerotune eine super Alternative zu aufwendigen und kostspieligen Aerotests auf der Bahn ist. Ich kann den Test auf einer zuvor gewählten Strecke bei mir in der Umgebung durchführen und so einfach verschiedenes Equipment und Sitzpositionen testen, abspeichern und auswerten lassen.

Allerdings bedarf es im Voraus eine gewisse Planung und Koordination. Was will ich testen? Wie dokumentiere ich das getestete? Was macht Sinn? Gerade, wenn es um Sitzpositionsveränderungen geht, ist nicht nur die Aerodynamik entscheidend, sondern vor allem auch die individuellen körperlichen Voraussetzungen. Welche Position kann ich überhaupt fahren? Für mich macht es daher Sinn, einen Experten zu den Test mit dazu zu holen. Ich war sehr froh, dass mein Trainer Utz Brenner und mein Mechaniker zu Stelle waren und mir mit den technischen Dingen geholfen haben. Exentensions und Co lassen sich nicht unbedingt auf die Schnelle umbauen. Man braucht dafür etwas Zeit und Geduld.

Ich war letztlich sehr positiv überrascht, wie viele Erkenntnisse wir lediglich in einer Testserie an einem Nachmittag gewinnen konnten und wie viel Zeit wir in diesem Test für mich rausholen konnten.

Versprechen tue ich mir von verschiedenen Testsetting mit unterschiedlichen Sitzpositionen eine aerodynamischere Position, die ich ohne Einschränkungen auf 90 Kilometern fahren kann – eventuell auch eine „aggressivere“ Position für kürzeren Distanzen. Auch verschieden Materialien, wie Helme oder Anzüge sind dabei sehr spannend zu testen.

Alles in allem geht es darum, wie ich ein paar Watt sparen und schneller sein kann und das mit einfachen Mitteln und wenig finanziellem Aufwand. Ich starte jetzt als nächstes beim Rhein-Neckar-Cup und werde sicherlich auch noch zeitnah eine Mitteldistanz machen und freue mich, wenn sich erste Ergebnisse der Tests bei diesen Rennen auszahlen.“

 

Fotos: Utz Brenner
Schaubilder: Aerotune