Die Niederaus und ihre ganz persönliche Work-Sport-Life-Balance

Niederau_1Prof. Dr. Lothar Schwarz, DTU-Mitglied im ITU Medical Committee, sprach in einem Interview egoistische Züge im Triathlonsport an. Ein Grund mehr, sich mit den Niederaus über die Work-Sport-Life-Balance ambitionierter Age Grouper zu unterhalten.

 

Annette, Dirk, zum wievielten Male geht ihr in diesem Jahr auf Hawaii gemeinsam an den Start?
Nach 2005, 2008, 2009 und 2011 „erobern“ wir im Oktober zum fünften Mal gemeinsam Big Island. Darüber hinaus waren wir noch in den Jahren 2004 (Annette) sowie 1997, 2000, 2001 und 2002 (Dirk) jeweils alleine am Start.

All das bedeutet sicherlich auch eine intensive und fokussierte Vorbereitung. Wie viele Stunden trainiert Ihr durchschnittlich pro Woche?
Nach der „Winterpause“ beginnen wir mit sechs Stunden wöchentlich und erhöhen das Stepp by Stepp bis zum Saisonhöhepunkt auf fünfzehn Stunden. Im Trainingslager oder einer Urlaubswoche daheim erhöhen sich die Umfänge auch mal auf 20 bis 25 Stunden. All das verteilt sich wie folgt auf die Disziplinen:

Dirk: Schwimmen: 2-3 mal wöchentlich (jeweils 1-1,5 Stunden); Radfahren: zweimal Ergometer (jeweils 1 Stunde) und am Wochenende zweimal 3-4 Stunden auf der Straße; Laufen zwischen 30 und 70 Kilometer; all das wird abgerundet durch regelmäßiges Stabitraining daheim, in die Muckibude gehe ich überhaupt nicht.

Annette: Schwimmen: 1-2 mal wöchentlich, vor Hawaii auch dreimal; Radfahren: zweimal Ergometer (jeweils 1 Stunde) und am Wochenende zweimal 3-4 Stunden auf der Straße; Laufen zwischen 30 und 70 Kilometer; regelmäßiges Stabitraining daheim, im Winter gehe ich auch ab und an ins Fitnessstudio.

Wie baut Ihr das Training in euren Arbeitsalltag ein? Zu welchen Uhrzeiten trainiert Ihr?
Glücklicherweise haben wir recht flexible Arbeitszeiten, sodass wir unter der Woche auch oft morgens trainieren können, sobald unsere Tochter Annalina auf dem Weg in die Schule ist. Ein Lauf in der Mittagspause ist auch eine willkommene Abwechslung, ansonsten halt Abends nach der Arbeit. Gerade vor den wichtigen Wettkämpfen ist alles getaktet und aufeinander abgestimmt.

Annette: Ich passe mein Training immer an die Zeiten unserer Tochter an. Annalina ist selbst in einer Kindergruppe und schwimmt zweimal die Woche, also nutze ich diese Zeit ebenfalls für mein Schwimmtraining, ansonsten würde ich meine ungeliebte Disziplin sicherlich noch mehr vernachlässigen.

Dirk: Montags schwimmen am Abend, Dienstags morgens Ergometer und Laufen, abends Schwimmen, Mittwochs Laufen am Mittag oder Abend, Donnerstags Schwimmen und Ergometer am Abend, Freitags Laufen am Nachmittag und Schwimmen am Abend, bevor dann am Wochenende die langen Radeinheiten auf der Straße anstehen.

Wie organisiert Ihr Euren „Alltag“ insbesondere in den Hochtrainingsphasen?
Einen richtigen Abstimmungsplan haben wir nicht. Da wir uns aber einander so gut kennen, reicht es, dass wir uns mit einem Zeitvorlauf von ein bis zwei Tagen absprechen. Das hat bislang immer geklappt, und keiner von uns Dreien ist zu kurz gekommen. Dabei haben wir so unsere Tricks entwickelt, wie zum Beispiel der Besuch beim Opa. Dirk fährt mit dem Rad hin, Annette zurück. Oder wenn es zum Shoppen nach Maastricht geht, einer springt unterwegs raus, der andere fährt zurück, es geht alles.

Fahrt Ihr ins Trainingslager?
Da wir auf die Schulferien angewiesen sind, fahren wir schon seit vier Jahren mit Hannes über Ostern nach Mallorca, die Kinderbetreuung und die Rahmenbedingungen für Familien gefallen uns dort einfach am besten. Aber auch im Trainingslager achten wir darauf, dass wir zeitig mit dem Training fertig sind, Ruhetage einbauen, sodass die gemeinsame Zeit mit der Familie nicht zu kurz kommt.

Wie sehen die Kollegen Euren Sport, und Eure besten Freunde (sind die auch Triathleten oder haben die mit Sport nichts am Hut)?
Die Kollegen und Freunde kennen das bei Dirk ja seit vielen Jahren, es gehört bei ihm einfach zur Persönlichkeit dazu. Annettes Chef findet die Aktivität Gott sei Dank super, so gibt es maximalen Support. Er weiß aber auch, dass sie ihre Arbeit zur Not auch am Wochenende macht.

Welche Rolle spielen – auch im Hinblick auf die zehnjährige Tochter – eure Eltern?
Annettes Eltern wohnen im Schwabenland, rund 380 Kilometer entfernt. Insofern können sie im Alltag nicht einspringen. Wochenendbesuche verbinden wir mit intensiven Trainingstagen, alle sind gut versorgt und glücklich. Als unsere größten Fans, die auch bei jedem Rennen – mit Ausnahme von Hawaii – dabei sind, übernehmen sie in diesem Jahr auch die Betreuung von Lini, da die Schulferien erst am Rennwochenende beginnen. Dirk macht ab und zu sogar eine Oma-Tour und fährt an zwei Tagen auf die Alb oder von dort zurück. Der Versuch, es an einem Tag zu schaffen endete nach 365 Kilometer in Montabaur, weil es zu dunkel wurde. Gleiches gilt auch bei Dirks Vater, auch hier verbinden wir die Besuche mit kleineren Touren, indem einer mit dem Rad hin-, der andere zurück fährt. Den Alltag organisieren wir alleine beziehungsweise mit Unterstützung von Freunden und Nachbarn.

Niederau_2Wie steht Eure Tochter Eurem triathletischen Treiben gegenüber? Kommt da auch manchmal ein „nicht schon wieder Wettkampf“ oder „Training“ über die Lippen?
Annalina ist daran gewöhnt, sie macht mittlerweile auch selber ein wenig bei den Trikids mit. Das Laufen macht Ihr dabei am meisten Spaß. Lini geht auch Reiten, neuerdings auch zum „Parcouring“und sehr gerne Klettern in der Halle oder Kletterwald. Sie kann das machen, was sie möchte, und das wird sich sicher noch in viele Richtungen entwickeln. Der Sport gehört bei uns zum Lifestyle der Familie immer irgendwie dazu. Allerdings sind die Ironman-Wettkämpfe nicht ihre Veranstaltungen, das ist ihr zu anstrengend. In Nizza hatten wir eine Freundin dabei, die ganz toll mit ihr die Zeit gestaltet hat, und so war es für alle ein tolles Erlebnis als Familie die Hawaii-Quali einzufahren. Umso schlimmer war es für uns, dass dort, wo wir wenige Wochen zuvor tolle Familienbilder gemacht haben, ein Fanatiker viele Menschen in den Tod gerissen hat und viel Leid hinterlassen hat. Abscheulich!!

Folgt einem intensiven Triathlonjahr ein Ruhejahr, damit im privaten Umfeld alles wieder in Fluss kommt?
Mal so, mal so! Von 2008 bis 2011 und 2014 bis 2016 haben wir den Triathlonsport schon sehr intensiv erlebt, in den Jahren dazwischen wieder auf Sparflamme. Definitiv werden wir auch 2017 kürzer treten, zumal Annalina aufs Gymnasium gekommen ist und wir mehr Zeit mit ihr verbringen möchten.

Wodurch findet Ihr am besten Abstand von dem zeitintensiven Sport?
Zu Hause! Dort ist es am gemütlichsten und wir können uns gut erholen und machen dann auch gerne andere Dinge wie shoppen, kochen, wandern im Siebengebirge oder grillen mit Freunden. Langweilig wird es uns auch ohne Sport nie.

Vielen Dank Annette und Dirk für den Einblick in eure ganz persönliche Work-Sport-Life-Balance.

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