
Der Start in die Saison 2015 verlief für Steffen Justus im November 2014 nicht mit einem Trainingslager auf den Kanaren, sondern mit einer Operation an der Schulter.
Steffen, mit 1.102 Punkten liegst Du auf Platz 26 im aktuellen WTS-Ranking. Mit welchen Gefühlen und Wünschen bist Du nach Chicago gereist?
Die Gesamtwertung stand bei mir in diesem Jahr nicht so sehr im Mittelpunkt. Mein Hauptfokus war in diesem Jahr auf das Olympia-Qualifikationsrennen in Rio gelegt, und nachdem dort nicht alles so nach meinen Wünschen verlief, möchte ich in Chicago noch einen versöhnlichen Saisonabschluss haben. Deshalb geht es am Wochenende nur darum, so viele Punkte wie möglich zu sammeln. Im Ziel werde ich dann schauen, um wie viele Plätze ich mich noch verbessern konnte.
Die Saison 2015 war zunächst geprägt von Deiner Schulterverletzung, die Du Dir vor einem Jahr zugezogen hattest. Wie stark beeinflusst Dich die Verletzung noch, insbesondere beim Schwimmen?
Die Verletzung ist eigentlich schon seit den ersten Rennen dieses Jahr überstanden. Auch beim Schwimmen habe ich diesbezüglich seit langer Zeit keine Einschränkungen mehr.
Nach Deinem sehr erfolgreichen Comeback in Kapstadt fehlte in den weiteren Rennen die Konstanz. Machen sich bei Dir die verletzungsbedingt fehlenden Trainingskilometer bemerkbar?
Nach der Schulter-OP im Winter war Kapstadt für die meisten ein sehr überraschender Einstand. Für mich ging es in der ganzen Vorbereitung darum, so schnell wie möglich wieder zurück zu kommen und zu zeigen, dass ich mich auch von so einer verletzung nicht so schnell klein kriegen lasse. Ich denke, im Frühjahr hatte ich darauf einen sehr großen Fokus gesetzt und über viele Monate für das Comeback sehr, sehr viel investiert. Leider habe ich da wohl schon ein so großes Ziel für mich erreicht, dass mir die Monate danach insgeheim die letzte Konsequenz und Energie gefehlt hat, um noch weiter nach vorne zu kommen.
Im Gegensatz zu den vergangenen Jahren spielen die deutschen Männer aktuell keine so dominante Rolle in der WTS. Eine Top-10-Platzierung ist schon ein großer Erfolg. Worin liegt aus Deiner Sicht die Ursache?
Da gibt es bestimmt einige Ursachen, die jedoch der Trainerstab bestimmt besser beurteilen vermag. Aber viele Verletzungen in den letzten drei Jahren sowie der Rücktritt der meisten Leistungsträger nach 2012 hinterlassen natürlich eine große Lücke, die es nun zu schließen gilt.
Wie schätzt Du Deine realistischen Chancen am Samstag ein? Gehst Du mit einer besonderen Taktik in das Rennen?
Bei mir hat sich nach denm verkorksten Rennen in Rio in den letzten Wochen noch einiges getan. So konnte ich in Stockholm wieder einen stabilen Wettkampf – vor allem mit einer guten Schwimm- und Laufleistung – zeigen. Und auch beim Ligarennen in Frankreich vor einer Woche war ich auf der Laufstrecke so schnell wie seit drei Jahren nicht mehr unterwegs. Ich bin also langsam wieder auf dem Weg zu meiner „alten“ Form von vor 2012 und denke, dass ich mit positivem Blick in das Rennen gehen kann. Je nachdem, wie ich aus dem Wasser komme, entscheidet sich dann meine Renntaktik. Dennoch liegt es an den Jungs, die noch um den WM-Titel kämpfen, das Renngeschehen aktiv zu gestalten. Insbesondere Mola und Murray werden bestimmt alles daran setzen, eine Laufentscheidung herbeizuführen.
Und wer sind die großen Favoriten auf den Sieg im Rennen der Herren?
Wohl die alten Bekannten: Gomez, Luis, Mola, Murray und Johnny Brownlee, wenn er wieder voll genesen ist. Es geht ja immerhin um den WM-Titel, und die Top 5 lagen selten so eng beieinander wie in diesem Jahr!
Steffen, wir wünschen Dir ein stabiles Rennen in alter Form!
Interview: Klaus Arendt
Foto: Jo Kleindl | Deutsche Triathlon Union e. V.