Beweglichkeit ist das A und O
beim Schwimmen

Es ist nie zu spät, an seiner Schwimmtechnik zu feilen. Deswegen starten wir mit einem Schwimmartikel von Remco Hitzert in den November. Am besten sollte man mit einem Beweglichkeitscheck im Nacken- und Schulterbereich anfangen. 

 

Häufig ist es gar nicht nur die Technik, die beim Schwimmen Probleme macht. Selbst wenn im Training immer wieder auf einen hohen Ellenbogen oder unter Wasser auf eine saubere Zug- und Druckphase geachtet wird, klagen viele Triathleten darüber, dass sie einfach nicht schneller werden. Manchmal ist nicht die Technik der entscheidende Faktor, sondern die körperlichen Gegebenheiten bzw. die anatomische Voraussetzungen, die eventuell ein effektives Schwimmen gar nicht zulassen. Sich auf Dysbalancen bei einem erfahren Physiotherapeuten durchchecken zu lassen, könnte ein erster Schritt in Sachen mehr Schwimmeffizienz sein.

Mehr Schulterbeweglichkeit
Vor dem Hintergrund „schneller und nicht schöner“ zu kraulen, sollte jeder Sportler seine ganz persönliche „schmerzfreie“ Technik finden. Denn nicht jede Schulter ist in der Lage, einen technisch sauberen Arm- inklusive Atemzug zuzulassen. Gerade Einsteiger, die im „höheren Alter“ erfolgreich einen Kraulkurs absolviert haben, übertreiben es am Anfang gerne mit dem Training und landen schnell mit einer Sehnenentzündung beim Physiotherapeuten.

Wichtig zu wissen: Das Schultergelenk ist ein sehr bewegliches Kugelgelenk und wird nur durch viele Bänder und Muskeln stabilisiert. Bänder und Muskeln sind Weichteilen und somit anfällig für Verletzungen. Die durch eine Überbelastung des Schultergelenks verursachten Schmerzen lassen sich wie folgt kategorisieren.

 Symptome:

  • Schmerzen kommen nach dem Training (und verschwinden bis zum nächsten Training wieder)
  • Schmerzen kommen beim Training entstehen (und verschwinden nach 20-30 Minuten)
  • Ständig Training mit erträglichen Schmerzen
  • Training mit erträglichen Schmerzen – danach während der Nacht Verschlimmerung der Schmerzen.

Die Ursachen hierfür können vielschichtig sein: Beispielsweise einseitige und häufige Wiederholungen der gleichen Bewegung, zu hohe Intensitäten, die zu einer Überbelastung von Bindgewebe, Sehnen und Muskelansätzen führen kann.

Schwimmtechnische Aspekte: Es wird zu viel nach vorne geschaut, die Wasserlage ist verkrampft, einseitiges Atmen, zu starkes Anheben des Kopfs beim Atmen.

Gründe der Schmerzen
Zum einen könnte die Muskulatur aufgrund zu hoher Umfänge und Intensitäten im Schultergelenk eingeklemmt werden und dadurch die Sehnen reizen und zur einer Entzündung führen. Zum anderen könnte durch ein häufiges Kraulen die Brustmuskulatur verkürzt sein. Zudem ist die hintere Schultermuskulatur oft zu schwach, wodurch muskuläre Dysbalancen entstehen können. Hinzu kommen Bewegungseinschränkungen aufgrund von Blockaden und oder Rotationseinschränkungen in der Halswirbelsäule wodurch wiederum die Muskulatur gerezit werden kann. Blockierte Rippen können u.a. dafür sorgen, dass die Brustwirbelsäule nicht optimal bewegt werden kann, was wiederum eine schlechtere Flexibilität vom Schulterblatt zur Folge hat.

Therapie: Trainingspause einlegen bis die Schmerzen vollständig abgeklungen sind (vom Arzt behandeln lassen und mit einem Therapeuten zusammenarbeiten). Danach die Schultermuskulatur so trainieren, dass künftig mehr Stabilität vorhanden ist.

Einfache Übungen können schon viel bewirken:
Stabilisierende Maßnahmen mit den Theraband

Ausgangsposition des Arms: Auf Höhe der Schulter nach vorne ausgestreckt.
1. Theraband vor dem Körper mit gestrecktem Arm Richtung Boden ziehen
2. Theraband mit gestreckte Arm seitwärts nach unten ziehen
3. Unterarm 90 Grad abwinkeln und den Ellebogensamt Theraband nach innen führen und wieder zurück

Übungen nach „oben“  und Außwärtsrotationen erst durchführen, wenn die Schmerzen komplett abgeklungen sind. Mehrmals am Tag 10 bis 20 Wiederholungen durchführen.

Dehnungen zur Mobilisierung der Gelenke:
1. Die Hände hinter dem Rücken verschränken und dann so weit wie möglich über den Kopf ziehen. Ohne Schmerzen!
2. Die eine Hand in den Nacken legen mit den andere Hand den Ellenbogen Richtung Rücken ziehen. Gedehnt wird dabei der Oberarm.

Nackenbeweglichkeit
Auch die Nackenbeweglichkeit spielt beim Schwimmen eine wichtige Rolle. Kann ich überhaupt meine Halswirbelsäule (HWS) so bewegen, dass ich einen hohen Ellenbogen, die korrekte Körperrotation und eine Dreieratmung sauber ausführen kann? Nicht alle Bewegung finden in der HWS statt, da beim Kraulen die Bewegung auch aus der Rumpfrotation entsteht. Für eine Drehbewegung der HWS braucht es ein gutes Zusammenspielen zwischen Schulter-, Nacken- und Brustwirbelsäule.

Übungen:
1. Drehe den Kopf maximal nach rechts oder links
2. Nicke „Ja“ mit maximal großen Bewegungen
3. Leg das Kinn auf die Brust und mache eine maximale Drehung nach links und rechts
4. Strecke die Arme seitwärts: Linke Handfläche nach oben drehen. Rechter Handfläche nach unten drehen. Drehe jetzt deinen Kopf maximal zur Seite mit der oberen Handfläche. Wechsel deine Kopf- und Handflächedrehung alle drei Sekunden.

Remco Hitzert  – ist gebürtiger Holländer und wohnt seit 1998 in der Schweiz. Er ist selbstständiger Physiotherapeut mit Zusatzausbildungen in der Manuelle Therapie und Craniosacrale Therapie. Von 1994 bis 1998 gehörte er dem Open Water-Nationalkader der Niederlande an. Von 2004 bis 2007 trainierte er die Lichtensteiner Schwimmnationalmannschaft. Zudem ist er seit 2007 Swiss Olympic Diplomtrainer und bietet Triathleten Trainingssteuerung an.
Mehr Infos: www.physio-it.ch

Fotos: Armin Schirmaier