Ich möchte in Frankfurt mit einer Zeit unter 8 Stunden gewinnen!

Andi Böcherer (GER)

ST POLTEN, AUSTRIA - MAY 17: Nils Frommhold of Germany (L) and Jan van Berkel of Switzerland (R) and winner Andreas Bocherer of Germany (C) pose for a photo during the Ironman 70.3: St. Polten on May 17, 2015 in St Polten, Austria. (Photo by Charlie Crowhurst/Getty Images for Ironman) *** Local Caption *** Nils Frommhold; Andreas Bocherer; Jan van BerkelMit vielen Top-Platzierungen war die Saison 2015 für Andi Böcherer ein sehr erfolgreiches Jahr. 2016 soll noch besser werden. Wir haben uns mit dem Freiburger Profitriathleten unterhalten.

 

Andi, du hast im Winter sehr viel alleine und auch triathlonunspezifisch, beispielsweise auf den Langlaufskiern trainiert. Wie groß war die Freude, endlich im März auf der Sonneninsel Fuerteventura trainieren zu dürfen und wie fit bist du derzeit?
Ja stimmt, ich war im Winter zwei Mal mit der Familie im Schweizer Oberwallis zum Skilanglaufen und des öfteren im Schwarzwald unterwegs. So sehr habe ich die warmen Temperaturen gar nicht vermisst. Außerdem bringen mir sowohl das klassische Langlaufen als auch das Skaten viel für die allgemeine Fitness und helfen mir beim Aufbau meiner Laufform. Die Gefahr zu früh zu fit zu werden, ist durch dieses Training gering, und dennoch weiß ich, dass ich mit diesen Grundlagen, schnell meine Wettkampfform aufbauen kann. Auf Fuerteventura habe ich den Schwerpunkt aufs Radfahren gelegt. Die Königsetappe über 250 Kilometer fuhr ich zusammen mit Thomas Hellriegel. Vom Gefühl her war das schon ordentlich, aber Thomas habe ich nicht kaputt gekriegt ;-).

Du machst grundsätzlich viel alleine. Fehlt dir nicht manchmal das Training mit einer starken Trainingsgruppe?
Auf langen Einheiten wäre es manchmal sicher schön, einen eingespielten Kollegen dabei zu haben. Aber bei mir ist die Mischung so: Zuhause ist mit der Familie immer etwas los und beim Training freue ich mich über die Ruhe. Durch die Gegensätze kann ich beides noch mehr geniessen. Ich bin außerdem kein Typ, der sich in der Gruppe besser quälen kann. Ich muss viel mehr aufpassen, dass ich mich nicht zu oft im Training „beerdige“. Die 1.000-Meter-Serie 3-5 Sekunden langsamer zu laufen, ist meist effektiver, da man sich bei gleichem Reiz besser erholt. Das ist die große Kunst und braucht viel Geduld. Meist bekomme ich das mittlerweile gut hin, manchmal muss ich aber auch einfach mal ballern.

Viele der deutschen Top-Athleten wie Sebastian Kienle, Jan Frodeno (Bahrain Endurance Team) oder Nils Frommhold (Team Erdinger Alkoholfrei) gehören zu einem Profiteam. Wäre ein Teamanschluss für dich nicht auch interessant?
Das eine oder andere Team wäre in der Vergangenheit schon interessant gewesen, aber es hat sich bisher nicht ergeben. Mittlerweile bin ich, was das Sponsoring angeht, besser aufgestellt, als ich mir das jemals erträumt hätte. Und ich geniesse es, mein eigener Chef zu sein.

Kona-2015_Radfahren-Herren_03Deine Saison 2015 lief nach deiner langen Verletzungspause ziemlich perfekt. Außer auf Hawaii, da hattest du einen gebrauchten Tag. Wie sehr hat dich das im Nachhinein noch beschäftigt?
Mein ganzer Körper war von der Saison mit den vielen Rennen einfach müde. Nach dem intensiven Frühjahr und dem Ironman Frankfurt hat mir im vergangenen Jahr ein solider Grundlagenblock in der Hawaiivorbreitung gefehlt. Das Rennen von Hawaii selbst ist mir noch oft präsent und gibt mir viel Motivation. Ich schaue nach vorne und werde dieses Jahr einiges anders machen, beispielsweise absolviere ich zwei Mitteldistanzen weniger und nach dem Ironman Frankfurt ist noch einmal ein ordentlicher Grundlagenblock geplant.

Dein erstes großes Highlight in dieser Saison ist der Ironman in Frankfurt.
2015 warst du Dritter. Was hast du dir für 2016 vorgenommen?

Ich werde antreten, um zu gewinnen, und ich möchte bei entsprechenden Bedingungen unter der 8-Stunden-Marke bleiben. Letztes Jahr war ich drei Minuten über dieser magischen Grenze. Ich denke, diese sollte am 3. Juli zu knacken sein, und über den Rest beziehungsweise die Platzierung entscheidet die Tagesform.

Hast du im Training noch etwas verändert?
Ich konnte dieses Jahr meine Tempoläufe auf der Bahn noch einmal intensivieren und 400er-Blöcke durchziehen. Zudem trainiere ich am Morgen meist die erste Einheit nüchtern. Mir war wichtig, eine Stellschraube nach der anderen zu drehen und meinen Körper nicht mit zu vielen neuen Dingen zu überrollen. Ich glaube, das funktioniert ganz gut.

Deine Saisonplanung hast du schon bekannt gegeben. Man wird dich zum ersten Mal bei der Challenge auf Fuerteventura sehen. Dann folgen der Ironman 70.3 in St. Pölten und der Challenge in Heilbronn. Neu ist, dass du für einen deiner neuen Hauptsponsoren – Rowe Mineral Oil – auch in der 1. Bundesliga starten wirst. Was reizt dich daran, dich mit den jungen Wilden auf der kurzen Strecken zu messen?
Ich starte schon immer gerne auf der Sprintstrecke. Auch dieses Jahr werde ich wieder mit dem Supersprint-Rennen im Schweizer Wallisellen beginnen. Bisher habe ich mich dort immer gut geschlagen und mir macht es definitiv Spaß, schnelle Wettkampfreize zu setzen. Mein Bundesliga-Comeback wird sich wahrscheinlich auf das Rennen im Kraichgau beschränken. Ich hoffe, dass möglichst viele aus dem deutschen Nationalkader starten, denn ich möchte versuchen, möglichst viele von ihnen zu schlagen.

Danke, Andi für das Interview, schönen Geburtstag und eine erfolgreiche Saison.

Interview: Meike Maurer
Foto: Charlie Crowhurst/Getty Images for Ironman und Klaus Arendt