Ende Mai musste Michael Raelert aufgrund einer erneuten Erkrankung mit dem Eppstein-Barr-Virus alle geplanten Wettkämpfe absagen. Vier Monate später befindet sich der Rostocker wieder im Training. Wir unterhielten uns mit dem 36-Jährigen über die nicht einfache Zeit.
Michael, den neusten facebook-Einträgen nach scheinst Du das Pfeiffersche Drüsenfieber auskuriert zu haben. Wie geht es Dir?
Danke der Nachfrage! Es wird. Die letzten Wochen im Training haben mir gezeigt, dass ich wieder voll belastbar bin. Das fühlt sich nach der langen Auszeit sehr gut an. Ich bin unheimlich froh, dass ich bald auch wieder ins Wettkampfgeschehen eingreifen darf.
Du bist nicht der erste Profisportler, den das Pfeiffersche Drüsenfieber ausgebremst hat. Wann und wie hast Du gemerkt, dass etwas gesundheitlich nicht stimmen kann?
Leider hatte ich ja schon Erfahrung mit dem Epstein-Barr-Virus und dann ist es bei mir ganz unerwartet zurückgekommen. Nach dem Rennen in St. George habe ich Anfang Mai gespürt, dass irgendwas nicht stimmt. Ich lag eigentlich gut auf Kurs in diesem Ironman 70.3-Rennen, aber beim Radfahren ging es einfach nicht auf 100 Prozent und beim Laufen ging mir dann richtig der Saft aus. Das war ein ganz komisches Gefühl, kurz darauf haben die Untersuchungen gezeigt, dass mein Gefühl richtig war und etwas nicht stimmt.
Gegen diese Krankheit gibt es ja – außer Geduld und Warten – keine Medizin. Wie bist Du damit umgegangen, von heute auf morgen ausgebremst zu werden?
Puuh, das ist jetzt nicht ganz so einfach zu beantworten. Es ist eine Trilogie: Erst bist du voller Unverständnis und willst es nicht wahrhaben, dann bist du einfach nur sauer und willst es nicht akzeptieren, bevor du in eine Art Schockstarre und Resignation verfällst. Da ist es dann zwischendurch gar nicht so leicht, das zu akzeptieren, um dann wieder positiv nach vorne zu schauen. Nach einer gefühlten Ewigkeit habe ich dann gemerkt, dass ich mich physisch wieder belastbarer fühle – und dann kam auch echte Zuversicht zurück.
Haderst Du noch damit, die beiden Weltmeisterschaften in Mooloolaba und Kona verpasst zu haben oder ist Dein Augenmerk bereits auf den neuen Qualifikationszyklus ausgerichtet?
Natürlich waren das zwei große Ziele für mich. Aber als ich meinen Start für den Ironman Nizza absagen musste, da war ja schon absehbar, dass es zumindest mit Kona schwierig werden könnte. Ich freue mich sehr für Andy, dass er am 8. Oktober dabei ist. Ich werde ihm an diesem Tag einfach nur die Daumen drücken und hoffe, dass ihm ein richtig starkes Rennen gelingt. Wenn er einen guten Wettkampf hat, dann tut es nicht so weh, selbst nicht dabei zu sein. Im Nachhinein wäre ich natürlich unheimlich gerne in Mooloolaba gestartet, aber was soll ich sagen: Es ist und bleibt eine Hätte-Wenn-Aber-Diskussion, und deshalb schaue ich auch nach vorne.
Wie sieht aktuell Dein Wiedereinstieg in das Training aus?
Der Wiedereinstieg ist auf jeden Fall geschafft, ich kann auf altem Niveau trainieren und fühle mich auf einem guten Weg. Es ist ein cooles Gefühl während der Einheiten wieder an die nächsten Rennen denken zu können. Das macht richtig Spaß.
Vor einem Dreivierteljahr bist Du dem europäischen Winter entflohen und hast mehrere Wochen in Thailand im Thanyapura Sports & Health Resort trainiert. Wie bist Du auf den Thanyapura aufmerksam geworden und mit welchen Erwartungen bist Du nach Phuket gereist?
Es waren ja schon sehr viele Athleten in Thanyapura, und ich kannte bereits die Trainingsbedingungen vor Ort. Außerdem mag ich das heiße Klima. Auch in der Hitze von Hawaii, die natürlich ganz anders ist, aber eben auch drückt, bin ich gut klargekommen. Es ist doch ein Privileg, nicht darüber nachdenken zu müssen, was man alles an Klamotten mitnehmen oder anziehen muss. Manchmal war es wirklich richtig feucht in Thailand, aber ich fand es insgesamt sehr angenehm. Bei uns in Rostock im Winter zu trainieren wäre die andere Option gewesen, und da sprach doch einiges für einen Trainingsaufenthalt unter der thailändischen Sonne.
Wenn ich an den thailändischen Straßenverkehr denke, fallen mir sofort rücksichtslose Tuk Tuk-Fahrer und das heillose Verkehrschaos ein. Wie sicher hast Du Dich auf dem Fahrrad gefühlt, und waren die Straßen wirklich so voll?
Meine Erfahrungen sind insgesamt sehr positiv. Es gibt immer einige lustige und vielleicht auch manche weniger witzige Situation, aber ich hatte eigentlich immer ein sicheres Gefühl. In der Gruppe hat es außerdem richtig Spaß gemacht, wir hatten eine wirklich gute Zeit.
Wie bist Du mit im Training mit dem Linksverkehr klargekommen?
Klar, das ist erst einmal für jeden Rechtsfahrer eine etwas schräge Sache. Aber da gewöhnst du dich schnell dran, du hast auch nicht wirklich eine andere Chance. 🙂
Was hat Dich an der Trainingsdestination Phuket am meisten beeindruckt?
Es hat insgesamt einfach gut gepasst. Ich habe meinen Aufenthalt ja mit dem Start beim Phuket-Triathlon verbunden, und wenn du den gewinnen darfst, dann wirkt kein Aufenthalt im Rückblick schlecht. Die Trainingsmöglichkeiten sind gut, die Location ist cool, für mich hat’s echt gepasst.
Der Thanyapura bietet ja noch weit mehr als hervorragende Trainingsbedingungen für Schwimmen, Radfahren und Laufen. Welche Sportanlagen hast Du außer dem Schwimmbecken und dem Leichtathletikstadion noch genutzt?
Ich glaube, ich hab da eigentlich nichts verpasst und mir alles angeschaut. Das Angebot ist wirklich gut.
Wie sieht die Verpflegung im Resort aus? War diese eher auf den Sportler ausgerichtet oder war auch viel landestypische Küche im Angebot?
Das Training stand für mich im Vordergrund, aber klar schaust du als Sportler immer auch nach dem Essen. Kurz gesagt: Das war extrem gut, ich denke, da findet jeder etwas, ob er nun ein Fan der thailändischen oder europäischen Küche ist, oder eben ganz der Sportler.
Hattest Du neben dem vielen Training auch Zeit für das klassische Phuket-Touristenprogramm?
Ein bisschen Touri müssen doch auch Triathleten sein, oder? Sonst wären die ganzen Reisen doch irgendwie ziemlich langweilig. Da nehme ich mich nicht aus.
Michael, vielen Dank für das Interview, wir wünschen Dir einen erfolgreichen und vior allem gesunden und verletzungsfreien Einstieg in die Saison 2016/2017.
Fotos: Silas Stein | ralfgraner.de, Thanyapura Sports & Health Resort