Annette und Dirk Niederau qualifizierten sich beim Ironman in Nizza gemeinsam für die bevorstehende WM auf Hawaii. Kurz vor der Abreise unterhielten wir uns mit Beiden über ihre Erwartungen für das Rennen und die Zeit danach.
Mit welchen Gefühlen und Wünschen trittst Du das Rennen in Kailua-Kona an?
Annette: Ich freue mich einfach nur, dass ich dabei sein darf und hoffe auf ein schönes Rennen ohne große Leiden.
Dirk: Ich bin sehr zufrieden, das ich da starten kann. Es ist schon ein Geschenk, nach Hawaii zu reisen und bei so einem Mega-Event dabei sein zu dürfen.
Welches Rennen im Rahmen Deiner Vorbereitung/Qualifikation lässt Dir im Vorfeld noch einmal das Adrenalin in die Adern schießen?
Annette: Das war definitiv der Moment der Slotvergabe! Ich war ja „nur“ Zweite, und der Moment, als zum dritten Mal der Name der Siegerin ohne Antwort aufgerufen wurde, lässt mich heute noch schaudern.
Dirk: Der 70.3 in Sankt Pölten ist mir sehr gut gelungen und hat sich durchweg klasse angefühlt. Daran habe ich mich im Training oft hochgezogen und motiviert.
Wie bereitest Du Dich auf die Hitze vor?
Annette: Nicht besonders, es war ja auch hier in Deutschland im August sehr heiß. Ich habe die Mittagszeit zum Training genutzt.
Dirk: Ich habe in diesem Jahr kein spezielles Hitzetraining absolviert. Glücklicherweise gab es ja bei uns auch viele sehr heiße Tage. Ein 38-Kilometer-Lauf bei über 30 Grad Celsius steht im Trainingsbuch, das muss einfach reichen!
Wie gehst Du auf Reisen generell mit Jetlag um?
Annette: Auf dem Hinweg macht mir das nichts aus, das ist wie eine Nacht durchmachen. Und an den Rückweg denke ich noch nicht.
Dirk: Das kennen wir ja schon: 8 Tage vorher anreisen passt, um am Wettkampftag entspannt um 4 Uhr morgens aufzustehen. Zurück ist es dann egal.
Wie viele Tage vor dem Rennen beginnst Du mit dem Tapering bzw. reduzierst die Umfänge und Intensitäten?
Annette: Ich reduziere schon drei Wochen vor dem Rennen langsam. In der Rennwoche lasse ich mich nicht vom Schaulaufen anstecken und mache fast nichts mehr.
Dirk: Ich versuche dieses Jahr bis zum Ende in Schwung zu bleiben und die Intensität hoch zu lassen. 14 Tage vorher absolviere ich noch einmal einen 2:30 Stunden-Lauf. Auf dem Rad mache ich eh nicht so ultralange Einheiten. 4-4,5 Stunden, und die „ziehe“ ich aber auch bis 14 Tage vorher noch durch. Vor Ort versuche ich dann etwas vorsichtig zu sein und auf mein Gefühl zu hören. Die Hitze, das Klima und die Zeitverschiebung muss ich unbedingt bei den Trainingswerten mit berücksichtigen, sonst mache ich mich vorher schon kaputt…
Wie sehen Deine letzten Schwimm-, Rad- und Laufeinheiten vor dem WK aus und wann machst Du die?
Annette: Weil ich echt Schiss habe, so weit auf das offene Meer hinaus zu schwimmen, habe ich mich zum ersten Mal zu diesem Trainingsschwimmen über die Originalstrecke eine Woche vor dem Rennen angemeldet (Anm. d. Red.: Ho`ala – Rise to the Occasion). Danach gehe ich auch nur noch einmal ins Wasser. Sonntags vor dem Rennen werde ich nach Hawi hoch fahren, und da wir in Waikoloa wohnen ist das auch nicht so weit. Und am Mittwoch stehen dann noch ein paar abschließende schnelle Laufintervalle an, drei mal 1.000 Meter oder so.
Dirk: Im Laufen werde ich mich am Mittwoch vor dem Rennen mit ein paar 800-Meter-Intervallen vorbelasten. Auf dem Rad plane ich für den Dienstag meine letzte intensive Einheit. im Schwimmen agiere ich nach Gefühl, wie viel und wie intensiv ich da in der Vorwettkampfwoche noch rangehe. Für mich ist primär wichtig, das Wassergefühl in den Wellen zu bekommen … und das ist ja schon sehr speziell in Kona.
Mit welcher Erwartungshaltung nimmst Du das Rennen auf?
Annette: Ich war bereites fünfmal dort und weiß, dass alles anders kommt als man es sich vornimmt. Wenn die Bedingungen stimmen würde ich gerne unter 1:30 Stunden schwimmen, unter sechs Stunden Rad fahren und unter vier Stunden laufen.
Dirk: Das Trainingsjahr hatte zum Ziel, auf Hawaii noch einmal aufs Treppchen in der Agegroup zu kommen. Gleichzeitig sehe ich das aber auch sehr relaxed, es wäre das Sahenhäubchen der gemeinsamen Teilnahme. Auf jeden Fall habe ich viel und gut trainiert und fühle mich fit in allen drei Disziplinen, was will man mehr.
Wer sind die großen Favoriten auf den Gesamtsieg bei den Herren/Damen?
Annette: Jan Frodeno und Daniela Ryf.
Dirk: Da schließe ich mich zu 100 Prozent an! Und es würde mich auch sehr freuen wenn die Beiden gewinnen.
Worauf achtest Du in der Rennwoche ernährungstechnisch besonders?
Annette: Auf nichts Besonderes. Ich esse und trinke worauf ich Lust habe.
Dirk: Auf die Getränke, das fängt bei Wasser an und endet bei den Eiswürfeln in den Getränken im Restaurant. Zusätzlich achte ich auch darauf, genügend Mineralstoffe und Salz zu mir zu nehmen, ich habe auch mein Müsli dabei und hoffe, dass es heil ankommt!
Und womit verbringst Du in Kona die trainingsfreie Zeit? Wie entspannst Du Dich?
Annette: Am Meer und beim Shoppen.
Dirk: Ich möchte einmal zum Volcanoes National Park, da wird ja dieses Jahr allerhand Lava-Aktivität geboten. Ansonsten genieße ich den Flair am Strand und in Kona. Ich gehe auch gerne durch die Sportläden und über die Expo und schaue, was es so Neues gibt. Leute treffen, ins Cafe setzen und den Wind um die Nase wehen lassen.
Auf was musstest Du in den letzten Wochen am meisten verzichten?
Annette: Außer auf Zeit mit der Familie eigentlich auf nix.
Dirk: Auf unsere Tochter! Die wird mir fehlen, ist aber daheim von Oma und Opa gut versorgt.
Worauf freust Du Dich nach dem Rennen am meisten?
Annette: Weihnachtsmärkte und Dominosteine.
Dirk: Annette macht die besten Dominosteine … und einfach mal Zeit haben für alles und nichts zu haben, derzeit ist der Tagesablauf sehr stark durchgetaktet.
Wie verbringst Du die Zeit nach dem Rennen?
Annette: Daran denke ich noch nicht. Ich fürchte, es wird schnell der Arbeitsalltag einkehren.
Dirk: Direkt danach werde ich mich irgendwo ruhig unter eine Palme setzen und das Jahr Revue passieren lassen. Ich finde es jedes Mal unglaublich, wie viel man erlebt hat, was man alles investiert hat, um es dann an einem Tag rauszulassen. Und wenn man durchs Ziel läuft, ist es innerhalb einer Sekunde vorbei. Offseason! Das ist – kurz vor der Abreise – schon ein komisches Gefühl und hört sich fremd an, aber ich freue mich darauf! Und daheim warten reichlich Dinge auf mich. Viel Arbeit am und im Haus. Die Vorweihnachtszeit. Und mein Beruf wird mich im Jahresendgeschäft auch gut beanspruchen.
10 Stichworte – 10 spontane Reaktionen
was fällt Dir spontan zu folgenden Begriffen ein?
Ali’i Drive
Annette: Sehen und gesehen werden.
Dirk: Schatten beim Laufen.
Palani Road
Annette: Stimmung mitnehmen und Energie tanken für die Stunden da draußen in der Einsamkeit.
Dirk: Rhythmus-Killer nach 15 Kilometer Laufen.
Energy Lab
Annette: Ich verstehe gar nicht, was daran so schlimm ist, wenn ich dort bin, geht die Sonne unter!
Dirk: Das ist für mich irgendwie die vorgezogene Ziellinie! Wenn ich dort noch laufe, habe ich es gut geschafft!
Mumuku
Annette: Da denke ich an mein erstes Rennen vor zwölf Jahren: Gegenwind nonstop.
Dirk: Der hat mir im Rennen mal eine Oakley-Brille von der Nase geweht und ist im hohem Bogen in die Lava geflogen.
Underpants Run
Annette: Kann ich nichts mit anfangen.
Dirk: Nicht mein Ding, aber sicherlich lustig anzuschauen.
Mauna Kea
Annette: Sonnenaufgang und lange Hosen.
Dirk: Dünne Luft da oben, wenn man über die Saddle Road da hochgefahren ist.
Kona Coffee
Annette: Lecker.
Dirk: Ich trinke ja keinen Kaffee, aber vielleicht probiere ich ihn dieses Jahr trotzdem mal.
Island Lava Java
Annette: Noch einmal sehen und gesehen werden.
Dirk: Da haben wir früher immer die „Größen im Geschäft“ gesucht und manchmal auch gefunden.
ABC-Store
Annette: Der „Tante-Emma-Laden Hawaii.“ Die jüngeren Altersklassenathleten kennen so etwas ja gar nicht mehr.
Dirk: Sonnencreme und Mitbringsel für daheim.
(das ehemalige) LuLu’s
Annette: Da war ich einmal und habe das total kaputt nicht ertragen. Vielleicht aber in der AK 45?
Dirk: Kein must have! Es gibt sicher bessere Abendveranstaltungen…
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Interview: Klaus Arendt
Fotos: Privat