Wer wird in Mooloolaba die neue Ironman 70.3-Weltmeisterin? Daniela Ryf, Melissa Hauschildt, Heather Wurtele, oder doch eine deutsche Athletin? Ein Blick in die Rennstatistik zeigt, dass die 70.3-WM noch keine Domäne der deutschen Frauen ist.
Im Gegensatz zu den USA, wo der Anteil der Frauen bei Ironmanrennen bei über 40 Prozent liegt, sind in Deutschland gerade einmal winzige 14 Prozent der Starter Frauen. Bei der 70.3-WM in Mooloolaba sind es immerhin schon stolze 34 Prozent.
Im Damenrennen gibt es im gegensatz zu 2015 fast keine prominenten Verletzungsausfälle beziehungsweise Absagen. Daniela Ryf ist der mit Abstand am häufigsten genannte Name auf den Sieg, schließlich dominierte sie die Mittel- und Langdistanz in den beiden letzten Jahren nach Belieben. Am Sonntag wird sich auch zeigen, wie sie ihren Doppelstart in Roth und Zürich verkraftet hat. Auf jeden Fall stehen genügend Frauen bereit, die ihr einen harten Kampf liefern wollen und können.
Die in Mooloolaba lebende Schweizerin Caroline Steffen verzichtete in diesem Jahr eigens für die 70.3-WM auf Wettkämpfe über die volle Ironmandistanz, um mit noch mehr Speed als gewohnt das Rennen bestreiten zu können. Mit den beiden Siegen in Frankfurt und vor allem in Wiesbaden zeigte Melissa Hausschildt, dass mit ihr wieder zu rechnen ist. Obwohl ihr die Strecke an der Sunshine Coast nicht ganz so auf den Leib geschneidert zu sein scheint, gehört sie zu den ganz großen Titelfavoritinnen. Sie ist die überragende Läuferin im Feld. Dies hat sie vor einigen Jahren bei der WM in Las Vegas gezeigt, als sie lange am führenden Mann Sebastian Kienle, der sie überrundete, dran blieb und letztendlich gewann. Mit angezogener Handbremse lief sie im Rahmen des Sunshine Coast Marathon die 10.000 Meter noch unter 35 Minuten. Dies macht sie zur Titelaspirantin, auch wenn sie nach dem Radfahren einen Rückstand von bis zu fünf Minuten haben sollte. Die Vizeweltmeisterin aus dem Vorjahr, Heather Wurtele, ist seit Jahren eine konstante Größe auf der Mitteldistanz, die alle drei Disziplinen beherrscht. Magali Tisseyre gewann im Frühjahr das Rennen in Brasilien und schlug die radstarke Anja Beranek in deren Paradedisziplin. Sie wird hier in den Kampf um die Podiumsplätze sicherlich eingreifen. Die junge Britin Holly Lawrence gewann 2016 bereits zwei 70.3-Rennen in den USA und wurde in St. George zweite. Ihr Sieg beim Escape from Alcatraz Triathlon komplettiert ihre diesjährige Erfolgsstory. Wenige Rennauftritte vor dem Saisonhöhepunkt können auf eine erneute Formverbesserung schließen lassen. Diese Liste ließe sich mit Namen wie Leanda Cave, Annabel Luxford und vielen anderen mehr lange fortsetzen.
Und die Deutschen?
Aus deutscher Sicht sind gleich mehrere Athletinnen mit der Chance auf eine Top-10-Platzierung mit von der Partie. Natascha Schmitt zeigte beim Ironman Frankfurt, dass in diesem Jahr auch auf dem Rad mit ihr zu rechnen ist. Vielleicht ist es ihr in der Zwischenzeit gelungen, auch ihre frühere Laufform zu erreichen. Sie selbst möchte das Ergebnis aus dem Vorjahr in Zell am See verbessern. Astrid Stienen startete viel, ohne dabei jedoch die Topränge zu erreichen. Wenn es ihr nach dem DNF in Frankfurt gelungen sein sollte, an ihrer Racepace zu arbeiten, dann ist auch sie eine Kandidatin für ein Top-10-Resultat. Dies gelang der Waiblingerin Ricarda Lisk bereits im vergangen Jahr bei der „Heim-WM“ in Zell am See“. Ihr Rennen wird jedoch stark davon anhängen, wie sie das ungeliebte lange und flache Radfahren übersteht. Laura Philipp tritt in diesem Jahr mit den größten Erfolgen der deutschen Frauen an, hat allerdings die geringste internationale Rennerfahrung. Sie selbst möchte erstmals WM-Luft schnuppern, um in den kommenden Jahren den Anschluss zur Weltspitze auf der Mitteldistanz endgültig zu vollziehen. Mit Anja Beranek verzichtet die bestplatzierte Deutsche aus dem Vorjahr (Platz 3) auf ihren Start. Sie zieht es vor – ebenso wie bei den Herren Jan Frodeno – den Reisestress in Grenzen zu halten, um im Oktober mit möglichst optimaler Form bei der Weltmeisterschaft auf Hawaii am Start zu stehen.
Die haushohen Favoritinnen auf den Sieg stammen wohl noch nicht aus Deutschland, aber mit mehreren Athletinnen, die die ersten zehn Plätze erreichen können, ist Potenzial für die kommenden Jahre vorhanden.
Text/Foto: Philipp Seipp