Powerman Zofingen – fast wie live dabei!

Joerg Schneider in ZofingenIhr kennt den Powerman Zofingen nur vom Hörensagen und möchtet endlich wissen, was genau hinter diesem berühmt-berüchtigten Duathlon-Rennen steckt. Jörg Schneider war dabei und berichtet.

Der Powerman Zofingen gehört zu den Rennen, die schon seit einiger Zeit auf meiner Bucketlist stehen – ein Rennen, das man als „ordentlicher“ Triathlet einfach einmal gemacht haben sollte. Leider fristet der Duathlon-Sport selbst innerhalb der Spielarten des Triathlon ja nun schon seit einiger Zeit ein Mauerblümchen-Dasein.

Während früher die versammelte Triathlon-Elite ins beschauliche Städtchen Zofingen in die Zentralschweiz kam, um sich mal ordentlich die Beine zu schrotten und auszufechten, wer auch auf dieser verschärften Strecke der Beste ist, hat sich der Triathlonsport so weit professionalisiert, dass es – sicher ein wenig verständlich – heute mehr und mehr ein Spezialistentum gibt, wo sich ein Jan Frodeno oder Sebi Kienle solche Eskapaden einfach nicht leisten können.

Erster Eindruck
In diesem, meinem „lockeren Jahr“ nach Kona 2015 wollte ich also zum Saisonabschluss mir noch mal richtig die Kante geben und fuhr gemütlich am Samstag in die Innerschweiz. Dort angekommen war ich fünf Minuten zu spät für die Startunterlagen (Office closed), aber die Duathlon-Kids waren voll am Rumturnen – bei herrlichen 29°C im Schatten. Ich fuhr wenigstens noch die sagenumwobene Radstrecke mit dem Auto ab. Mein erster Eindruck: Ja, schon ordentlich, aber bis auf die zwei großen Berge im Grunde sehr flüssig zu rollen. Das müsste auch mit meinen wenigen Radkilometern machbar sein. Mein 28er-Ritzel hatte ich ja noch vom Inferno Triathlon vor zwei Wochen drauf und so sollte selbst ich das schaffen. Am Ende der Radstrecke erblickte ich noch ein wunderschönes Gasthaus mit schattenspendenden Platanen und gönnte mir ein nicht ganz billiges Abendessen in der untergehenden Sonne. Danach fuhr ich direkt zu meinem schnuckeligen, kleinen Bed & Breakfast, wo schon ein Pärchen im Garten chillte. Der Anblick seiner Beine verriet sofort, was der Typ am morgigen Tag vorhatte.

Erste Tipps
Es war Simon Hoyden aus Dortmund, immerhin Siebtplatzierter overall (1. M25) bei der Duathlon-DM Lang in Ulm vor einem Monat. Er hatte das Rennen schon im Vorjahr gefinisht und konnte ein paar warnende Hinweise loswerden. „Die Überhöhung des Höhenprofils zeigt nicht im Ansatz, wie steil und bergig die Laufstrecken wirklich sind“, so Simon. Und für die Radstrecke hätte er sich auch ein extra kleines Kettenblatt montiert. „Na, das kann ja mal lustig werden“, dachte ich so für mich. Wir hatten dann noch einen netten Abend in lauer Sommerluft im wunderschönen Garten von „Chez Silvia“ und gingen früh zu Bett.

Morgens dann ein gemütliches Frühstück. Simon und seine Freundin waren schon fertig und weg. Dann alles zusammenpacken und rüber nach Zofingen. Einen super Parkplatz gefunden und erstmal die Startunterlagen abholen. Dann kommt das super-wichtig Eincheck-Prozedere, das einer Weltmeisterschaft natürlich angemessen sein muss. Zuerst eine Prüfung, ob die Startnummern überall ordentlich drauf sind, auf dem Helm und dem Bike. Dann der übliche Helm-Check. Dann der Anzug-Check – also alles ausziehen und den Nationalmannschaftsdress korrekt anziehen. Check. Schließlich muss der Timing-Chip am linken und darf auf keinen Fall am rechten Fußgelenk angebracht sein. Okay, ändern, check.

Als ich gerade mein Bike an meinen Platz stelle, steht mir gegenüber ausgerechnet mein Kona-WG-Mitbewohner und guter Sportfreund Marcus Büchler mit der Startnummer 128. Er erkennt mich erst gar nicht und ist völlig in „the zone“. Wir flaxen ein wenig rum, machen Fotos und begeben uns dann zum Start, wo der DTU-Sonderbeauftragte Duathlon, Nobbe Braun, ein gemeinsames Foto-Shooting mit der der DTU-AK-Nati anberaumt hat.

Die Frauen starten um 8.00 Uhr, während wir noch eine Stunde bis zum Start ausharren müssen. Also erstmal die Toilette nutzen und dann nochmal gemütlich ein paar Minuten ins Auto sitzen. Als dann mehr und mehr Athleten sich genau vor mir warmlaufen, ziehe auch ich mich um und reihe mich ein. Locker laufe ich mich mit Marcus ein und dann geht’s rüber an den Start. Sebastian Retzlaff ist natürlich wieder mal der Entspannteste und Letzte von allen und stellt sich vor uns zur Elite.

10 km Laufen – 150 km Radeln – 30 km Laufen
Punkt neun geht’s los und die Leute haben nicht zu viel versprochen: Man merkt gleich, wo der Hammer hängt, denn sofort auf dem ersten Kilometer denkst du, dass du beim falschen Rennen bist – das muss hier ein Berglauf sein! Irgendwann ist dann aber auch der höchste Punkt erreicht, es geht ein wenig wellig und schließlich zwei Kilometer bergab. Eine 5-km-Runde – das Ganze zwei Mal. Ich lasse es extrem entspannt angehen, Kollege Bernd Weis schiebt sich noch an mir vorbei und wir kommen mit 37:41 bzw. 37:49 Minuten als 65. bzw. 68. in die T1.

Auf dem Fahrrad habe ich nur die ersten 10 Kilometer flach im Tal etwas Begleitung. Als es in die Berge geht, nehme ich mich bewusst sehr zurück und lasse die anderen fahren. Ein paar wenige sehe ich später wieder. Ansonsten überhole ich nur die vor uns gestarteten Frauen und mache mir echt manchmal Sorgen, ob ich noch auf der richtigen Strecke bin. Ich habe noch nie ein Rennen erlebt, wo ich so einsam und allein vor mich hingeradelt bin. Es war fast schon gespenstisch, aber eben auch total entspannt und echt schön. So konnte ich auch oft den Kopf runter nehmen, denn die nächsten 500 Meter vor mir war ja niemand.

Die Radstrecke ist wunderschön und die Ausblicke vom höchsten Punkt, dem Bodenberg in Richtung Zentralschweizer Alpen mit den schneebedeckten Viertausendern gigantisch. Ganz toll sind auch die vielen Zuschauer an der Strecke, die einen frenetisch anfeuern. Und das Wetter – ein Traum! 20 – 23°C, leicht bedeckt und nur ab und zu kam die Sonne raus. Erst später kam mehr und mehr ein Wind auf und ganz am Ende des zweiten Laufs fing es leicht an, zu tröpfeln.

Wunderschön aber knackig
Drei Runden sind hart – man weiß so genau, was einen gleich erwartet. Aber irgendwie gehen sie dann auch rum und man darf sich auf den krönenden Abschluss des Cocktails freuen: Die oft verfluchte abschließende 30-km-Strecke, die – naja, wie soll man das jetzt sagen – alles andere als flach ist. Im Vorfeld hatte ich mich schon gewundert, wie denn Jungs, die wirklich laufen können, nur eben einen 5er-Schnitt hinkriegen. Auch hier fackelt die Strecke nicht lange und zeigt gleich ihre Qualitäten: Die ersten zwei Kilometer geht es stetig bergauf. Schön ist hier, dass große Teile der Laufstrecke wunderschön durch den Wald gehen. Nicht so schön ist, dass man bereits nach 5 km am Wendepunkt vorbeikommt, dann aber noch einmal 2,5 km in Schleifen hoch und runter durch den Wald geführt wird, bevor man auch wirklich wenden und das Ganze zurück laufen darf.

Anfänglich tue ich mich enorm schwer, meinen Rhythmus zu finden, aber irgendwann läuft es doch irgendwie, obgleich ich die gesamte zweite Laufstrecke immer haarscharf an Krämpfen entlang laufe. Gleich zu Beginn kommt mir der Führende Seppe Odeyn aus Belgien entgegen. Der Sprecher sagt gerade, als ich aus der Wechselzone laufe, dass er seinen Schützlingen im Grunde nichts mehr über Lauf-ABC sagen könne, denn Seppe hat nun wirklich den grauenhaftesten Laufstil mit seinen extrem O-Beinen, läuft aber mit Abstand die Laufbestzeit und siegt später ungefährdet vor dem deutschen Shootingstar Felix Köhler. Letzterer überholt mich noch ganz kurz vor dem Ziel. Und da mein Laufen offenbar immer noch gut aussieht, auch wenn es echt langsam ist, feuern mich viele an, als würde ich um das Gesamt-Podium mitkämpfen. Es ist ohnehin schön, die vielen Bekannten dank der drei Wendepunkte zu sehen und sich gegenseitig anzufeuern. Und dann ist es da, das Ziel. Der Cheforganisator Stefan Ruf lässt es sich nicht nehmen, jeden einzelnen Athleten persönlich willkommen zu heißen – eine nette Geste.

Dann erstmal verpflegen. Ich setze mich zu Bernd und den anderen und versuche mühsam, eine Cola, ein Bier und eine heiße Bouillon mit Pasta reinzuwürgen. Nach einer schönen warmen Dusche, checke ich mein Bike aus, verpacke alles im Auto und überlege mir, ob ich noch bis zur Awards-Party mit Siegerehrung bleiben, oder direkt zu meinen Eltern an den Bodensee fahren soll. Ich entscheide mich für letzteres.

Fazit: Ein ganz famoses Rennen in einer herrlichen Landschaft. Perfekt organisiert, wie man das von unseren Schweizer Nachbarn gewohnt ist (und bei der 28. Austragung vielleicht auch erwarten kann). Und auch wenn das Rennen noch so hart ist und der Muskelkater noch einige Tage andauern wird, hat es wirklich einen riesigen Spaß gemacht und ich denke fast, dass ich dort noch einmal gut trainiert an den Start gehen sollte.

Text: Jörg Schneider
Foto: privat